Der Preis ist heiß
Die EU will auf die drohende Annektierung der Krim mit abgestuften Sanktionen reagieren. Sollte Russland nicht einlenken, könnte es schon in zehn Tagen zu harten Gegenmaßnahmen kommen. Doch das wird teuer – kann sich die EU überhaupt einen Handelskrieg leisten?
Wer kauft die Ukraine, fragte ich vor einer Woche. Jetzt haben wir die Antwort: Die EU steigt ein. Beim Sonder-EU-Gipfel wurden Finanzspritzen beschlossen, bald kommt das Assoziierungsabkommen.
Die versprochenen 11 Mrd. Euro sind rund zehnmal so viel, wie die EU noch im November geben wollte. Eine Stabilisierung des korrupten Pleite-Landes kann locker noch zehnmal so viel kosten.
Ein exorbitanter Preis für die Einbindung in den “freien Westen”. Das Geld geht an eine nicht gewählte Regierung, an der Rechtsnationalisten beteiligt sind, und deren Chef schon mal mit Krieg droht.
Die Ukrainer werden für diese “Hilfe” mit steigenden Gaspreisen und Sozialkürzungen zahlen müssen – es dürfte eine Mischung aus Griechenland und Bulgarien werden. Neue Unruhen sind programmiert.
Aber auch die EU-Bürger werden einen Preis zahlen müssen, wenn die nun eingeleiteten Sanktionen greifen. Ein Handelskrieg mit Russland würde vor allem die deutsche Exportwirtschaft treffen.
Wenn die Börsen nervös werden und der Euro aufwertet, könnte dies sogar die fragile Erholung in Euroland gefährden. EZB-Chef Draghi hat schon vor “potenziell schweren Konsequenzen” gewarnt.
Folgt man ifo-Chef Sinn, dann kann sich Deutschland eine Eskalation gar nicht leisten (wegen der Abhängigkeit von russischem Gas). Doch hier geht es nicht um Makroökonomie, hier geht es um Geopolitik.
Wenn es hart auf hart kommt, werden vielleicht sogar einige Dogmen der Wirtschaftspolitik fallen. So oder so: Den Jackpot hat die EU mit der Ukraine gewiss nicht gewonnen, der Preis ist heiß…
fufu
8. März 2014 @ 14:55
@thewisemansfear bzgl Kommentar zu Tim. Es gibt tatsaechlich noch Leute die glauben sie leben in einer freien Gesellschaft und einer Marktwirtschaft nur weil sie im Supermarkt aus 35 Sorten Yoghurt und 48 Biersorten auswaehlen koennen. Sie merken nicht einmal, dass diese Produkte von 3 verschiedenen Herstellern stammen, von den Produktionslinien ganz abgesehen.
Sie merken auch nicht, dass die Oekonomie keine Wissenschaft ist sondern eher eine Religion, die in ihrer Hauptstroemung der jeweils herrschenden Klasse zu dienen hat. In unserem westlichen System ist dies eben eine pervertierte Form des Liberalismus, den manche Neoliberalismus nennen, fuer den sogar Kriege gefuehrt werden. Diese pervertierte Form hat aber mit Marktwirtschaft nichts gemein.
thewisemansfear
7. März 2014 @ 19:00
In der Tat ist es so, dass hier “dank” der Eskalation größere, bislang im Hintergrund schwelende Konflikte sichtbar werden.
“The growing global tumult is a symptom of the global land grab—the expropriation of land and resources by competing international powers to suit the needs of a rapidly expanding global consumer culture. As China and Russia broaden the belt around Asia, the impotence of the US’s strategy of aiding fascists, Islamists, and separatists in attempts to “liberate” natural resources and infrastructure becomes apparent. This is why Russia crossed an important Rubicon in the Crimea: not only have they proved that they aren’t bluffing in Syria, but they have exposed proxy wars by engaging in open conflict, thus heightening the visibility of the interconnected and ongoing game of global domination.”
http://www.counterpunch.org/2014/03/05/ukraine-and-the-great-asian-enclosure/
Johannes
7. März 2014 @ 14:30
“Ein Handelskrieg mit Russland würde vor allem die deutsche Exportwirtschaft treffen” ja aber dann würden die Handelsüberschüsse abgebaut werden, klar zum Nachteil Deutschlands, genau das wollen doch SPD und die Grünen und die Griechen und die gesamte EU aus Brüssel von uns, ja dann sind doch alle Probleme der EU gelöst! Ansonsten, mein Gott, sollen die doch die blöde Krim an Russland geben, meine Fresse. NSA Amerika verhält sich in der Krise mehr als peinlich.
Peter Nemschak
8. März 2014 @ 08:53
Ob sie, die SPD und die Grünen das wollen, erscheint mir nicht plausibel, stünden doch tausende Arbeitsplätze in Deutschland auf dem Spiel. Jedenfalls haben Russland und die EU im Falle eines Handelskriegs mehr zu verlieren als die USA. Eine frühere Einbindung Russlands in die Konfliktlösung hätte die Chancen vergrößert, die Ukraine in ihrer bisherigen Form zu erhalten. Jetzt scheint es, dass eine Abspaltung der Krim unvermeidlich geworden ist und alle Mühe darauf verwendet werden muss, die Restukraine als Staat zu erhalten. Ein Neutralitätsstatut, garantiert von Russland, den USA und der EU, erschiene mir der geeignete Weg dazu.
Johannes
8. März 2014 @ 16:33
@Peter: Ich meinte das nicht ernst, klar wollen wir das nicht, aber wenn die EU die Überschüsse kritisiert, kann ich mir so einen hämischen Kommentar nicht verkneifen 😉
Wirtschaftswurm
7. März 2014 @ 13:00
Ich frag mich, warum man der Krim verweigert, was man Montenegro zugestanden hat. Ach ja, Geopolitik. Wirklich interessant wird aber sein, wie viel der 11 Milliarden bei den Ukrainern tatsächlich ankommen. Aufgrund der korrupten Strukturen in dem Land, wird es wohl nicht so viel sein.Aber die EU lernt nicht aus dem Griechenland-Debakel.
Hannes
7. März 2014 @ 18:30
Arne, schau doch mal beim Frank Meyer vorbei. “Bankhaus Rott” hat vor ein paar Tagen einen interessanten Blog-Eintrag zu den Fälligkeiten ukrainischer USD-bonds verfasst…
gruß
ebo
8. März 2014 @ 19:34
Die EU lernt nicht nur nicht, sie macht es jedesmal noch schlimmer. Mit ihrem unüberlegten Vorgehen gefährdet sie nun auch noch die leichte Konjunkturerholung in Euroland. Geopolitik eben..
Habnix
7. März 2014 @ 10:35
Wirtschaft ist Krieg im Frieden.Erst wird der Konkurrent und der mögliche Konkurrent(Arbeitnehmer) bekämpft und falls das Ziel erreicht und es nichts mehr zu gewinnen gibt,folgt der Satz: “Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln”
Och nööö, nicht schon wieder.
Tim
8. März 2014 @ 10:23
So etwas Dummes habe ich schon lange nicht mehr gelesen.
Wenn Firma A einen Joghurt herstellt, der dem Kunden besser schmeckt als der von Firma B, ist das “Krieg”?
Eine bizarre und gefährliche Relativierung der Schrecken des Krieges. Und das gibt auch noch positive Leserbewertungen. Sind hier einige irre?
thewisemansfear
8. März 2014 @ 10:30
Vielleicht solltest Du zur Kenntnis nehmen, dass Wettbewerb kaum noch über Innovation und optimierte Prozesse stattfindet, sondern einem ruinösen Verdrängungswettbewerb über Preise gewichen ist. Die Fachliteratur für den Manager von heute lautet: “Mergers Endgame”
http://techcrunch.com/2014/02/25/the-age-of-acquisitions/
Peter Nemschak
7. März 2014 @ 10:26
Man soll Kriege jedweder Art nicht beginnen, wenn man nicht davon überzeugt ist, sie gewinnen zu können. Im besten Fall könnte die Ukraine als Ganzes neutral werden mit starken Rechten der Regionen, im schlechtesten Fall gibt es einen Zerfall, der niemandem dient und einen Rückfall in den Kalten Krieg, unter dem die EU mehr als die USA leiden würde. Was derzeit sowohl den USA wie auch der EU fehlt: konkrete und realistische Vorstellungen, wie sich die Ukraine zwischen Russland und dem Westen positionieren könnte. Leadership ist dringendst gefragt. Bleibt zu hoffen, dass das sinnlose, weil kontraproduktive, Sanktionengeplänkel sobald wie möglich beendet wird.
Habnix
7. März 2014 @ 10:44
Man soll Kriege überhaupt nicht beginnen, weder Wirtschaftlich noch Militärisch.Einen Krieg kann man nicht gewinnen,weil sie immer beidseitig zu Verlust führen auch wenn es so scheint das nur eine Seite den Verlust hat, so ist der Verlust der einen Seite auch dann ein Verlust der anderen Seite, wenn dadurch die Vielfalt mit ihren Möglichkeiten für den Menschen allgemein verloren gegangen ist.
bratislav
7. März 2014 @ 10:25
Wer will denn die Krim annektieren ??? Die Krim hat um Schutz gegen die „banderatreuen“, rechtsradikalen Randalierer in der Ukraine gebeten, und die Russen haben ihre Hilfe zugesichert. Die EU hat echt den Ars…. offen !