Brüssel will mehr Kontrolle – auch beim Online-Handel
Die EU-Kommission will die Zollunion reformieren. Künftig werden auch Warensendungen im Wert von unter 150 Euro erfasst – für digitale Händler könnte es teuer werden.
___STEADY_PAYWALL___
Eine der ältesten Fundamente der Europäischen Union, die 1968 gegründete Zollunion, soll runderneuert werden. Die EU-Kommission will sie digitalisieren und den 27 Mitgliedstaaten zusätzliche Einnahmen von einer Milliarde Euro im Jahr bescheren. Dies könnte allerdings auch den Online-Handel verteuern und die Überwachung ausweiten.
„Dies ist die größte Reform seit der Gründung der Zollunion“, sagte Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni am Mittwoch in Brüssel. Der Italiener pries eine „wegweisende, datengesteuerte Vision“, die den Zoll „einfacher, intelligenter und sicherer“ machen soll. Statt wie bisher auf dem Papier sollen Waren künftig digital angemeldet werden.
Das klingt gut, hat jedoch auch Kehrseiten. So will die EU-Kommission eine neue Zollbehörde gründen, die eine EU-Zolldatenplattform steuern soll. Damit wird eine zentrale, mit „Künstlicher Intelligenz“ versehene Überwachung des Handels eingeführt, die für Klimaschutz, aber auch für Sanktionen und Strafverfolgung genutzt werden kann.
“Frontex für den Zoll”
Außerdem könnten Import-Produkte im Online-Handel teurer werden. Brüssel will nämlich künftig auch auf Warensendungen im Wert von unter 150 Euro Zoll erheben, wenn sie aus Ländern außerhalb der EU kommen. Mit den neuen Abgaben auf günstige Waren will die EU-Kommission nach eigenen Angaben “Betrügern” das Handwerk legen.
Bei bis zu 65 Prozent der Päckchen mit Ziel EU gäben die Absender den Warenwert zu niedrig an, um Importzöllen zu entgehen, erklärte die Behörde. „Uns geht es nicht darum, das Online-Shoppen teurer zu machen“, erklärte Gentiloni. Der Zoll auf die Päckchen werde nur einen geringen Betrag ausmachen. Dennoch: Die Reform hat ihren Preis.
Kritiker fürchten, dass die EU eine Art „Frontex für den Zoll“ schaffen könnte – also eine neue, rigide Grenzschutzbehörde, die den Handel erschwert und verteuert. Gentiloni beteuerte zwar, es gehe nur darum, Daten mit den EU-Staaten zu teilen. Doch es wäre nicht das erste Mal, dass die Digitalisierung ein Eigenleben entwickelt…
Hekla
19. Mai 2023 @ 08:13
Ich bin auch für mehr Kontrolle der Wirtschaftsaktivitäten in der EU! Ich würde es z.B. großartig finden, wenn auch Milliardengeschäfte per SMS (auch wenn es nur läppische 35 Milliarden sind und sie vom EU-Bürger erwirtschaftet werden müssen) irgendeiner winzigen Kontrolle unterliegen würden. Aber ich ahne schon: das sind Äpfel und Birnen.
P.S.: ich lese gerade, dass hier auch noch eine Stornogebühr fällig wird – 2, 2 Milliarden, die wir alle sehr gerne aus der Westentasche zahlen. Vorschlag: vielleicht könnte man auch noch eine saftige Säumnisgebühr draufschlagen? Wäre schade, wenn die EU-Bürger nicht doppelt und dreifach zur Kasse gebeten werden würden.
KK
18. Mai 2023 @ 12:27
Das Problem ist doch, dass viele Produkte wie zB Tonträger innerhalb der EU gar nicht mehr angeboten werden; ich musste schon mehrfach CDs deutscher (!) Künstler (nein, kein Rechtsrock oder sonstig auf dem Index stehendes Material, da war sogar rein instrumentale Musik dabei) zB in der Schweiz bestellen, weil die in der gesamten EU nicht erhältlich waren.
Die EU ist nicht mehr für ihre Bürger da, sondern verkommt langsam zu einem reinen Inkasso-Unternehmen auf Kosten ihrer Bürger, der Rest ist reiner Selbstzweck. Und dabei hab ich die Korruption und persönliche Bereicherung noch gar nicht angesprochen.
Früher gab es zB EC-Schecks und EC-Karten, damit konnte man problemlos in ganz EUropa bezahlen – heute hat man nach Abschaffung dieser beiden bargeldlosen Zahlugsmittel nicht selten Probleme, im EU-Ausland mit seiner Bank-/Debitkarte oder sogar bar in EURO (beim Tanken in Frankreich zB) zu bezahlen. Ohne US-Kreditkarte geht da zuweilen gar nichts mehr!