Berlusconi ist tot, sein Populismus lebt

Silvio Berlusconi ist tot. In Brüssel wird der Cavaliere vor allem als Risikofaktor für den Euro und Erfinder des EU-feindlichen „Populismus“ in Erinnerung bleiben. Dabei hat sich die EU längst damit arrangiert.

Ex-Kanzlerin Merkel hat ihn aus dem Amt gedrängt, um Reformen in Italien zu erzwingen, die den Euro aber auch nicht dauerhaft stabilisiert haben. Und Ex-Parlamentschef Schulz hat sich an Berlusconi abgearbeitet – für die (deutschen) Sozialdemokraten war er ein Lieblingsfeind, die öffentlichen Wortgefechte hat Schulz provoziert und genossen.

Was in Brüssel kaum diskutiert wird, ist, dass der „Populismus“* à la Berlusconi mittlerweile hoffähig geworden ist. Erst letzte Woche machte Kanzler Scholz bei der italienischen Postfaschistin Meloni seine Aufwartung.

Am Sonntag reiste EU-Chefin von der Leyen mit Meloni nach Tunis, um dort einen neuen Flüchtlingsdeal einzufädeln. In Stockholm, beim schwedischen EU-Vorsitz, haben die Rechtspopulisten im Hintergrund ein gewaltiges Wörtchen mitzureden.

Und im Europaparlament propagiert EVP-Chef Weber (CSU) taktische Bündnisse mit den italienischen Populisten. Berlusconi war Webers großes politisches Vorbild, er hat die Beziehungen bis zuletzt gepflegt!

Sein Tod markiert denn auch nicht das Ende einer Ära, sondern eher schon deren Höhepunkt. Italien, Schweden, Finnland, demnächst vielleicht Spanien oder Griechenland, ja sogar Frankreich: In ganz EUropa ist der Rechtspopulismus à la Berlusconi auf dem Vormarsch.

Die EU hat keine Berührungsängste mehr – im Gegenteil: Sie lässt sich, wie beim Asyl-Kompromiss der Innenminister, von Populisten und Nationalisten treiben…

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P.S. Das Wort “Populismus” wird oft falsch und willkürlich benutzt, deshalb schreibe ich es in Anführungszeichen. Berlusconis Populismus war noch harmlos im Vergleich mit dem, was wir heute von Rechtspopulisten, Nationalisten und Post-Faschisten erleben…