Alle Macht der EZB?

Die Europäische Zentralbank soll noch mächtiger werden. Die umstrittene Institution mit Sitz in Frankfurt soll „im Herzen“ der künftigen europäischen Bankenunion stehen, kündigte die EU-Kommission in Brüssel an. Dort soll die EZB darüber wachen, dass Banken sich nicht verspekulieren. Damit sollen Bankenkrisen wie in Spanien künftig verhindert werden – dabei hat die EZB bisher alle Krisen verschlafen.

Einen detaillierten Gesetzesvorschlag will die Brüsseler Behörde zwar erst Mitte September vorlegen. Die Ankündigung dürfte dennoch  für Aufregung sorgen, denn schon jetzt ist die EZB vielen zu mächtig. Seit Beginn der Eurokrise musste die Zentralbank mehrfach eingreifen – mal mit dem Kauf von Staatsanleihen, mal mit günstigen Billionenkrediten an die Banken.

Mit der geplanten neuen Rolle in der Bankenaufsicht werde der Bock nun endgültig zum Gärtner gemacht, fürchten konservative Kritiker wie der Chef des Münchener Ifo-Instituts, Sinn. Eine Bankenunion bedeute die „kollektive Haftung für die Schulden der Banken des Eurosystems“. Damit werde Deutschland überfordert.

Widerstand kommt auch von den Sparkassen. Sie fürchten, mit neuen Auflagen überfrachtet zu werden, und fordern, die EZB solle nur die Großbanken überwachen. Kleinere Geldinstitute müssten weiter der nationalen Bankenaufsicht unterliegen, heißt es in einem offenen Brief an Kanzlerin Merkel, aus dem die “SZ” zitiert. Die Chancen, dass sich die Sparkassen durchsetzen, stehen gut. Denn auch die EU-Kommission will die EZB vor allem auf die Großbanken ansetzen.

Besonders in Spanien ist die Bankenkrise außer Kontrolle geraten, sodass die Regierung in Madrid Hilfe aus dem Eurorettungsschirm beantragen musste. Schon bald könnte ein weiterer Hilferuf zur Stützung der spanischen und italienischen Anleihemärkte folgen.

 Die Gründung einer Bankenunion war beim letzten EU-Gipfel im Juni beschlossen worden. Sie soll bereits Anfang nächsten Jahres in Kraft treten und dabei helfen, die Schulden- und Bankenkrise in den Euroländern den Griff zu bekommen. Bisher schaukeln sich beide Probleme wechselseitig hoch.

 Ob die EZB in der Lage ist, die Finanzinstitute zu überwachen, ist jedoch zweifelhaft. Bisher hat sie in der Vorhersage und Meldung systemischer Risiken kläglich versagt (siehe “Das Versagen der Aufseher”). Außerdem ist die EZB verantwortlich für den “Sozialismus der Banken” – sie versorgt selbst dubiose Geldinstitute mit billigem Geld.

Ausgerechnet diese Institution soll nun die Banken kontrollieren? Und gleichzeitig Staatsanleihen von Ländern wie Spanien aufkaufen, die wegen der Bankenkrise in Schieflage gekommen sind? Gewaltenteilung sieht anders aus…

Dies ist die überarbeitete Fassung eines Artikels, den ich in der taz veröffentlicht habe. Das Original steht hier. EZB-Chef Draghi hat sein Selbstverständnis heute in der “Zeit” beschrieben; der lesenswerte Artikel findet sich auch hier.