Ausblick 2023: Die Demokratisierung der EU scheitert

Schon 2022 sollte das Jahr der EU-Reform werden. Doch die Bürgerkonferenzen liefen ins Leere – Brüssel griff ihre Vorschläge nicht auf. Im neuen Jahr dürfte es noch schlimmer kommen: Die Demokratisierung der EU scheitert, das “Raumschiff Brüssel” hebt endgültig ab.

Demokratischer, sozialer, bürgernäher: Mit diesen Versprechen ging die EU 2021 in die “Konferenz zur Zukunft der EU”. Doch 2022, als die Konferenz mit einer Feierstunde in Straßburg zuende ging, passierte nichts. Auch jetzt, unter schwedischem Ratsvorsitz, steht keine große EU-Reform auf der Agenda, von einem Konvent ganz zu schweigen.

Aufgegriffen wird lediglich die Forderung, das Vetorecht im Rat einzuschränken und Abstimmungen mit qualifizierter Mehrheit auszuweiten. Dafür setzt sich vor allem Deutschland ein. Doch für den Übergang braucht es ebenfalls Einstimmigkeit – und die zeichnet sich nicht ab.

Der schwedische Ratsvorsitz macht “business as usual” – dabei hatten die EU-Chefs nach der mißglückten Europawahl 2019 eine Reform an Haupt und Gliedern versprochen. Doch das Schlimmste kommt erst noch: Auch die für die nächste EU-Wahl nötige Demokratisierung droht zu scheitern.

Derzeit schließe sich das “Gelegenheitsfenster” für eine Reform des Wahlrechts, warnt der grüne EU-Abgeordnete Daniel Freund, der sich für eine umfassende Reform stark macht. Änderungen seien nur bis ein Jahr vor der Wahl, also bis zum Mai möglich. Doch da kommt – nichts.

Das Europaparlament hatte ein neues Wahlrecht mit europäischen, transnationalen Listen vorgeschlagen. Schweden zieht aber nicht mit. “Die jetzige Ratspräsidentschaft vergibt diese Chance auf die Stärkung der europäischen Demokratie vor der nächsten Europawahl 2024”, warnt Freund.

Dabei ist die “europäische Demokratie” schon jetzt schwer angeschlagen. Das EU-Parlament hat bei den entscheidenden Fragen um Krieg und Frieden, Schulden und Wiederaufbau oder bei der Beschaffung von Impfstoffen nichts zu melden. Die Coronakrise hat seine Ohnmacht entlarvt.

Das Sagen hat die EU-Kommission, die unter Leitung seiner (nicht von den Bürgern gewählten) deutschen Präsidentin von der Leyen immer mehr in die Belange der Mitgliedstaaten hineinregiert. Von der Leyen nutzt die Permakrise und den Ukraine-Krieg, um die EU zum Überstaat aufzubauen.

Gleichzeitig schottet sie sich und ihre Arbeit systematisch vor den Bürgern ab. Während US-Präsident Biden bei den Midterms noch auf die Wünsche der Amerikaner eingehen mußte, regiert die CDU-Dame konsequent über die Köpfe der EUropäer hinweg. Selbst Proteste können daran nichts ändern.

Widerstand wird weggelächelt

Der Widerstand gegen autoritäre Corona-Auflagen wurde ebenso weggelächelt wie der Protest gegen Inflation und Verarmung. Die Sanktionen gegen Russland wurden so konzipiert, dass sie nicht einmal vom frisch gewählten Kanzler Scholz gestoppt werden konnten, geschweige denn von den Bürgern.

Das Ergebnis: Die Unzufriedenheit wächst, das Vertrauen schwindet. In den letzten Umfragen sank nicht nur Scholz auf ein historisches Tief ab, sondern auch die EU. Nur noch 33 Prozent vertrauen dem Kanzler (minus 24 Prozentpunkte), nur noch 31 der EU (minus 7 Punkte gegenüber 2022).

Besserung ist nicht in Sicht, im Gegenteil: 2023 könnte als Jahr in die Geschichte eingehen, in dem das “Raumschiff Brüssel” endgültig abgehoben ist…

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P.S. “Was wir derzeit in Europa erleben, ist das Produkt einer entfesselten Machtelite, die über Jahrzehnte auf der Basis einer neoliberalen Wirtschaftsordnung ihren Wohlstand und ihre Macht mehren konnte und dabei nach und nach Kräfte zur Entfaltung brachte, die gesellschaftszersetzend sind und der Demokratie einen schweren Schaden zugefügt haben.” Das schreibt Marcus Klöckner auf “telepolis”. Der Mann hat Recht…