Das ist EUropas „selbstbewußte Antwort“ auf Trump
Welche Konsequenzen hat die EU aus der Europa-Reise von US-Präsident Trump gezogen? Wie reagiert Brüssel auf die Provokationen und Irritationen? Nicht so, wie Sie vielleicht denken…
Fangen wir mit dem letzten Event an, Trumps Treffen mit Russlands Zar Putin in Helsinki. Auch drei Tage danach liegt immer noch keine offizielle EU-Reaktion vor. Selbst die Außenbeauftragte Mogherini schweigt.
Es ist, als hätte das Treffen nie stattgefunden. Dabei spielte es in einer europäischen Hauptstadt – und es wurden wichtige Themen wie die Ukraine, Nord Stream 2 und Syrien angesprochen. Die EU schaut weg.
Anders sieht es nach dem Nato-Gipfel aus. Sowohl Trump als auch Nato-Generalsekretär Stoltenberg brüsten sich damit, sie hätten die europäischen Alliierten aufgerüttelt und zu Mehrausgaben bewegt.
Tatsächlich sagte Kanzlerin Merkel eine Prüfung zu. Auch Frankreich, Großbritannien und Spanien wollen weiter aufrüsten. Ob das reicht, um Trump zufriedenzustellen, ist unklar. Fakt ist: EUropa rüstet auf.
Natürlich kann man nun einwenden, das tue es im eigenen Interesse, um unabhängiger zu werden. Doch warum hat die EU dann eine Erklärung unterzeichnet, die sie noch enger an die Nato – und damit die USA – bindet?
Das sieht doch eher nach vorauseilendem Gehorsam aus – denn die entsprechende Vereinbarung wurde schon vor dem Nato-Gipfel und vor Trumps Wutausbrüchen vereinbart. Souverän wirkt das alles nicht.
Sehr ambivalent auch die EU-Reaktion auf Trumps Drohungen im Zollstreit. Bisher hatte Brüssel die Linie ausgegeben, man verhandele nicht mit vorgehaltener Pistole. Doch das gilt nun wohl nicht mehr.
Nächste Woche reist Kommissionschef Juncker nach Washington, um Trump neue Deals anzubieten. Offiziell geht es nur um „Gespräche über Gespräche“ – doch de facto will Juncker neue Strafzölle auf Autos verhindern.
Man geht also auf Trumps Drohung ein. Da hilft es wenig, dass die EU gleichzeitig gegen Google vorgeht. Denn ursprünglich sollte die Rekordstrafe gegen den US-Konzern schon am vergangenen Mittwoch verhängt werden.
Doch die Entscheidung wurde verschoben – um den Nato-Gipfel nicht zu stören und Trump nicht zu verärgern. Doch die Rücksichtnahme hat nicht viel gebracht, Trump droht nun mit Vergeltung…
Peter Nemschak
19. Juli 2018 @ 19:29
Zur NATO gibt es derzeit keine plausible Alternative. Helsinki hat gezeigt, dass die USA keine Strategie gegenüber Russland haben. Trump ist situativ wie ein kleines Kind. Strategisches Denken liegt ihm nicht. Die Republikaner sind seine Geiseln, weil sie auf die Stammwähler von Trump angewiesen sind. Man fragt sich, inwieweit die europäischen politischen Eliten über die verschiedenen Kräfte der amerikanischen Innenpolitik Bescheid wissen. Aufrüsten heißt nicht Trump zufrieden zu stellen sondern Schritt für Schritt angesichts der sich abzeichnenden Umgestaltung der globalen Lage mehr europäische Autonomie gewinnen. Dies kann nicht von heute auf morgen geschehen sondern braucht Zeit. Die Sensationslust und Vereinfachungsneigung der Medien braucht hingegen ständig neue Aufreger. Das erzeugt Unsicherheit unter den dauererregten und empörungssüchtigen Bürgern. Die Leute tun sich angesichts der Informationsflut schwer, Signale vom Hintergrundrauschen zu unterscheiden.