“Europe is in a mess”
Europa steht heute schlechter da als in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts. Das sagt der ehemalige Top-Wirtschafts-Berater von Kommissionschef Barroso. Schuld sei die einseitige Austeritätspolitik – und die blinde Gefolgschaft zu Deutschland.
Schon mal was von Philippe Legrain gehört? Nein? Ich bis vor kurzem auch nicht. Doch seit die britische FT über den ehemaligen Barroso-Berater berichtete, bin ich hellhörig geworden.
Nun hat Legrain sein neues Buch in Brüssel vorgestellt. Es heißt “Why our economies and politics are in a mess” und mündet in der Forderung nach einem “European Spring”.
Genau das hatten Gewerkschaften und soziale Bewegungen auf dem Höhepunkt der Eurokrise gefordert – und waren gescheitert (siehe “Brüssel will keinen Europäischen Frühling”).
Dabei ist Legrains Analyse alarmierend. Die EU habe gerade die längste und tiefste Rezession seit den 30er Jahren durchgemacht, die aktuelle Erholung sei die schwächste aller Zeiten.
Auch Deutschland gehe es nicht gut, so der Brite: Die deutsche Wirtschaft sei während der Krise weniger gewachsen als die der Schweiz, die Produktivität nimmt kaum zu, die Investitionen sind niedriger als in Italien.
Dennoch sei Deutschland als “Hegemonialmacht” aus der Krise hervorgegangen. Dies liege aber vor allem daran, dass die Hilfskredite zuallererst den deutschen Banken dienten – und nicht den Krisenländern.
Zudem habe sich Barrosos Kommission voll und ganz der deutschen Linie untergeordnet, statt Politik für die gesamte EU zu machen. Das Ergebnis: Europa liegt am Boden, die EU ist in Geber und Nehmer gespalten.
Klingt vertraut? Ja, denn in diesem Blog komme ich zu ganz ähnlich Ergebnissen. Genau wie viele andere Experten. Bleibt nur die Frage, wer den “Europäischen Frühling” starten soll?
Siehe zu diesem Thema auch “Die Eurokrise ist vorbei” und mein E-Book “Wir retten die Falschen”, eine Vorschau gibt’s hier
photo credit: European Parliament via photopin cc
Johannes
8. Mai 2014 @ 21:17
Ach Deutschland ist an allem schuld. Okay es reicht, wenn WIR das Problem sind, dann lasst den Euro untergehen, ich kann diese Sch… nicht mehr hören. Unverschämtheit, ich will jetzt auch über meine Verhältnisse leben, ich will ein eigenes Haus und ein riesen Auto aus Deutschland. Bezahlen kann das Süd-Europa oder jemand muss mir über das Target2 Zahlungssystem Geld “leihen”. Und wer das nicht tut ist ein Anti-Europäer, ist logisch, oder? 😉
popper
8. Mai 2014 @ 22:18
Ja mein Gott Johannes! warum regen Sie sich über Wahrheiten auf, die gar nicht von der Hand zu weisen sind. Unsere Überschüsse sind die Defizite der anderen. Das kann aus logischen Gründen gar nicht sinnvoll bestritten werden. Allen Gewinnen dieser Welt stehen Schulden in gleicher Höhe gegenüber. Deshalb ist jede moralische Kategorie fehl am Platze, wenn es um die Eurokrise geht. Wenn Sie von ihren persönlichen Wünschen reden, dann hat das rein gar nichts mit den hier diskutierten Problemen zu tun. Volkswirtschaft ist in ihren Wirkursachen ganzheitlich. Sie wirkt nach allen Seiten. Das Handeln Deutschlands ist in letzter Konsequenz verantwortlich für die Ungleichgewichte in der EWU. Dass das einigen nicht passt, ändert nichts an den Fakten.
MacPaul
8. Mai 2014 @ 22:20
Sag’ mal, was macht ein intellektueller Komplettausfall wie du eigentlich auf so einem Blog?
So viel erst mal zur Einleitung, es ist erstaunlich, wie die meisten Deutschen die Welt so sehen, nämlich total verquer.
Jetzt zur Sache Schätzchen:
Deutschland ist tatsächlich (fast) an allem schuld (in Sachen Euro-Krise); ein Blick zurück in der Geschichte zeigt, dass das nichts neues ist, dieses Land war schon immer sehr gut im kompensatorisch-großfressigen Scheiße bauen, aber danach von nix was wissen wollen und man gefällt sich sogar in der Rolle, vor allem der kleine deutsche Michel, der ansonsten sein Maul und den Arsch zusammen kneift, aber hetzen gegen Resteuropa in diesem Fall geht immer.
(Den Rest habe ich gekürzt, die Ausdrucksweise passt nicht zu diesem Blog, sorry ebo)
Peter Nemschak
8. Mai 2014 @ 14:47
@ebo Reallohnverzicht: offenbar konnten die Gewerkschaften angesichts des globalen Wettbewerbsdrucks keine höheren Lohnsteigerungen durchsetzen. Sie hätten es sicher getan, wenn sie es gekonnt hätten.
popper
8. Mai 2014 @ 20:51
Erklären Sie uns doch mal bitte, was ein Reallohnverzicht in Deutschland mit der Globalisierung zu tun hat.
Peter Nemschak
9. Mai 2014 @ 10:31
In einer globalisierten Wirtschaft ist die Lohndurchsetzungsmacht der Gewerkschaften naturgemäß eingeschränkt: bestehen sie auf hohe Lohnerhöhungen, werden Unternehmen, die im Wettbewerb stehen, die Produktion samt Arbeitsplätzen in Billiglohnländer verlagern. Dies betrifft vor allem gering- und mittelqualifizierte Arbeitsplätze, die durch geografische Verlagerung oder Technologie ersetzt werden können.
thewisemansfear
9. Mai 2014 @ 10:18
@globaler Wettbewerbsdruck: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.
Peter Nemschak
8. Mai 2014 @ 14:33
@thewisemansfear Warum hat sich Kanada oder Australien im Unterschied zu den USA eine Bankenkrise erspart? Offenbar hat die Politik dort regulatorisch klüger agiert. Die Ausrede mit der Finanzlobby lasse ich nicht gelten, eher die Erklärung, dass die Politiker schwach und unfähig waren.
fufu
8. Mai 2014 @ 14:25
Leute macht’s doch nicht so kompliziert, wenn ich diese Diskussion sehe, kann ich nicht glauben, dass es eine rationale Loesung geben wird. Deshalb, demnaechst knallt’s (entweder tatsaechlich oder symbolisch), dann gibt es keine Schulden und kein Geld mehr und alles faengt von vorne an.
ebo
8. Mai 2014 @ 14:31
Der erste Knall kommt in zwei Wochen, bei der Europawahl. Mal gespannt, wie die derzeit völlig hysterisch begeisterten Märkte reagieren…
Peter Nemschak
8. Mai 2014 @ 14:44
Was soll die Märkte am 25.5. aus dem Geleise werfen? Schulz oder Juncker? Eine niedrige Wahlbeteiligung? Zugewinne der Rechten? Nicht einmal die Ukraine-Krise hat bisher einen wirklichen Eindruck hinterlassen. Hysterie???
Andres Müller
17. Mai 2014 @ 18:20
Entsprechend dem bisher wahrgenommenen finanzpolitischen Gewicht des EU-Parlament werden Sie voraussichtlich reagieren, also vermutlich gar nicht. Möglicherweise hat ein einziger Satz von Draghi derzeit mehr Gewicht als die vielleicht zu Millionen wählende EU-Bevölkerung.
popper
8. Mai 2014 @ 11:06
Was ist an der Analyse Legrains bizarr oder blöd. Sie müssten schon ein bisschen mehr bieten, als dieses ausgelutschte Märchen von der „Schwäbischen Hausfrau“, auch wenn sie das nicht so nennen. Zumal es sich hierbei um ein völlig unbrauchbares ökonomisches Modell handelt. Denn, wenn einige in der Währungsunion in der Vergangenheit über ihre Verhältnisse gelebt haben, muss es ja mindestens einen anderen gegeben haben, der unter seinen Verhältnissen lebte. Was gesamtwirtschaftlich zwingend ist.
Über die Frage, ob alle so weitermachen sollen wie bisher, müssen wir nicht streiten, Das ist klar mit Nein zu beantworten. Nur in einer volkswirtschaftlichen Einheit können nicht einige gezwungen werden, ihre Löhne zu kürzen, wenn andere sie nicht erhöhen wollen. Und damit sind wir beim europäischen Desaster in der Währungsunion. Da hat einer über Jahre die anderen mit Niedriglohn und Hartz IV niederkonkurriert und daran kräftige Überschüsse erzielt, ist aber nicht bereit seinen Beitrag zu leisten, die Ungleichgewichte abzubauen. Die Verschuldung der Länder kann nicht aus der Schatulle bezahlt werden, sondern dadurch, dass die Defizitländer Marktanteile zurückgewinnen und sich hieraus Überschüsse ergeben, die die Leistungsbilanzen verändern.
Dazu müsste aber das bisherige Überschussland bereit sein ein Defizitland zu werden. Die Austeritätspolitik erreicht das genaue Gegenteil. Sie hat in Ländern, deren Exportanteil zwischen 25 und 50% beträgt, den Binnenmarkt komplett gerodet, so dass in diesen Ländern die Arbeitslosigkeit riesige Ausmaße angenommen hat und die Wirtschaftsleistung immer weiter zurückgeht. Hier von zurückgewonnener Wettbewerbsfähigkeit zu faseln, ist einfach nur noch zynisch, angesichts der sozialen und wirtschaftlichen Verwerfungen.
Legrain hat durchaus Recht, wenn er die Fehlentwicklung beim Namen nennt. Die Europäische Union wird dominiert durch einen Zuchtmeister, der seinen ökonomischen Sachverstand an den Nagel gehängt hat und in der Hybris einer weltweiten Egalität mit Namen Wettbewerbsfähigkeit jede Logik fahren lässt und mit geradezu atemberaubender Stupidität riskiert, nicht nur die EWU, sondern die ganze Weltwirtschaft in den Orkus zu ziehen, was natürlich aus logischen Gründen scheitern muss.
Peter Nemschak
8. Mai 2014 @ 11:26
Lohnerhöhungen in Deutschland hätten nur insoweit geholfen Ungleichgewichte zwischen Deutschland und dem Süden abzubauen, als diese nicht gespart oder für Waren und Dienstleistungen von außerhalb der EU ausgegeben worden wären. Ob der Effekt ausgereicht hätte, den relativ unproduktiven Ländern des Südens auf die Beine zu helfen, ist keineswegs bewiesen. Offenbar haben sich seit Einführung des Euro die Produktivitätsunterschiede zwischen dem Norden und Süden nicht vermindert. Von der starken Importnachfrage der Chinesen konnte Deutschland mehr profitieren als der Süden.
popper
8. Mai 2014 @ 15:20
Das, Herr Nemschak ist genau der Punkt, den sie offenbar nicht, dass die Produktivität in diesen Ländern bis 2008 höher war als in Deutschland. Diese wurde gerade durch die aufgezwungenen “Sparprogramme” derTroika brutal abgewürgt. Da Sie das offensichtlich nicht lohnt es nicht, mit ihnen Sachverhalte vertieft zu diskutieren.
Tim
8. Mai 2014 @ 12:20
Man muß es leider immer und immer wieder sagen: Die Wirtschaft in den Euro-Problemstaaten konkurriert nicht mit der deutschen Wirtschaft, sondern eher mit Ländern wie der Türkei oder Brasilien. Der Blick auf bilaterale Handelsdefizite in der Euro-Zone ist so ziemlich die kontraproduktivste Analyse, die im Zuge der Schuldenkrise angestellt worden ist.
fufu
8. Mai 2014 @ 10:21
“Uns geht es ja gut”, die Cafes in Wien sind voll, London boomt … selektive Wahrnehmung
Aber zwei Schritte aus London heraus und man ist in der Dritten Welt, kaum versteckte Armut wie im Ruhrgebiet oder Detroit.
Aber der Vergleich mit den 30ern ist nicht schlecht. Damals hat sich Amerika mit europaeischem Kapital gerettet, das wuerde man wohl gerne wiederholen. Ein “europaeischer Fruehling” passt da gut ins Konzept. Man arbeitet daran.
Die EU-Skeptiker, die wahren Europaer, sollten sich nicht vor den Karren der falschen Freunde spannen lassen.
Tim
8. Mai 2014 @ 09:40
Bizarrer Blödsinn. Da leben die Länder lange Jahre weit über ihre Verhältnisse – und nun sollen sie munter so weitermachen? Klar, fight fire with fire! Es müßte doch sogar einem Langzeitbeamten klar sein, daß Europa ein ganz grundsätzliches Problem hat. Warum investieren wohl Unternehmen lieber anderswo als in Sklerose-Europa?
Und überhaupt: welche Austeritätspolitik? Nirgendwo in Europa wird solide gehaushaltet.
ebo
8. Mai 2014 @ 09:57
Legrain ist kein Beamter, sondern LSE-geschulter Ökonom und Buchautor. Er ist vorzeitig aus seinem Beratervertrag mit Barroso ausgestiegen, um sein Buch zu veröffentlichen, übrigens im Eigenverlag.
Peter Nemschak
8. Mai 2014 @ 11:06
Es gibt auch LSE-geschulte Beamte. Das ist nicht der Punkt. Es ist eine Frage des ideologischen Zugangs, ob sie angebots- oder nachfragseitig argumentieren. Über die Verhältnisse leben, wie Tim anmerkt, ist eine treffende Beobachtung. Sie gilt aber nicht nur für den Staat sondern auch für die heutige Gesellschaft im Westen. Kritische Analysten der Globalisierung betonen zu recht, dass ein wesentliches Problem bei der Ressourcenausbeutung in der Dritten Welt der “imperiale Lebensstil” des Westens ist.
Peter Nemschak
8. Mai 2014 @ 10:57
Sie haben recht, leider. Statt sich den Kopf über Umverteilung via einer ineffektiven und ineffizienten Staatsbürokratie den Kopf zu zerbrechen, sollte die Politik überlegen, wie sie den Standort Europa für unternehmerische und initiative Menschen möglichst attraktiv gestalten kann statt ihnen administrative und steuerliche Hindernisse in den Weg zu legen. Dazu gehört selbstverständlich auch, dass kleine und mittlere Unternehmen gegenüber den Konzernen, die sich der Besteuerung leicht entziehen können, nicht benachteiligt werden. Zur Reform der Konzernbesteuerung habe ich bisher noch wenig gehört. Gerechtigkeit heißt primär, dass Gleiches gleich zu behandeln ist und nicht Umverteilung, um Stimmen zu maximieren, Umverteilung von den Jungen zu den Alten, um nur ein Beispiel zu nennen. Dass die Unternehmerverbände gemeinsam mit den Gewerkschaften jahrelang eine unheilige Allianz auf dem Rücken des Steuerzahlers gebildet haben, wollen viele nicht begreifen. Daher: nicht mehr sondern weniger Staat, diesen aber intelligenter.
ebo
8. Mai 2014 @ 11:10
Ach, Herr Nemschak. Es geht weder um Umverteilung noch um Staatsbürokratie. Es geht darum, eine differenzierte und optimierte Wirtschafts- und Finanzpolitik für Euroland zu machen, statt allen Mitgliedern gleichzeitig eine deflationäre Konsolidierungspolitik zu verordnen und sie auf das deutsche “Modell” der “Wettbewerbsfähigkeit” zu verpflichten. Die deutschen Arbeitnehmer zahlen dies seit 15 Jahren mit Lohnzurückhaltung und Reallohnverzicht, trotzdem wächst die deutsche Wirtschaft langsamer als die der Schweiz, Großbritanniens oder der USA!
thewisemansfear
8. Mai 2014 @ 11:22
Wenn man eins deutlich herausstellen muss, dann dass immer und überall umverteilt wird. Gegen einen Staatsbürokratismus zu wettern mag berechtigt sein, aber der gibt alle Einnahmen ohne was abzuzweigen auch wieder aus und hortet auch nichts.
Gleichzeitig ein Finanzcasino zu pampern, welches riesige Geldmengen anzieht + bindet und über Asset-Inflation ein Scheinwachstum vorgaukelt, ist absolut inakzeptabel.
Wir haben es mit vollkommen fehlgeleiteter Anreizsetzung zu tun. “Cheap leverage” wird das hier genannt: http://www.testosteronepit.com/home/2014/5/7/explosive-hidden-leverage-threatens-to-blow-up-the-markets.html
Das gute ist, jedes Ponzi-Schema bricht irgendwann zusammen, die Frage ist nur wann und mit welchen Konsequenzen das einher geht…
Peter Nemschak
8. Mai 2014 @ 11:48
Es geht um die Frage, ob Ressourcenallokation durch den Markt, natürlich mit gewissen Einschränkungen, jener durch den Staat vorzuziehen ist. Dass die Bürokratie keine Ressourcen verbraucht, wie Sie ausführten, stimmt natürlich nicht. Sie kostet viel und neigt zum Verhalten eines Monopolisten und zur Klientelpolitik, da dahinter politische Parteien stehen. Dass die Politik versagt hat, der Finanzwirtschaft sinnvolle Rahmenbedingungen einzuräumen, wird gerne vergessen. Finanzinstitute verhalten sich systemkonform. Sie sind aber nicht für das System verantwortlich sondern die Politik.
thewisemansfear
8. Mai 2014 @ 12:36
Den schwarzen Peter dem Staat zuzuschieben greift zu kurz. Die Mechanismen von Vorteilsgewährung finden sich überall, und ausufernden Bürokratismus habe ich in Unternehmen ebenfalls erlebt. Das ist zu einseitig, Herr Nemschak.
Versuchen Sie mal “Politik” und “Finanzwirtschaft” klar zu trennen. Benennen Sie, wo wer wie Einfluss auf erstgenannte ausübt (Stichwort Geld = Macht). Das ist miteinander verbandelt, daher greift auch hier zu kurz, alle Verantwortung einer Seite zuzuschieben.
MacPaul
8. Mai 2014 @ 12:00
„Über ihre Verhältnisse gelebt‟, „welche Austeritätspolitik? Nirgendwo in Europa wird solide gehaushaltet.‟
Autsch, das tut weh! Ich plädiere hiermit dafür, Menschen ohne jeglichen Sinn und Verstand und ohne jegliche Ahnung von irgendwelchen Zusammenhängen, das Wort verbieten zu dürfen. Meinungsfreiheit hin oder her.
So müsste das am deutschen Proleten-Stammtisch klingen, mit der Bild auf dem Tisch.
Andres Müller
9. Mai 2014 @ 02:59
Derzeit fliesst sogar recht viel Geld nach Europa, das sieht man am starken Euro.
Aber das Geld kommt natürlich nicht dort an wo es die Menschen auf der Strasse spüren -es sei denn im Norden wo die Teuerung relativ niedrig scheint. Das Geld fliesst vor allem zu spekulativem Zweck in Finanzgesellschaften ein.
Zu England habe ich noch zu sagen -dort gibts eine immer gewaltigere Ungleichverteilung der Vermögen, ähnliche Entwicklung wie in den USA.
Ganz Unten in England -habe ich gehört – muss schon mal mit Hunger gerechnet werden -vor Kurzem haben die sogar einen Autisten verhungern lassen, er bekam einfach kein Hilfsgeld mehr von der Verwaltung. Das Hungertuch ist wieder ein Begriff in verschiedenen Teilen Europas.
Was wir da erleben ist eine langsame Strangulation der Mittelschicht -und ich vermute das wird sich noch bis nach Mitteleuropa vorfressen, auch nach Deutschland. Während die Mittelschicht zappelt, haben bereits Millionen Europäer von Niedriglöhnern trotz Arbeit nicht mehr genug Geld um sich medizinisch und sonst mit dem Wichtigsten zu versorgen.
AUch der Ton in gewissen Internet -Foren wird offenbar auch rauher, die Menschen haben keine Nerven mehr den Schönwetterberichten der grossen Medien und deren Journalisten zu huldigen.
Tim
9. Mai 2014 @ 09:32
Was Du beschreibst, ist die Wirkung zu geringer unternehmerischer Investitionen. Die haben wir auf beiden Seiten des Rheins seit wenigstens 20 Jahren.
Aber mal im Ernst, welcher Unternehmer, der noch halbwegs bei Trost ist, würde sein Geld auch in Deutschland oder Frankreich investieren, wenn er nicht unbedingt muß?
thewisemansfear
9. Mai 2014 @ 10:31
@Tim
Du verklärst Geld zu etwas, dass es nicht ist. Nicht “Geld” wird investiert, sondern menschliche Arbeitskraft (mit zunehmend längerem technischen Hebel), die dahinter steht. Wenn Gewinne nicht reinvestiert werden/wieder zurückfließen, fehlt der Anteil wo anders im System. -> steigende Ungleichverteilung. Ganz einfache Rechnung eigentlich.
Peter Nemschak
9. Mai 2014 @ 14:58
@thewisemansfear Gewinne werden nur dann investiert, wenn zukünftige Absatzmöglichkeiten von den Unternehmen gesehen werden. Warum soll ein Unternehmen eine zusätzliche Produktionsstätte bauen, wenn nicht genügend Nachfrage nach den produzierten Produkten, sei es national oder international, besteht?
Tim
9. Mai 2014 @ 13:31
@ thewisemansfear
Die Gewinne werden ja investiert, aber eben nicht in Frankreich oder Deutschland. Daß dies die Hauptursache für steigende Ungleichheit ist, ist korrekt.
Das erfolgreiche Gegenbeispiel ist übrigens die Schweiz. Attraktive Rahmenbedingungen bei ganz ähnlicher Wirtschaftsstruktur -> hohe Unternehmensinvestitionen -> niedrige Ungleichheit.
thewisemansfear
9. Mai 2014 @ 17:17
@Peter Nemschak
Zusätzliche Gewinne enstehen durch Neu-Investionen, ansonsten ist das ein ziemlich bescheidenes Umverteilungs-Spiel. Erst sinkt die Investitions- und dann die Gewinnquote (bis auf 0) Man könnte sagen, dann ist das System “ausgewachsen”.
Aktuell wandern über einen riesigen unproduktiven Finanzmarkt enorme Summen in die Taschen Weniger. Wenn man sich klar macht, dass am Ende immer mit Arbeitskraft “bezahlt” wird, dann …
@Tim
Keine Frage, die Profitrate ist DAS Lenkungselement. Wer verspricht mehr? Leider wird das Ausfallrisiko (nimm die TBTF-Problematik) ein ums andere Mal ausgehebelt. The game is rigged. Die Konsequenz, dass man sich auch mal derbe die Finger verbrennen kann, die fehlt. Und das ist problematisch, dann versagt die Steuerung nämlich.
ebo
8. Mai 2014 @ 09:37
Zu UK sagte Legrain in Brüssel. dass das Land nur dank einer neuen Immobilienblase etwas besser dasteht als die Eurozone. “Britain is in a mess, too”.
Peter Nemschak
8. Mai 2014 @ 08:36
Was schreibt Legrain über die britische Wirtschaft? Hat sie die Krise besser oder schlechter als die anderen EU-Länder, insbesondere solche, die nicht der Eurozone angehören, überstanden? Warum? Hätte eine ausgabenorientierte Politik Strukturreformen erleichtert oder politisch eher erschwert? Die Vorstellung von Deutschland als Hegemonialmacht weckt in vielen Briten historisch bedingte Ängste. Der Politik Deutungen gibt es viele, wohl deshalb, weil sie interessengeleitet sind. Da tun sich die Naturwissenschaften leichter.