Die Krisenmacher

Die Ukraine-Krise hält die EU weiter in Atem. Beim ihrem Gipfel in Brüssel beschlossen die Chefs neue Sanktionen, selbst ein Handelskrieg ist nicht mehr tabu. Dabei erholt sich Europa gerade vom Eurodebakel. Kommt die EU eigentlich nie aus der Krise heraus?

Von Ex-Kommissisonchef Delors stammt das Bonmot, die EU gleiche einem Fahrrad. Es müsse immer in Bewegung sein, sonst falle es um. Also ist Aktionismus angesagt.

Bekannt ist auch, dass die EU ein Faible für Krisen hat. Denn die schweißen die Chefs und ihre Bürger zusammen. Außerdem bringt jede Krise mehr Macht für Brüssel.

Doch was unter Führung von Kommissionschef Barroso und Ratspräsident Van Rompuy in den letzten Jahren passierte, geht weit über eine Radfahrt durch kritisches Gelände hinaus.

Die EU-Kommission und ihre Chefs – an erster Stelle natürlich Kanzlerin Merkel, die Barroso ins Amt verhalf und ihn 2009 bestätigte – haben sich als völlig unfähig erwiesen.

Hier eine kleine, unvollständige Bilanz unserer Krisenmacher in Brüssel, Berlin und London (Tony Blair und David Cameron gebührt ein historischer Ehrenplatz):

  • Finanzkrise: Barroso hat sie nicht kommen sehen und sich geweigert, Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Mit Ex-Binnenmarktkommissar McCreevy huldigte er dem Laissez-Faire.
  • Schuldenkrise: Griechenland wurde in den Euro geholt, obwohl es nicht die Bedingungen erfüllte. Die Kommission hatte keinen Schimmer vom Defizit, Berlin und andere verweigerten Kontrollen.
  • Banken- und Eurokrise: Merkel verhinderte eine frühzeitige gemeinsame Antwort, als die Bankenkrise begann. Mit einer chaotischen „Rettung“ förderte man die Ausweitung zur Eurokrise.
  • Wirtschaftskrise: Als der IWF längst ein Umdenken forderte, hielten Brüssel und Berlin stur am Austeritätskurs fest. Die Folge: die Eurozone steht heute immer noch schlechter da als 2009.
  • Sozialkrise: Rekord-Arbeitslosigkeit, wachsende Ungleichheit, Abwanderung von Süd nach Nord: Auch dies hat die EU mit verschuldet; Hilfen wie die „Jugendgarantie“ lassen auf sich warten.
  • Politische Krise: Nie sind mehr Regierungen gestürzt, nie übernahmen mehr nicht gewählte Technokraten die Macht als unter Barroso und Merkel. Die EU hat ihre Legitimität weitgehend verspielt.
  • Ukraine-Krise: Hier genügt ein Wort: „Fuck the EU“. Nicht nur die Brüsseler Laienspielgruppe hat versagt, Merkel hat in Kiew mitgezündelt und will nun nicht den Preis bezahlen.

In jeder normalen Demokratie wäre die Führung angesichts dieser Bilanz längst weggefegt worden. Doch die EU ist keine Demokratie. Die Eliten, die sie führen, klammern sich an die Macht.

Und die Europawahl? Pffffft…

Siehe auch meine aktuelle Umfrage zur Europawahl
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