Aufgelesen: Wie der Krieg die EU zum Imperium macht

In Brüssel ist Urlaubszeit. Wir nutzen das „Sommerloch“, um lesenswerte Beiträge anderer Blogs und Medien zu präsentieren. Heute ein Beitrag zur geplanten EU-Erweiterung und den Folgen für das ehemalige Friedensprojekt.

Durch den Krieg wird die Europäische Union vom selbstdeklarierten Friedensprojekt zum geopolitischen Player. Die geplante Aufnahme der Ukraine und anderer osteuropäischer Staaten werde die EU grundsätzlich verändern, schreibt Andreas Ernst in der “NZZ”.

Die EU ist ein Friedensprojekt. Doch was sie verändert und prägt, ist der Krieg. Der Wandel seit der russischen Invasion der Ukraine ist eindrücklich: Über die sogenannte «Friedensfazilität» ist sie in kurzer Zeit zu einem milliardenschweren Waffenlieferanten für die Ukraine geworden. Sie bietet sechs Millionen Ukrainerinnen und Ukrainern Schutz, und sie hat sich mit einem Kraftakt von russischem Gas weitgehend unabhängig gemacht.

Was die Union aber grundlegend umgestalten wird, ist die angekündigte Erweiterung um sechs, vielleicht neun Staaten im Südosten und im Osten des Kontinents. Ihnen hat erst der russische Angriff die Türe geöffnet. Der Krieg als Vater aller Dinge? Er hat jedenfalls dazu geführt, dass der bürokratische Regelgeber in Brüssel sich immer mehr auch als geopolitischer Akteur versteht.

Putins Aggression im Februar 2022 hat aus weitgehend unbekannten und entfernten Nachbarn, der Ukraine und der Moldau, in nur vier Monaten Beitrittskandidaten gemacht – und selbst dem südkaukasischen Georgien die Einbindung in Aussicht gestellt. Auch dem eingeschlafenen Erweiterungsprozess auf dem westlichen Balkan haucht die EU wieder Leben ein. Die Region gilt – via Serbien – als mögliches Einfallstor für russische Störmanöver. Die Integration soll dieses ein für alle Mal schliessen.

Nicht nur Deutschland, auch Frankreich erlebt seine strategische «Zeitenwende». Paris hatte sich in den vergangenen Jahrzehnten hartnäckig gegen die Aufnahme neuer Mitglieder gesträubt: Vertiefung, nicht Erweiterung hiess die französische Parole. Jetzt spricht sich Präsident Emmanuel Macron sogar für die doppelte Osterweiterung aus, jene der EU und der Nato.

Die Frage ist nur, wie das geschehen soll. Wie kann die EU all diese Länder «absorbieren», wie es im Brüsseler Jargon heisst? Und was wird das mit der Union machen?

Weiterlesen in der “NZZ” (Paywall) Siehe auch “Erweiterung statt Sozialismus: Scholz besteht auf Groß-Europa”