Barley und die Bombe – Atommacht EUropa?
Nach dem Wahlkampfauftritt von D. Trump verlieren europäische Politiker die Contenance. Sogar SPD-Spitzenkandidatin Barley will nun über eine EU-Atombombe reden.
“Angesichts der jüngsten Äußerungen von Donald Trump” sei auf den US-Atomwaffen-Schutzschirm “kein Verlass mehr”, sagte Barley dem “Tagesspiegel”.
Zur Frage, ob die EU eigene Atombomben brauche, antwortete Barley: “Auf dem Weg zu einer europäischen Armee kann also auch das ein Thema werden.”
Die Sozialdemokratin sagte zugleich, es liege weiter im Interesse der Amerikaner, die nukleare Abschreckung für Europa maßgeblich bereitzustellen.
Von Barley überrascht mich das. Ich hatte sie bisher als besonnene Politikerin eingeschätzt, die nicht über jedes Stöckchen des Provokateurs Trump springt.
Nötig war das nicht – denn Trump hat sich gar nicht zu Atomwaffen geäußert. Im übrigen decken die US-Atomwaffen nicht ganz Europa ab – sondern vor allem Deutschland. Frankreich hat selbst die Bombe.
Doch nun ist die Debatte eröffnet, es ist ja Wahlkampf in EUropa. Nach CSU-Mann Weber wollte wohl auch die SPD ihren Senf dazugeben.
Als Wähler würde ich aber gerne wissen, ob wir den “Schutzschirm” der USA überhaupt noch brauchen – und wieso es zu einem Atomkrieg kommen sollte?
Wie sieht der “Weg zu einer EU-Armee aus” – und wer sollte den roten Knopf für die Bombe bekommen? Doch nicht etwa Barleys alte “Freundin” von der Leyen?
Mehr zur Europawahl hier
P.S. Linken-Chef Martin Schirdewan kritisierte die Äußerungen Barleys scharf; der SPD warf er “Säbelrasseln” vor. Auch parteiintern stießen die Äußerungen von Barley auf Kritik. Der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner bezeichnete den Vorstoß für gemeinsame europäische Atomwaffen als “brandgefährliche Eskalation”...
Michael Conrad
14. Februar 2024 @ 11:40
Das sind vor allem Versuche durch imaginäre Stärke und verbale Kraftmeierei davon abzulenken, dass die westliche Strategie in der Ukraine gerade vollkommen den Bach runter geht und man nicht in der Lage ist eine neue realistische Perspektive zu entwickeln, die man dem Publikum vor der Europawahl noch erklären könnte. Da arbeitet man lieber am fünfundvierzigsten
Sanktionspaket . Ohne die Beachtung der russischen Sicherheits- und Wirtschaftsinteressen wird es aber keine Lösung geben.
w.nissing
14. Februar 2024 @ 11:30
Auf einem französischen Portal habe ich gehört, das Macron sich indifferent in Schweden zum Einsatz der französischen Bomben geäußert hat im Sinne von erweitertem Einsetzen. Gut…, was die Generalität in der F.d.Frappe dazu sagt? mmmh
Thomas Damrau
14. Februar 2024 @ 09:37
@Karl
Schulenburgs Szenario ist eine Art, zwischen den Zeilen zu lesen, die einiges an Wunschdenken enthält.
Die westliche Welt ist im Augenblick immer noch stark vom Morbus NeoCon befallen. (Symptome: Die Betroffenen verwechseln die Welt mit einem Wildwestfilm: Der Sheriff hat den Lieben Gott auf seiner Seite und wird die Schurken – die man an ihren schlecht rasierten Gesichtern und den zusammengewachsenen Augenbrauen erkennt – im Show-Down schon nieder strecken. Und danach können die Viehbarone wieder in Ruhe Geld verdienen.)
Die Verbreiter der Morbus NeoCon – die US-Amerikaner – scheinen die ersten zu sein, die die Krankheit abschütteln:
— Biden, weil er seine Geopolitik nicht an die Wähler bringen kann.
— Trump, weil sich der Return-On-Investment nicht einstellen mag.
Die EU benimmt sich wie eine Schulklasse auf einem Ausflug, bei dem ihr mitten in der Wildnis der Lehrer (Biden) abhanden zu kommen zu droht: Man versucht, möglichst laut im Wald zu pfeifen.
Die Ukrainer sind die wirklich armen Schweine, die sich von Biden in ein Abenteuer haben locken lassen, den möglicherweise rettenden Frieden im Frühjahr 2022 auf Rat falscher Freunde abgelehnt haben und nun zusehen müssen, wie die Rettungs-Hubschrauber abdrehen.
KK
14. Februar 2024 @ 10:41
“Die Ukrainer sind die wirklich armen Schweine…”
Nicht nur die – auf den Schlachtfeldern müssen auch Russen ihre Köpfe dafür hinhalten, dass die Amerikaner* nie zur Deeskalation bereit waren, das sollten wir nicht vergessen.
* Und ihnen Deutschland, Frankreich und die Ukraine mit den Täuschungsmanövern Minsk I und II dabei auch noch willig assistiert hatten.
Monika
14. Februar 2024 @ 11:01
@Thomas Damrau
lieber Thomas, Morbus NeoCon und der Wildwestvergleich sind einfach nur göttlich! Ein ununterdrückbarer Lacher in dieser Zeit kann nich in Gold aufgewogen werden werden! Danke…
w.nissing
14. Februar 2024 @ 12:49
hier auch besprochen:
https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9483
WBD
14. Februar 2024 @ 09:36
Was mich etwas überrascht: weder die bislang verfolgte politische Diskussion unter den ‘Verteidigungs’politikern, noch die Diskussion hier erwähnt den Atomwaffensperrvertrag!
Dieser verbietet allen nicht-Atomwaffen Staaten die Anschaffung von Atomwaffen, und allen Atomwaffenstatten die Weitergabe an andere Staaten. Ausserdem, was alle Atomwaffenstaaten ignorieren, gebietet dieser Vertrag die Reduktion der vorhandenen Arsenale.
Deutschland hat diesen Vertrag unterschrieben!
Selbst die merkwürdige Konstruktion der ‘atomaren Teilhabe’, bei der die USA Koch sind, und DL der Kellner, ist ziemlich grenzwertig.
Wo sind denn all die Völkerrechtler geblieben… ?!?
ebo
14. Februar 2024 @ 09:50
Stimmt, danke für den Hinweis.
Wir brauchen aber nicht nur qualifizierte Völkerrechtler, sondern auch bessere Journalisten.
Die Trump-Äußerung, über die sich alle aufregen, bezog sich nämlich auf eine angebliche Begebenheit in seiner 1. Amtszeit, also vor mehr als vier Jahren. Da war Russland noch nicht in die Ukraine einmarschiert, und Deutschland war noch nicht bei 2,0 Prozent Rüstungsausgaben.
Trump hat nicht gesagt, dass er heute genauso mit seinen Alliiierten umspringen würde! Kleines Detail, aber wichtig!
WBD
14. Februar 2024 @ 10:03
Ja, und bei den 2,0% gab es die Diskussion, welche Kosten eigentlich angerechnet werden – reine Waffen- und Personal-ausgaben, oder auch ‘weiche’ Kosten wie Friedensarbeit, etc
Die USA hätten sicherlich am liebsten die reinen Waffenkosten, am allerliebsten nur für ‘Made in USA’.
Zwei Prozent des BSP überweisen, und dafür gibt’s Waffengutscheine… 😉
Elisabeth
14. Februar 2024 @ 13:13
Hier musste ich auch herzlich lachen und in die Hände klatschen! Vielen Dank an Beide!
Skyjumper
14. Februar 2024 @ 15:32
@WBD:
Aber aber. Wer wird denn da so unkreativ sein? Wenn der Atomwaffensperrvertrag den wertebasierten Regel- und Ordnungsvorstellungen nicht mehr entspricht, wird er eben ignoriert. Haben wir doch in der EU schon erfolgreich mit diversen anderen Verträgen gemacht.
Alternativ könnte man auch „konstruieren“. Frankreich bezahlt und hat „die Bombe“, Deutschland bezahlt und hat „die Träger“. Nukleare Teilhabe 2.0
Und die angeblich wieder erreichten 2,0 % des BIP für Militär/Rüstung in Deutschland sind auch nur eine Mär. Rechnerisch passt das nur mit dem sogenannten Sondervermögen. Und das wird (im Wesentlichen) Ende 2025 aufgebraucht sein. Ohne die Ausgaben aus dem Sondervermögen belief sich der reguläre Kriegs-, pardon, Verteidigungshaushalt in 2023 auf ~ 50 Mrd. €. 2,0 % wären jedoch ~ 80 Mrd. gewesen. Für 2024 sehen die Zahlen nicht wesentlich anders aus. Ich bin sehr gespannt wo eine deutsche Regierung in 2026 gute 30 Mrd. € hernehmen möchte um wirklich auf 2 % zu kommen. Das sind – bisher -Taschenspielertricks. Das wahre Elend kommt erst noch.
Bogie
14. Februar 2024 @ 09:29
Wäre ich ein Nachbar Deutschlands, fiele mir zu Fischers und Barleys Überlegungen nur eines ein: Nun drehen sie wieder am Rad und lassen ihrem Größenwahn nach 79 Jahren (Zwangs-)Pause wieder freien Lauf.
Karl
14. Februar 2024 @ 08:27
Gestern hat auch Michael von der Schulenburg sein Szenario für Frieden in der Ukraine vorgelegt. Träfen die Vorsetzungen zu, wären dann die USA und die belämmerte EU raus aus dem fatalen “Spiel” um die Nato-Osterweiterung.
“Der Ukrainekrieg könnte schneller und anders enden, als erwartet” https://makroskop.eu/04-2024/der-ukrainekrieg-konnte-schneller-und-anders-enden-als-erwartet/
Das läuft auf einen interessanten Europa-Wahlkampf hinaus, denn Michael v. d. Schulenburg kandidiert für Bündnis Sahra Wagenknecht.
Arthur Dent
14. Februar 2024 @ 11:46
@Karl
Hat man denn schon Larry Fink gefragt? 🙂
In der Ukraine geht es nicht um Selbstbestimmung, es geht um Märkte, Ressourcen, Handelsrouten.
Sollte der Krieg enden, wie von Michael von Schulenburg beschrieben, enden auch alle Geldflüsse.
Arthur Dent
13. Februar 2024 @ 23:56
Katarina Seltsam – Und wie sie lernte, die Bombe zu lieben. Für den Anfang sollten wir mal ein paar gut Gebrauchte nehmen, sind bestimmt billiger.
“Zur Frage, ob die EU eigene Atombomben brauche, antwortete Barley: „Auf dem Weg zu einer europäischen Armee kann also auch das ein Thema werden.“ – Ja gut, die Europäische Verteidigungsgemeinschaft ist schon seit 1950 ein Thema. 1952 haben die Franzosen das abgelehnt – man hat den Deutschen damals nicht getraut. Es kann also noch dauern.
So, dann haben wir noch ein Problem: Wie kommt die A-Bombe nach Moskau? Die Tornados schaffen noch Hin- und Rückflug, aber die werden bald ausgemustert. Die F-35 kommt nicht mal One-Way bis nach Moskau – Wo soll bitte die Bombe abgeworfen werden?
Ok, tut mir leid – ich hab jetzt viel Unsinn geredet. Aber ich hab ja nicht angefangen.
Falls es immer noch süß und ehrenvoll ist, fürs Vaterland zu sterben – vielleicht gehen die Polit-Apparatschicks mal tapfer voran. Ich hab bei mir nochmal nachgesehen – Heldentod kommt auf meiner Beliebtheits-Scala gar nicht vor.
Georg Soltau
14. Februar 2024 @ 15:16
@ Arthur Dent
„Die F-35 kommt nicht mal One-Way bis nach Moskau“
One-Way ist doch auch ausreichend, denn durch einen Gegenschlag ist die Landebahn zu Hause doch unbrauchbar geworden
Monika
13. Februar 2024 @ 21:17
“Barley und die Bombe – Atommacht EUropa?”
Schon diese Überschrift befremdet mich! Europa ist seit langem Atommacht, bis zum Brexit durch GB und Frankreich, jetzt noch durch Frankreich. Wohl weil wir den Engländern und Franzosen nicht den “Mumm” zutrau(t)en, die Dinger auch einzusetzen, haben wir uns bei den USA durch die sogenannte Atomare Teilhabe scheinbar abgesichert, wir müssen so wenigstens informiert werden und “dürfen” dann ausliefern… (Die Amis erscheinen uns da “robuster” in dieser “Beziehung”, die haben es ja schon zweimal ohne Skrupel getan – Wir kommen dadurch in die perverse Lage, unsere eigenen europäischen Landstriche atomar zu pulverisieren)
Es ist genau das selbe “Misstrauen” in die französische Kriegsführung, die jetzt zur “Diskussion” einer “EUropäischen Atombombe” (Klartext: einer deutschen Atombombe unter dem Label Europäisch…) führt. Über diese schier unglaubliche Anmaßung allen europäischen Mitgliedsstaaten, aber ganz besonders den Franzosen gegenüber, sollte dringendst gesprochen werden! Dass nicht ein Sturm der Entrüstung losbricht ist mehr als verwunderlich.
ebo
13. Februar 2024 @ 22:20
Nein, die britischen und die französischen Atomwaffen unterstehen einem exklusiven nationalen Kommando, keinem europäischen. Deutschland hätte zwar die Möglichkeit gehabt, mit Frankreich über eine Teilhabe zu verhandeln. Doch in Berlin hatte man offenbar mehr Vertrauen zu Washington als zu Paris. Wenn jetzt deutsche Politiker eine europäische Bombe fordern, so setzen sie sich erneut über Frankreich hinweg; zudem sprechen sie eine indirekte Drohung gegen Russland aus. Denn mit den US-Atomwaffen konnte Deutschland ja nichts anfangen; die atomare Drohung ging bisher nur von den USA aus…
KK
13. Februar 2024 @ 23:13
„Doch in Berlin hatte man offenbar mehr Vertrauen zu Washington als zu Paris.“
Völlig unverständlich, denn Washington ist weit genug von den hier gelagerten US-Atombomben weg, die erstes Ziel wären. Frankreich würde selber mehr als genug abbekommen, und sei es durch den Fallout.
Und Washington würde EUropa ohne Skrupel opfern, so wie es seinerzeit völlig ohne Not nach Hiroshima noch Nagasaki geopfert hatte. Über die Notwendigkeit von „Little Boy“ zur baldigen Beendigung des Krieges mag man vielleicht noch streiten, „Fat Man“ war indes völlig unnötig und nur eine skrupellose und massenmörderische Machtdemonstration (wohl auch gegen die UdSSR). Und die dort gezeigte Skrupellosigkeit zeichnet das Agieren der USA bis heute aus – ganz besonders, seit das einzige Korrektiv in Gestalt der UdSSR marginalisiert wurde.
Monika
14. Februar 2024 @ 12:50
Lieber ebo
Doch, die EU hat, unabhäng von den USA, Atomwaffen zur Verfügung, ist daher mittelbare Atommacht! Denn wenn die EU eine Verteidigungsgemeinschaft ist, und laut Statuten ist sie das ja, dann müssen eben die EU-Mitglieder ihrem Mitstreiter Frankreich, -der, da haben sie recht, das „exclusive“ Recht der Einsatzentscheidung hat, vertrauen! Sie schreiben ja selbst, dass Deutschland den Amerikanern „mehr vertraut“ als den Franzosen, warum auch immer *… Aber auch bei der nuklearen Teilhabe gibt es KEIN Mitsprache oder Mitentscheidungsrecht, es entscheidet allein die USA! Was passiert wohl, wenn D sich weigern würde der „Ehre nachzukommen“ die Bomben auszuliefern? Dann fliegt sie halt ein Brite oder Ami ins Ziel… Und zum Affront gegen Frankreich, (den die irre Forderung nach EU-Atomwaffen darstellt), fällt mir auch nur noch ein, dass unsere auf Krieg gebürstete „Elite“ wohl der Meinung ist, das Kämpfen und das Militärische könne man nach den Erfahrungen des vergangen Kriegs nur der Wehr…oh pardon der Bundeswehr überlassen…
*https://apolut.net/history-willy-brandt-und-der-german-marshall-fund/ . Nach Lektüre dieses Artikels hat sich für mich einiges der jüngeren deutschen Geschichte „geradegezogen“. Gymnicher Formel.. so ist eine ganze Staatengemeinschaft (EG) am 26. Juni 1974 in „betreute Außenpolitik“ gestolpert…
Nur durch die Beeinflußung der deutschen/europäischen Politik durch zahlreiche USA-orientierte Lobbygruppen erlaubt es einer Nuland zusammenfassend zu rufen: FUCK THE EU !
Die USA drohen uns nicht nur schon seit Jahrzehnten, Deutschland und die EU bei nicht entsprechender Willfährigkeit wirtschaftlich zu „einzudämmen“. Seit ein paar Jahren drohen sie nicht nur, sie TUN genau das. Selbst staatsterrroristische Akte sind neue Normalität. Warum dann noch vor der Drohung zittern? Wir sind so oder so am A…gekniffen, warum dann noch unterwürfig bleiben? DAS möchte ich unseren begeisterten Kriegstreibern zurufen, der eigentliche Feind sitzt wohl eher transatlantisch!
Thomas Damrau
13. Februar 2024 @ 13:54
Ich hatte Barley auch einmal für eine der intelligenteren PolitikerInnen gehalten. Aber wer heute früh DLF hörte, wurde Zeuge eines Überbietungswettbewerbs in martialischen Vorschlägen.
Auch hier wieder der Verweis auf Clarks “Schlafwandler”: Nach Clarks Interpretation entstand WK 1 aus der Kombination
— sich steigender Unterstellungen, was der jeweilige Gegner plane,
— und der Einschätzung, es bliebe nicht mehr viel Zeit, der anderen Seite zuvorzukommen.
Worauf der (eigentlich lokale) Konflikt zwischen Östereich-Ungarn und Serbien ein willkommener Anlass war loszuschlagen, bevor die andere Seite möglicherweise aus dem eigenen Zögern einen Vorteil zöge.
KK
13. Februar 2024 @ 13:40
“Von Barley überrascht mich das. Ich hatte sie bisher als besonnene Politikerin eingeschätzt…”
Offenbar ist niemand im Politikbetrieb vor dieser Massenhysterie gefeit… haben die etwa alle ganz spezielle mRNA-Präparate bekommen?