Der neue Eliten-Konsens
Nach der heftig umstrittenen Juncker-Kür zeichnet sich ein neuer Konsens der europäischen Eliten ab. Großbritannien soll um jeden Preis in der EU gehalten werden, Frankreich gilt als “kranker Mann”, in der Ukraine entscheidet sich unser Schicksal. Und Deutschland? Soll führen…
Nach der Europawahl war mal vom “Weckruf” für die EU die Rede. Doch das war wohl ein Missverständnis. Die EU-Eliten machen weiter wie zuvor – wie eine prominent besetzte Debatte in Brüssel zeigt.
Auf Einladung der Bertelsmann-Stiftung durften EU-Ratspräsident Van Rompuy, “Star-Investor” Soros und der frühere französische Finanzminister Moscovici diskutieren.
Ein “lebhafter Meinungsaustausch” war angekündigt. Stattdessen: eine müde Anhäufung von Platitüden und Gemeinplätzen.
Statt Streit zeichnete sich ein mauer Konsens ab, der angesichts von Rekord-Arbeitslosigkeit, Deflations-Gefahr und neuer US-Attacken auf europäische Banken gefährlich werden könnte.
Hier die wichtigsten Punkte, in denen sich die Herren weitgehend einig waren:
- Großbritannien muss um jeden Preis in der EU gehalten werden. Die Niederlage bei der Juncker-Wahl war nicht so schlimm, “ein EU-Austritt wäre unverhältnismäßig” (Van Rompuy).
- Frankreich ist der neue kranke Mann Europas, aber es kann sich wieder erholen, wenn es Deutschland nacheifert und seine Wettbewerbsfähigkeit steigert (so sogar Moscovici).
- Deutschland muss die EU führen, aber das tut es ja auch immer mehr, weshalb die Zukunft wieder rosig aussieht – behauptet ausgerechnet Soros, der den deutschen Kurs jahrelang kritisiert hatte.
- Die Europawahl war gar nicht so schlimm, denn 75 Prozent der EU-Abgeordneten gehören EU-treuen Parteien an. Außerdem sind die nationalen Parlamente ja auch Teil der EU… (Van Rompuy)
- Der EU-Vertrag darf nicht angetastet werden, denn das könnte zu Referenden und unerwünschten Niederlagen führen. Die Anhänger eines demokratischen Europas müssen sich gedulden (Rompuy).
- Wettbewerbsfähigkeit ist die Priorität Nummer eins. Wenn sie erhöht wird, kann die EU auch Wachstum und Jobs liefern – das soll die Priorität der nächsten fünf Jahre werden (Rompuy).
- Die Regeln der “Euroretter” werden nicht geändert. Niemand hat jemals eine Änderung des Stabilitätspakts gefordert, sagt ausgerechnet Moscovivi. Man wolle nur ein wenig mehr Flexibilität…
- Das Schicksal Europas entscheidet sich nicht in den “alten” EU-Ländern (schon gar nicht bei den Bürgern), sondern in der Ukraine. Die EU muss dem aggressiven neuen Russland widerstehen (Soros).
Abweichende Meinungen? Keine. Alternativen? Offenbar nicht mehr nötig. Angesichts der “politischen Krise”, die die EU-Gegner ausgelöst haben (Soros), reihen sich nun alle in den Mainstream ein…
Siehe auch “Die Krisenmacher” und “Die Eliten zittern”
Thomas Blenkow
21. Juli 2014 @ 15:58
Der Weckruf wäre eingetreten, sofern ihn den jemand wahrnehmen wollte. Aber das wollte doch keiner in dieser Institution Jetzt läuft schon wieder business as usual und von daher kann man auch für diese Legislaturperiode nichts erwarten, was besonders gesitreich erscheint. Dieses Podium zeigt ja auch wieder es werden weiterhin dieselben Phrasen gedrescht und wirkliche Ursachen Analyse und Lösungsfindung wird nicht betrieben. Will ja auch niemand der Realität ins Auge schauen. Das dringend Refromen auf EU Ebene aber auch national notwendig sindl iegt auf der Hand, das die EU auch Vorteile bietet sollte auch nicht abgestritten werden, nur ist es halt nicht unbedingt die demokratischste Einrichtung, hat aber einen stets erweiterten Machtspielraum erhalten, was zu einem ungesunden Verhältnis in der Wahrnehmung der regierten Bevölkerung führt. Eventuell müsste halt mal eine vollständig neu aufgesetzte EU mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner anfangen. Frieden und freie Grenzen. Und dann kann etwas organisch entstehen und der Gleichmacherei am Regierungstisch entgegenwirken.
Tim
1. Juli 2014 @ 17:18
“Wettbewerbsfähigkeit ist die Priorität Nummer eins”, kicher … Firmen aller Art haben jetzt sicher nichts anderes mehr im Sinn, als neue Produktionskapazitäten in Europa aufzubauen. Nirgendwo sonst macht es mehr Spaß, gegen Regulierungen und strenge Verwaltungen anzukämpfen. 🙂
zustimmender leser
1. Juli 2014 @ 09:58
Einen Herrn “Soros” habe ich weder gewählt, noch überhaupt auf dem Stimmzettel finden können. Selbiges gilt für den Zausel Rompuy, er fällt mir nur immer wieder als serviler Lakai von Merkel auf. Mir ist auch gar nicht klar, inwiefern denn diese Leute eigentlich “Elite” sein wollen. Ihre “Leistungen” sind doch eher dürftig, und mit intelligenten Ideen fallen sie auch nicht auf. Unter “Elite” stellt man sich doch etwas geistreicheres vor, “die besten der besten”. Davon kann hier aber offensichtlich gar keine Rede sein.
Dieser Soros ist sicher sehr reich geworden durch Währungsspekulation, aber die Verfassung, wo erfolgreiche Währungsspekulanten gleich zu politischen Organen der EU werden, müsste man mir erst mal zeigen, ich glaube nämlich, die gibt es gar nicht. Auch über eine “Bertelsmann-Stiftung” finde ich in der Verfassung eigentlich nix, das ist eher so eine bundesdeutsche PR-Organisation für mehr Neoliberalismus.
Ich würde aus dem Bauch heraus mal schätzen, dass diese EU maximal noch eine Zustimmung von ca. 25-30% in der Bevölkerung hat. Von daher ist auch klar, dass sie demokratische Referenden natürlich scheut wie der Teufel das Weihwasser, denn dann würde der ganze Schwindel ja auffliegen, und die “EU-Eliten” wären wieder nur national ausgemusterte, mittelmäßige konservative Politiker. Ich kann nun nicht sagen, dass ich das noch sehr bedauern würde. Denn mit dieser tumb-neoliberalen, beratungsresistenten, konservativen Machtmaschine, die sich da “Europa” schimpft, möchte man ja eigentlich lieber nichts zu schaffen haben, und sie hat auch gar kein Recht, in meinem Namen zu sprechen oder zu suggerieren, die Bürger hätten sie mit dieser Agenda beauftragt. Trotzdem tut sie das, und ich finde das, ehrlich gesagt, reichlich unverschämt. An weiteren sog. “EU-Wahlen” werde ich mich nicht mehr beteiligen, und Wünsche aus Brüssel finden bei mir auch kein Gehör mehr.
Baer
1. Juli 2014 @ 09:32
Ich kann nur sagen:” Lasst uns Alle alles tun ,damit dieses Konstrukt möglichst schnell den Bach runter geht !” Denn dann geht es uns allen wieder besser.Weg mit diesem verbrecherischen Pack.
Meinereiner
1. Juli 2014 @ 08:20
An dem Tag, an dem dieses antidemokratische Konstrukt scheitert gibt’s bei mir eine Party wie es noch keine Vorher gab.
Falls wir nicht vorher alle vom WW3 ausgelöscht wurden.