Brüsseler Beitritts-Bluff, Berliner Asyl-Poker – und Wahl-Schlappe in Chisinau
Die Watchlist EUropa vom 07. November 2023 –
Die Würfel sind längst gefallen. Schon letzte Woche verkündete Außenministerin Baerbock, dass die Ukraine der EU beitreten wird. Und am Wochenende lobte Kommissionschefin von der Leyen, dass Kiew “bereits deutlich über 90 Prozent des Wegs hinter sich” habe; der Weg für Verhandlungen sei frei.
Die Vorstellung des “Fortschrittsberichts” zur Erweiterung, die am Mittwoch erwartet wird, ist zur Farce geworden. Jeder in Brüssel weiß, dass die EU-Kommission den Start von Beitrittsverhandlungen empfehlen wird.
Und jeder kann wissen, dass die strikte Prüfung der Beitrittskriterien in der Ukraine und Moldaus ausgefallen ist. Noch im Juni erklärte Erweiterungs-Kommissar Varhelyi, die Ukraine habe erst zwei von sieben Prüf-Kriterien erfüllt.
Knapp drei Monate später sollen fünf weitere Tests bestanden sein – darunter der Kampf gegen die Korruption, die nach Ansicht von Ex-Kommissionschef Juncker endemisch ist? Das ist kaum möglich und noch weniger glaubhaft.
Brüssel wird ein Gefälligkeits-Zeugnis vorlegen, wie schon beim Kandidaten-Status 2022. Die Ukraine erfüllt nicht ‘mal die Basics: wirtschaftlich und finanziell auf eigenen Beinen zu stehen – sie ist von der EU abhängig!
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News & Updates
- Wahlschlappe in Moldaus Hauptstadt. Bei den Kommunalwahlen in Moldau ist die pro-westliche Regierungspartei PAS bei dem Versuch gescheitert, den Bürgermeisterposten in der Hauptstadt Chisinau zu gewinnen. Amtsinhaber Ion Ceban sicherte sich bereits in der ersten Runde mit 51 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit. – Mehr hier (Dt. Welle) sowie ein OSZE-Bericht mit Kritik an “restriktiven Maßnahmen”
- Wie Israel und Deutschland die EU schwächen. Einig, entschlossen und prinzipienfest: So soll die europäische Außenpolitik sein. Die Wirklichkeit sieht anders aus, wie der Krieg gegen den Hamas-Terror zeigt: Israel und Deutschland bremsen die EU aus – und machen sie international unglaubwürdig. – Kolumne im “Makroskop”
- Adjutant des ukrainischen Oberbefehlshabers stirbt bei Explosion. Mitten im Machtkampf zwischen Präsident Selenskyj und dem Oberbefehlshaber der ukrainischen Armee Saluschnyj ist dessen Adjudant bei einer Explosion gestorben. Angeblich explodierte eine geschenkte deutsche Handgranate. – Mehr zum Machtkampf hier
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Brüsseler Beitritts-Bluff (Fortsetzung)
Mittlerweile ist nicht einmal der militärische Erfolg sicher. Brüssel will Beitritts-Verhandlungen mit einem Land empfehlen, das teilweise besetzt ist und von dem niemand weiß, wie seine künftigen Grenzen aussehen. Ein Unding.
Doch der Bluff muss sein – um die Ukrainer bei der Stange zu halten und sie zu neuen Opfern zu motivieren. Er muß auch sein, um die EU zusammenzuhalten – die Erweiterung ist zur “raison d’être” geworden. Geopolitik nennt man das.
Dabei ist die “geopolitische EU” der größte Bluff. Mit der Ukraine und Moldau wird EUropa nicht etwa stärker, sondern schwächer. Die Bürger werden hinterher nicht besser, sondern schlechter dastehen.
Die EU hat im doppelten Krieg gegen Russland – militärisch und wirtschaftlich – schlechte Karten. Deshalb verlegt sie sich aufs Bluffen. So kurz vor der Europawahl ein riskantes Manöver…
Das Letzte
Bund und Länder pokern um das Asylrecht. Wer ist härter, wer gibt weniger, wer will mehr Schikanen für Asylbewerber? Darüber haben Bund und Länder am Montag in Berlin gerungen. Dabei kam es zu einem kuriosen Bündnis: Das grün regierte Baden-Württemberg und die CDU-geführten Länder haben gefordert, Asylverfahren außerhalb Europa durchzuführen – z.B. in Ruanda. Sie konnten sich damit allerdings nicht durchsetzen. Kurios ist das Ganze, weil das Ruanda”-Modell” aus einem Nicht-EU-Land kommt: Großbritannien. Dort funktioniert es allerdings auch nicht. Das EU-Modell – der neue Asyl- und Flüchtlingspakt – wird gerade in Brüssel verhandelt. Doch offenbar glaubt man in Berlin schon nicht mehr daran, dass es ausreicht…
KK
7. November 2023 @ 12:03
Selenskyi hat übrigens – sekbstherrlich – die im kommenden Jahr anstehenden Präsidentschaftswahlen ausgeschlossen.
Da muss die EUCO sich jetzt wohl entscheiden: Gibt sie zu, dass die Ukraine damit ein Demokratiedefizit hat und von einem Autokraten regiert wird – oder entschuldigt sie die Absage von Wahlen mit dem herrschenden Kriegszustand, womit sie aber einräumen müsste, ein Land im Kriegszustand aufnehmen zu wollen (mit Konsequenzen hinsichtlich der Beistandsverpflichtungen aus den EU-Verträgen und auch enormen Kosten für alle anderen).
Wie sie sich auch entscheidet, ein baldiger Beitritt der Ukraine kann so oder so nicht Betracht kommen!
Arthur Dent
7. November 2023 @ 11:36
Schikane für Asylbewerber? Bitte mal Artikel 16a Grundgesetz lesen. Niemand hat in Deutschland ein Anspruch auf Asyl, der aus einem sicheren Herkunftsland kommt oder über einen sicheren Drittstaat einreist. Armut, Perspektivlosigkeit, Bürgerkrieg oder Naturkatastrophen sind keine Asylgründe.
Aber keine Panik: Die Ampel betreibt nur ein wenig Kosmetik mit ihrer jetzt “restriktiveren” Flüchtlingspolitik, im Grunde genommen arbeitet sie mit Hochdruck daran, die Voraussetzungen für ein Bleiberecht abzusenken. Deutschland ist mittlerweile ein Aufmarschgebiet von Großdemos für Probleme, die die Länder des Nahen Ostens untereinander haben. Und für den Verlust seines Ich-bin-hier-zuhause-Gefühls wird der deutsche Michel gleich mehrfach zur Kasse gebeten.
KK
7. November 2023 @ 11:45
Inzwischen wurden Länder zu „sicheren Herkunftsländern“ erklärt, in denen zweifelsfrei bestimmte Minderheiten nicht sicher sind; weitere sind in Vorbereitung. Das Asylrecht ist ein individuelles Recht – die in den 1990er Jahren auf Druck eines ausländerfeindlichen Pöbels (Hoyerswerda, HR-Lichtenhagen) und Mordanschlägen (Mölln, Solingen) eingeführten Abs. 2ff des Art. 16 a GG atmen nicht den Geist, den die Verfassungseltern nach den Erfahrungen der Nazizeit dem Asylrecht einräumen wollten.
KK
7. November 2023 @ 11:36
Das, was die EUCO mit der Ukraine plant, nämlich einen Beitritt ohne dass die Kriterien nur ansatzweise erfüllt werden, ist schlicht und ergreifend rechtswidrig! Und wer vorsätzlich Recht bricht und damit auch noch andere schädigt (nämlich mehrere hundert Millionen EU-Bürger), der ist mE nur noch als kriminell zu bezeichnen.
Kleopatra
7. November 2023 @ 10:19
Die Ukraine wäre nicht in der von Ihnen kritisierten Weise von der EU abhängig, wenn Russland sie nicht gegen alles Völkerrecht überfallen hätte und seine widerrechtliche Aggression nicht nach wie vor fortsetzen würde. Würde man Ihrer Argumentation folgen, müsste man jedem ausreichend ruchlosen Staat das Recht einräumen, die Aufnahme eines Landes in die EU dadurch zu verhindern, dass er das Kandidatenland gründlich genug schädigt.
ebo
7. November 2023 @ 10:58
Hätte, hätte, Fahrradkette. Die Ukraine war noch nie beitrittsfähig, weder vor 2014 noch vor 2022. Juncker hat dies in aller nötigen Klarheit gesagt, H. Schmidt übrigens auch.
KK
7. November 2023 @ 12:54
@ ebo:
Für Kleopatra muss Russland doch als Sündenbock für alles herhalten, was auf dieser Welt schief läuft. Im Zweifel dann auch an den völkerrechtswidrigen Angriffskriegen der NAhTOd, dem Klimawandel und natürlich manchmal sogar an PMS…
Karl
7. November 2023 @ 09:10
Aus der EU wird das, was die Konzerne schon immer gewollt haben: eine Freihandelszone.
Unpolitisch, Wahrnehmung ständischer Vorrechte der Internationalen Kaufmannsschaft wie in den Freihandelszonen des Mittelalters, für die unteren Stände gibts Polizei, Wachschutz und ’social media‘.
Die Politik wird woanders festgelegt – und zwar nicht mehr in Europa.
Thomas Damrau
7. November 2023 @ 07:48
Grün-regiertes Baden-Württemberg? Bitte präzise bleiben: Kretschmann-regiertes …
Kretschmann, der Mann, der schon seit Jahrzehnten darüber greint, dass er in seiner Jugend Zeit mit dem KBW verschwendet hat – anstatt in der Jungen Union mitzuarbeiten.
Als Abbitte für die KBW-Verfehlungen muss er nun ständig beweisen, dass er der beste CDU-Ministerpräsident aller Zeiten ist.