Forever stupid
Der Euro-Stabilitätspakt soll nun doch nicht geändert werden. Dies haben die Finanzminister Frankreichs und Italiens beteuert. Schade – denn eine Reform ist längst überfällig. Seit der Eurokrise hat sich viel verändert – “Stabilität” durch Sparen ist eine Illusion, höchste Zeit für Investitionen.
Als der Stabilitätspakt 1997 auf deutschen Druck geschaffen wurde, ging er von einer idealen Welt aus – mit 1,5 Prozent Wachstum, 2 Prozent Inflation und einer moderaten Arbeitslosigkeit.
Heute haben wir in Euroland nicht mal 0.5 Prozent Wachstum, noch weniger Inflation, aber eine Rekord-Arbeitslosigkeit. Auch die Schulden liegen – trotz des Sparkurses – auf Rekordniveau.
Wie kann das sein? Nun, wer im Abschwung, also prozyklisch spart, erhöht gleichzeitig seine Schuldenquote. Genau das haben die “Euroretter” nicht nur den Krisen-, sondern allen Euro-Ländern verordnet.
Es gibt zwar ein wenig Flexibilität. So wird das Wachstum indirekt berücksichtigt – im so genannten strukturellen Defizit. Währungskommissar Rehn hat Problemländern wie Frankreich auch Aufschub gewährt.
Doch am Grundproblem, dass der Pakt “dumm” ist, wie der frühere EU-Kommissionschef Prodi sagte, ändert das nichts. Dass er nun auch noch unantastbar, also ewig sein soll, macht es nicht besser.
Dabei haben wir in der Eurokrise gesehen, dass nicht der schiere Bruch der Drei-Prozent-Regel, sondern erst eine Neuverschuldung von über 10 Prozent zu Alarm auf den Märkten führt (so war es in Griechenland).
Zudem war und ist nicht die Neuverschuldung, sondern die Quote der wichtigste Indikator für “Tragfähigkeit” von Schulden. Was die “Stabilität” angeht, so blicken die Märkte auf Spreads und Wachstum, nicht aufs Defizit.
Und noch etwas ist neu: Derzeit liegen die Kosten der Neuverschuldung niedrig wie nie. Sogar den Krisenländern werden Kredite wieder hinterhergeworfen.
Das heißt nicht, dass man nun alle Schleusen öffnen sollte. Doch wann soll die EU denn Investitionen anstoßen und Wachstum fördern – wenn nicht jetzt? Wenn Frankreich und Italien die Krise kriegen, ist es zu spät…
Siehe zu diesem Thema auch “Europe is in a mess” und “Vier Zahlen, ein Ziel”. Mehr zur Rolle der Defizite in der Eurokrise in meinem E-Book.
Peter Nemschak
20. Juni 2014 @ 10:15
Hat nicht gerade Deutschland Spielraum für Investitionen dank einer günstigen Budgetlage ? Für Italien und Frankreich heißt es nach dieser Logik umschichten, was politisch schwierig ist (siehe Regionenreform von F.Hollande). Selbst für Unternehmen ist Sparen durch Umschichten schwierig, weil generell Änderungen schwer durchzusetzen sind. Ohne Gesamtkonzept für jedes einzelne Land wird die derzeitige Vertrauenskrise in die Zukunft nicht behoben werden.
Holly01
20. Juni 2014 @ 09:21
Hallo Ebo,
in – was – soll denn investiert werden?
In unsinnige Infrastrukturprogramme?
In einen Massenmarkt, der in Anbetracht von Depression und Einkommensverlusten keinerlei Wachstumsperspektive hat?
In eine Industrie, die ihre Heimatmärkte selbst zerstört hat und nur noch exportieren kann?
Man könnte die zerfallende Infrastruktur reparieren.
Aber das bietet keinen “Zugewinn”.
Das ist keine Eröffnung von Perspektiven.
Investitionen in Bildung? Damit die Arbeitslosen von morgen klüger werden?
Was wir benötigen ist eine Nachfragepolitik. Diese Politik ist von der Wirtschaft zu betreiben, nicht vom Staat.
So lange banken und Industrie nicht einsehen, daß man Kunden benötigt, um Waren vermarkten zu können, so lange wird es abwärts gehen.
Helau wir sparen uns alle kaputt. Laßt uns mit den dummen Arbeitnehmern anfangen.
ebo
20. Juni 2014 @ 09:41
Natürlich brauchen wir auch mehr Nachfrage. Dennoch gibt es genug Raum für Investitionen. High-Speed-Internet, Bahntrassen (z.B. die Verbindung Köln-Aachen Richtung Brüssel), Stromleitungen (für die Erneuerbaren), Batteriestationen für Elektroautos etc. pp. Gerade in Deutschland herrscht massiver I.mangel, haben die Wirtschaftsweisen und viel andere längst aufgelistet.
Johannes
20. Juni 2014 @ 15:01
Aber das so wenig investiert wird liegt am Euro.
Vor all den Problemen haben einige Menschen uns gewarnt, udn Ebo, deine Berufsgruppe hat diese Menschen dann wild beschimpft mit Wörtern wie “Anti-Europäer, Nationalisten”. Diese Menschen, die deine Kollegen niedergehetzt haben damals, hatten leider alle recht. Ich war so dumm und hab dir und deinen Freunden vertraut, es war ein riesen Fehler.
Und jetzt warnen Leute davor, dass wir dem Süden nicht nachgeben dürfen weil das auf lange Sicht sehr gefährlich werden könnte. Und was passiert Ebo, wieder werden von deinen Kollegen Wörter wie “Anti-Europäer” aus der Schublade rausgekramt.
Ihr Journalisten werdet wie damals zur Euroeinführung mit guten Argumenten vor diesen oder jenen Plänen gewarnt, und was passiert, wieder drescht ihr auf die Kritiker ein.
Ich habe vom Euro finanziell nicht profitiert, und dennoch schreibt ihr Journalisten, ich der Johannes sei reich geworden durch den Euro und ich solle den Mund halten.
Wann hört ihr mit diesen Märchenerzählungen auf? Es reicht wirklich.
Immer legt ihr da in Brüssel noch eine Schippe drauf, es reicht. Ihr habt damals euren Job nicht gemacht als Kontrollinstanz, und jetzt wieder nicht, zumindest Teile von euch … reicht es nicht langsam?
Holly01
21. Juni 2014 @ 00:08
Rehallo ebo,
es gibt keinerlei relevanten Investitionsfelder die derzeit in irgend einer Form Sinn machen.
Internet besteht und Geschwindigkeit ist ein goodie, aber nicht wirklixch relevant.
bahntrassen? Bei einer mittleren Planungszeit von 20 Jahren und dem öffentlichen Widerstand?
Stromleitungen die die lokalen Bürger und Behörden planen, damit man in Bayern die Standorte sichert, die man mit Milliarden dorthin gelockt hat, während die anderen Bundesländer die Deppen waren? Kaum.
Batterieladestationen? Für welche Abnehmer? Der zusammenbrechende Mittelstand wird erst auf Elektroautos wechseln, wenn diese Fahrzeuge finanzill attraktiv und technisch´ausgereift sind.
Die institutionellen Autokäufer werden noch länger warten und dann leasen.
Die Liste der Wirtschaftsweisen ist ja nett, aber das sind genau die Leute die die Arbeitnehmereinkommen unten halten, mit der Begründung dies sei Wettbewerbsfähigkeit.
Von der Seite ist nur abgemildete “Troikapolitik” zu erwarten.
Das bedeutet Deutschland bleibt auch bei realem Wachstum ein Land mit erodierendem Binnemarkt.
Investitionen : Null
Es ist schliesslich keine Rendite zu erwarten. Da diversifizieren die Firmen eher das Risiko und investieren dort, wo Märkte wachsen.