Deutschland und Ukraine wollen führen – in wessen Namen?

Nach dem EU-Gipfel haben sich Kanzler Scholz und Präsident Selenskyj gegenseitig beglückwunscht. Gemeinsam wollen sie künftig die EU führen – in wessen Namen?

Es begann auf Twitter. “I thank Chancellor Scholz for his personal efforts and Germany for its leadership. Germany’s support for Ukraine is growing by the day. We see it and will always remember it“, schrieb Selenskyj.

“Germany stands firmly by Ukraine’s side – as long as it takes”, antwortete Scholz. Dazu gab es dann auch noch gegenseitige Treueschwüre auf “Politico”.

Die Beiträge machen klar, dass sich Scholz und Selenskyj gemeinsam in einer Führungsrolle sehen. Die Ukraine glaubt, sie schütze ganz Europa vor dem russischen Imperialismus (was nicht stimmt, das macht die Nato).

Deutschland meint, es könne die Finanzierung der Ukraine sichern – wie die Ankündigungen des Kanzlers im Bundestag zeigen. Wenn ein Partner ausfalle, werde man einspringen – sogar mit einer Notlage für den Bundeshaushalt.

Beim EU-Gipfel war es Scholz, der Ungarns Orban vor die Tür schickte, damit es grünes Licht für Beitrittsverhandlungen geben konnte. Die deutsche Führung ist mit allen Wassern gewaschen – Kaffeepause und Haushaltstricks inklusive.

Doch in wessen Namen geschieht das alles? Die Ukrainer sind des Krieges müde, sie sehnen sich nach Frieden – wie der Rest EUropas. Und die Deutschen stehen einem EU-Beitritt skeptisch gegenüber. Eine Mehrheit dafür gibt es nicht.

Schon klar, wer führen will, muß vorangehen – auch gegen Widerstand. Doch was ist das Ziel, wie sieht die Strategie aus? Wo bleibt der Friedensplan? Und wer soll das bezahlen? Beim EU-Gipfel gab es keine Einigung, die Ukraine ist blank…

Siehe auch “Mit teuren Tricks in eine andere EU

P.S. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat die Bundesregierung aufgefordert, in der Ukraine-Diplomatie auch in Zukunft eine Führungsrolle zu übernehmen. Kuleba lobte Bundeskanzler Olaf Scholz in einem Interview dafür, beim EU-Gipfel ein ungarisches Veto gegen die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit Kiew verhindert zu haben. Dies werde “als ein Akt deutscher Führung im Interesse Europas in die Geschichte eingehen”...