“Wovon die Bürger träumen” – Was bringt die Zukunftskonferenz?

Die Watchlist von EUropa vom 11. März 2021 –

Es war ein Wahlversprechen von Emmanuel Macron und Ursula von der Leyen. „Neuen Schwung für die Demokratie“ sollte die Konferenz zur Zukunft Europas bringen, gelobten der französische Staatschef und die EU-Kommissionspräsidentin nach der Europawahl 2019.

Das war auch dringend nötig – denn bei der Nominierung von der Leyens waren demokratische Prinzipien mit Füssen getreten worden. Die Spitzenkandidaten hatten keine Chance, das Europaparlament wurde übergangen, Macron übernahm die Regie.

Nun soll es also losgehen – endlich. Fast ein Jahr später als geplant haben die EU-Chefs den Startschuss für die Zukunftskonferenz gegeben. Doch schon wieder droht ein Fehlstart, erneut könnte die Demokratie auf der Strecke bleiben.

Die Konferenz leidet unter einem Geburtsfehler: dem Proporzdenken. Statt wie geplant den belgischen Föderalisten Guy Verhofstadt mit der Leitung zu betrauen, wurden gleich drei Präsidenten eingesetzt: für Rat, Kommission und Parlament.

Die Bürger spielen keine Rolle – die sollen erst nach der Eröffnung am 9. Mai hinzugezogen werden. In Diskussionsforen auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene sollen sie dann mitreden. “Wir wollen hören, wovon die Bürger träumen“, so von der Leyen.

Keine Europäische Republik…

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Doch eine echte Chance zu Umsetzung dieser Träume gibt es nicht. Wer sich eine europäische Republik oder die Vereinigten Staaten von Europa wünscht, dürfte enttäuscht werden. Denn dafür müssten die EU-Verträge geändert werden, einstimmig – daran glaubt in Brüssel keiner.

Selbst bescheidenere, alltäglichere Wünsche werden es schwer haben. Wer hofft, seinen Frust über das Impfdebakel und die Lockdowns loszuwerden, wird sich schnell an den EU-Plänen für eine „Gesundheitsunion“ sperren. Dieser Teil der Zukunft ist schon verplant.

…aber eine Reformagenda

Dennoch ist es gut, dass es diese Konferenz gibt. Sie zwingt die EU-Führung, dem Volk aufs Maul zu schauen. Und sie bringt das heiße Eisen EU-Reform zurück auf die Agenda. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die EU nicht mehr weitermachen kann wie bisher.

Nun besteht immerhin die Chance, dass die Bürger die Reformagenda vorgeben – und nicht nur Macron und von der Leyen, wie bei der letzten Europawahl…

Siehe auch “Die Bürger sollen mitreden – ein bißchen”

Watchlist

Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) will am Donnerstag eine Zulassung für den Impfstoff des US-Herstellers Johnson&Johnson empfehlen. Es wäre bereits das vierte Vakkzin, das in der EU genehmigt wird. Ein Befreiungsschlag wäre es allerdings nicht. Das Unternehmen habe bisher nicht bestätigt, dass es unmittelbar nach der Zulassung auch liefern werde, erklärte der Gesundheitsexperte der Europa-CDU, Peter Liese. Es gibt mal wieder unerklärte Lieferprobleme, wie schon bei AstraZeneca…

Hotlist

  • “Die Abstimmung hat gezeigt, dass das Europaparlament viel zu stark unter dem Einfluss der Nationalstaaten steht.” Das sagt Kataloniens Ex-Präsident Puigdemont im Interview mit der “taz”. Es habe einen starken Druck der spanischen Delegationen in den drei großen Gruppen, den Sozialdemokraten, den Konservativen und den Liberalen, gegeben. Und: Das Parlament habe ganz klar die Tür für die Verfolgung des politischen Dissidenten, des Unbequemen geöffnet. – Da hat der Mann leider recht. Die meisten Abgeordneten üben ihre Kontrollfunktion nicht wirklich aus – genau wie bei Corona. Mehr dazu hier
  • Trotz der Knappheit bei Corona-Vakzinen verhindern europäische Länder weiterhin, dass Fabriken mit freien Kapazitäten mehr Impfstoffe produzieren können, die dringend benötigt werden, um den weltweiten Kampf gegen das Virus zu gewinnen. Sie weigern sich, die Patente freizugeben. Warum, fragt “Investigate Europe”. – Eine wichtige Frage, leider liefert der Artikel keine eindeutige Antwort. Umso deutlicher war das Votum der EU am Mittwoch in der WHO – schon wieder ein Nein zur Solidarität.- mehr hier
  • Die EU-Kommission hat die Regierungen in Ungarn, Polen und Slowenien aufgefordert, Angriffe auf die Presse- und Medienfreiheit zu unterlassen. In den vergangenen Monaten habe es in den drei Ländern “weitere besorgniserregende Entwicklungen” gegeben, sagte Vize-Kommissionspräsidentin Vera Jourova bei einer Debatte im Europaparlament. Sie warnte, die Kommission werde “nicht zögern zu handeln”, wenn es Verstöße gegen EU-Vorschriften gebe. – Aha, und warum zögert die Kommission dann schon seit Jahren?