Krise, Krieg und Trump: EUropa steht mit dem Rücken zur Wand
Die Europawahl hat keinen Wandel in EUropa gebracht, obwohl sich die Welt gerade radikal verändert. Die neue Kommission macht weiter, als wenn nichts geschehen wäre – dabei steht die EU mit dem Rücken zur Wand. Und das nicht nur wegen Trump.
Strafzölle auf Waren aus Europa, höhere Nato-Beiträge, ein Abzug aus der Ukraine: Der künftige US-Präsident Trump macht schon vor seinem Amtsantritt am 20. Januar mächtig Dampf. Doch die EU hat keine Antwort, wie das letzte Gipfeltreffen “vor Trump” gezeigt hat.
“EUropa kann es nicht”, schrieben wir danach in diesem Blog. Dabei steht nicht nur das Schicksal der Ukraine und der Frieden in Europa auf dem Spiel. Die neue EU-Kommission muß auch eine Antwort auf die Wirtschaftskrise, die Klimakrise, die Migrationskrise und die Demokratie-Krise finden.
Dafür ist sie denkbar schlecht aufgestellt. Denn im Gegensatz zu den USA fehlt ihr die demokratische Legitimität. Während die Amerikaner einen neuen Präsidenten wählen konnten, war Kommissionschefin von der Leyen bei der Europawahl von vornherein “gesetzt”.
In Bidens Welt gefangen
Während Trump die USA und die Welt radikal umkrempeln will, setzen von der Leyen und ihr Team auf ein “Weiter so”. Geistig und politisch sind sie immer noch in der angeblich heilen Welt von Biden und der längst gescheiterten “regelbasierten Ordnung” gefangen.
Das Programm der neuen Legislatur, die bis 2029 dauert, wurde bereits im Herbst 2023 entworfen, als die Staats- und Regierungschefs begannen, eine “Strategische Agenda” für die nächsten Jahre zu schreiben. Das Budget stammt von 2021; es reicht hinten und vorne nicht.
Um ihre Wiederwahl zu sichern, hat von der Leyen allen “pro-europäischen” Parteien versprochen, was sie hören wollten. Gegenfinanziert sind ihre grandiosen Versprechen nicht; allein für das neue Aufgabenfeld der “Verteidigung” (=Aufrüstung) fehlen 500 Mrd. Euro.
“Langsames Siechtum”
Gleichzeitig droht die EU wirtschaftlich den Anschluß zu verlieren. Der frühere Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, warnt vor einem “langsamen Siechtum” und fordert, einen neuen “Marschallplan” mit Investitionen in Höhe von 800 Mrd. Euro aufzulegen – im Jahr!
Vor diesem Hintergrund scheint es mehr als fraglich, dass die EU-Kommission den kommenden Herausforderungen gerecht wird. Sie ist die “Kommission der letzten Chance” – wenn sie scheitert, wird Europa hoffnungslos zurückfallen und die EU womöglich zerbrechen.
Mehr dazu im neuen E-Book “Die Kommission der letzten Chance”. Zu Bestellung geht’s hier (PDF mit 55 Seiten, 3,99 Euro).
Arthur Dent
25. Dezember 2024 @ 09:38
@all
Frohe Feiertage
ebo
25. Dezember 2024 @ 09:43
Danke gleichfalls 🙂
Michael
24. Dezember 2024 @ 19:42
“… mit den Rücken zur Wand … “ soll heißen die EU steht vor dem peloton d’exécution!? Hoffentlich trifft das Exekutionskommando!?
Arthur Dent
24. Dezember 2024 @ 17:33
Deutschland & EU sollten sich so schnell wie möglich von einer habituell friedensunfähigen, transatlantischen Imperialmacht emanzipieren, nicht ihr nacheifern.
Der Draghi-Plan ähnelt mehr einem auf dauerhaften Subventionen basierenden Staatskapitalismus. Politiker verteilen um – sie nehmen den arbeitenden Bürgern und geben es den (Rüstungs)-Konzernen.
ebo
24. Dezember 2024 @ 15:30
Trotz der unerfreulichen Aussichten für EUropa: Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern von “Lost in EUrope” ein frohes – und vor allem friedliches – Fest!
Möge 2025 alles (oder wenigstens vieles) besser werden…
Beste Grüße aus Brüssel
ebo
KK
25. Dezember 2024 @ 14:40
Danke gleichfalls.
Hinsichtlich 2025 bin ich aber leider so gar nicht optimistisch… das Licht am Ende des Tunnels könnte nämlich ein Zug sein.
european
24. Dezember 2024 @ 10:54
Politico wirft aktuell einen sehr duesteren Blick auf Europa.
https://www.politico.eu/article/europe-economic-apocalypse/
Biden war nie gut fuer die EU. Hinter dem Image des leicht tueddeligen Tattergreises, den man mit dem Flair eines Maerchenonkels umgab, steckte genau die gleiche MAGA-Strategie wie bei Trump. Die USA haben kein Interesse an einem starken Europa und dafuer war die EUCO-Praesidentin als Erfuellungsgehilfin gut gewaehlt. Es sei daran erinnert, dass sie im November 21 vom Atlantic Council mit dem “Distinguished Leadership Award” ausgezeichnet wurde. Im gleichen event wurden Albert Bourla von Pfizer und die beiden Leiter von Biontech mit dem “Distinguished Business Award” ausgezeichnet. Der Skandal um die grosszuegige Beschaffung des Medikaments ist bis heute anhaengig. Bisher wurden allein in Deutschland ca 200 Mio Dosen im Wert von ca 4 Mrd vernichtet. Gekauft wurde in Deutschland fuer 13 Mrd. Es wurde auch nicht infrage gestellt, dass die EUCO-Praesidentin per sms fuer jeden EU Buerger 10 Dosen bestellt hat. Wieso 10 bei einem – vorgeblichen – Impfstoff?
Man beachte ihre lobenden Dankesworte an Bourla, der “ein hohes Risiko” eingegangen ist, um diesen Stoff zu produzieren, der laut EMA-eigenen Regeln kein Impfstoff ist, weil er keine Antigene enthaelt. Sie hielt die Laudatio.
https://www.atlanticcouncil.org/blogs/new-atlanticist/full-transcript-2021-distinguished-leadership-awards-honor-bold-visionaries-in-challenging-times/
Nach diesem Award war es ein Leichtes, Ursula von der Leyen vor den Kriegskarren gegen Russland zu spannen. Zum grossen Schaden fuer Europa. Man kann mit Fug und Recht sagen, dass sie aktiv mitgeholfen hat, dass die Europaeer ueber den Tisch gezogen wurden und die finanzielle Hauptlast fuer dieses Desaster werden tragen muessen. Das menschliche Leid fuer diesen voellig unnoetigen und vermeidbaren (Erich Vad) Krieg, tragen die Ukrainer und ganz besonders die Soldaten auf beiden Seiten der Front, die ihr Leben fuer geopolitische Zwecke opfern mussten. Das Schicksal der Ukraine war in dem Moment besiegelt, als Brzezinski The Grand Chessboard schrieb und damit vermittelte, dass man nur die Ukraine einflussmaessig aus Europa herausschaelen muss, um die Weltherrschaft zu erlangen.
Nach wie vor bin ich der Ansicht, dass ein freies und souveraenes Europa nur ohne die USA moeglich sein wird. Aber dafuer fehlen uns die qualifizierten Fuehrungskraefte.
ebo
24. Dezember 2024 @ 11:35
Politico schreibt heute dies und morgen das, gern auch das Gegenteil. Spätestens seit sie Meloni zur “mächtigsten Person” der EU ernannt haben, kann ich das alles nicht mehr ernst nehmen. Außerdem haben sie natürlich einen Pro-Israel- und Anti-SPD-Bias, das Portal gehört ja Springer…
european
24. Dezember 2024 @ 11:41
Das stimmt absolut und trifft leider auch auf viele der etablierten Medien zu, jedoch deckt sich vieles mit dem, was z.B. auch Flassbeck schreibt und auch hier immer wieder aufkommt. Z.B. die Frage nach den Investitionen.
Man darf gespannt sein, was es mit dem gerade aufkochenden Finanzierungs- und Einflusssystem in der deutschen Medienlandschaft auf sich hat.
https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/us-regierung-bezahlt-journalisten-was-wusste-der-spiegel-li.2283173
Es gibt wohl einen Film dazu, den der NDR nicht senden wollte. Steht zumindest im Text.
umbhaki
24. Dezember 2024 @ 12:24
@european:
„Steht zumindest im Text“ sieht so aus, als hätten Sie das Video auf der Berliner Seite nicht entdeckt. Das ist aber auf der Seite eingebettet, man muss gegebenenfalls das Abspielen erst freigeben – je nach Sicherheitseinstellungen des Browser.
Alternativ sei hier ein Direktlink auf das Video bei Rumble genannt:
https://rumble.com/v604rrq-berliner-zeitung-occrp.html
european
24. Dezember 2024 @ 12:57
@umbhaki
Ich gebe zu, dass ich den Text nicht sehr gruendlich gelesen habe. Ich hatte von diesen Aktivitaeten in den letzten Tagen gehoert, mich aber nicht so sehr damit befasst.
Aber vielen Dank fuer den Link. 🙂
Karl
25. Dezember 2024 @ 09:32
@european: Worüber der Springerkonzern (“Politico”) nicht schreibt: Biden ist ein Kind (seit seinem 10. Lebensjahr) und Politfunktionär (37 Jahre lang) der Steueroase Delaware. Somit ein Mann Blackrocks und des MIK. Trump, selber ein Immohai-Oligarch, umgibt sich mit weiteren rechtsradikalen Oligarchen. Für diese ist Biden wie ein leitender Angestellter einer ihrer Vermögensverwaltungen.
Helmut Höft
24. Dezember 2024 @ 09:27
Einen Tusch auf die “Regelbasierte Ordnung”:
„Regelbasierte Ordnung“ (RBO, englisch rules-based order), auch ausgeschrieben „regelbasierte internationale Ordnung“ (RBIO, englisch rules-based international order) oder „regelbasierte Weltordnung“, steht seit 2008 vor allem in Staaten der westlichen Welt als Soft Law und politischer Begriff für Konzepte teils entgegengesetzter Auffassungen und ohne klare Definition.“ Achtung: Die Wikipedia weist ausdrücklich auf das im Wertewesten® so gerne hochgehaltene Soft Law hin: „Soft Law ist eine Bezeichnung für nicht verbindliche Übereinkünfte, Absichtserklärungen oder Leitlinien. Im Gegensatz zum Hard Law, zu dessen Vollzug sich die Beteiligten verbindlich verpflichten, stellt das Soft Law eine weniger strenge Selbstbindung dar, …“ So! Damit wäre das nun auch geklärt! von hier, Fußnote 3: https://www.hhoeft.de/mythos/index.php/2024/11/29/was-kommt-nach-k-und-p-ueber-das-regieren/ dort sind auch die Quellen enthalten.
Michael
24. Dezember 2024 @ 09:19
„ Kommission der letzten Chance“? Die Zusammensetzung dieser Kommission sagt mir dass diese „letzte Chance“ quasi a priori schon verspielt wurde!
Guido B.
24. Dezember 2024 @ 08:12
Kommission der letzten Chance? Mit ihrer transatlantischen Devotheit, selbstschädigenden Erweiterungsmanie und antirussischen Fixierung hat die EU alle Chancen auf eine gedeihliche Zukunft verspielt. Ein Feindbild kann noch so stark sein, die zentrifugalen Kräfte werden immer stärker. Die EU hat sich freiwillig der Selbstdestruktion verschrieben. Eigentlich könnte Russland seine Truppen abziehen und abwarten. Die EU wird dann ukrainisiert und verfault von innen.