Brüssel streut Zweifel an Brexit-Deal

Normalerweise setzt die EU in Verhandlungen auf eine Einigung in letzter Minute. Nicht so beim Brexit. Die EU-Kommission stellt die laufenden Gespräche mit Großbritannien mit einer ungewöhnlichen Warnung vorzeitig in Zweifel.

Die EU-Behörde hat Mitgliedstaaten und Unternehmen aufgefordert, sich auf ein Scheitern der Verhandlungen über den britischen EU-Austritt einzustellen.  Bereits am 30. März 2019 – dem offiziellen Brexit-Datum – könne es zu Problemen kommen.

„Die Vorbereitungen müssen sofort auf allen Ebenen beschleunigt werden und alle möglichen Ergebnisse (der Verhandlungen) berücksichtigen“, heißt es in einer Mitteilung, die die Kommission am Donnerstag verabschiedet hat.

Zwar arbeite Brüssel „Tag und Nacht“ daran, mit London eine Vereinbarung für einen „geordneten Austritt“ zu treffen.

Es sei aber „noch immer ungewiss, ob zum Austrittsdatum ein ratifiziertes Austrittsabkommen“ vorliegen werde. Man müsse sich daher auch auf einen „Sturz in den Abgrund“ vorbereiten.

Die Mitteilung kommt zu einem überraschenden und politisch brisanten Zeitpunkt. Schließlich stellt sich die EU-Kommission bereits seit fünf Monaten auf ein mögliches Scheitern der Verhandlungen ein. Sie hätte also längst warnen können.

Dass das Kommissions-Team um Generalsekretär Selmayr ihren „Awareness“-Alarm ausgerechnet jetzt veröffentlicht, zeugt von gehörigem Mißtrauen in die britische Regierung.

Es könnte sogar die laufende Brexit-Verhandlungsrunde stören – denn offiziell enden die Gespräche erst an diesem Freitag.

Und erst am Donnerstag – dem Tag der Veröffentlichung der Brexit-Warnung – traf EU-Verhandlungsführer Barnier mit seinem neuen britischen Gegenspieler D. Raab zusammen.

De facto hat Raab kaum noch eine Chance auf einen Abschluss. Die EU glaubt selbst nicht mehr an eine Einigung; der jüngste Vorschlag von Premierministerin May ist so gut wie abgelehnt…

WATCHLIST:

  • Wie wird EU-Verhandlungsführer Barnier sich aus der Affäre ziehen? Nach der Brexit-Warnung will er am Freitag vor die Presse treten. Sein Problem: Wenn er das “Weißbuch” von Premier May offen ablehnt, droht der Sturz der Regierung

WAS FEHLT:

  • Eine Stellungnahme zum Scheitern des EU-Haftbefehls im Fall Puigedemont. Die spanische Regierung hat den Befehl schon zum zweiten Mal zurück gezogen. Doch in Brüssel weigert man sich, von Missbrauch oder Problemen zu sprechen…

Dies war die letzte “Watchlist Europa” vor der Sommerpause. Im September geht es weiter…