And the winner is…
Kein anderes EU-Land hat mehr vom Binnenmarkt profitiert als Deutschland. Pro Kopf liegt nur Dänemark etwas höher.
Dies geht aus einer Studie der Bertelsmann-Stiftung hervor. Die Gütersloher teilen uns auch mit, dass Griechenland durch die Eurokrise vom EU-Markt abgekoppelt wurde.
Doch statt nun zu fragen, wie die Vorteile des Binnenmarkts gerechter verteilt werden könnten und Griechenland wieder Anschluss findet, wollen die Forscher den deutschen Vorteil ausbauen.
Dazu sollen auch die Schranken bei den Dienstleistungen fallen. Und natürlich muss mehr Freihandel her, TTIP lässt grüßen. Fast könnte man meinen, Kanzlerin Merkel habe die Studie bestellt…
Johannes
30. Juli 2014 @ 12:36
Haha, klar doch, und vom Euro hat jeder Deutsche finanziell profitiert oder wie? Also ich kann solche Meldungen nur noch mit Humor nehmen, ernstnehmen? Uh la la, verlangt nicht zu viel von mir *ggg
Peter Nemschak
29. Juli 2014 @ 18:52
Die Analyse inkludiert leider nicht die neuen Mitgliedsländer Zentral- und Osteuropas. Manche von ihnen haben von den durch die deutsche Industrie geschaffenen 3.5 Millionen Arbeitsplätzen in Zulieferindustrien mehr als andere profitiert. Womit können diese Unterschiede, die auch im Süden Europas sichtbar sind, erklärt werden? Es macht wenig Sinn, Merkel und die EU verantwortlich zu machen, wenn die Probleme strukturell und länderspezifisch sind und von den jeweiligen nationalen Regierungen gelöst werden müssen, ggf. unter technischer und finanzieller Mithilfe der EU.
Peter Nemschak
29. Juli 2014 @ 08:49
Um die Vorteile für alle zu erhöhen, schlägt der Bericht die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie und Erhöhung der Arbeitsmobilität vor, die eine bessere Integration der Nachzügler sicherstellen soll. Was aus dem zitierten Bericht nicht hervorgeht, warum der Süden schlechter in den Binnenmarkt integriert ist als beispielsweise Dänemark, Österreich und Deutschland. Kennt man die Ursachen, könnten entsprechende Maßnahmen gesetzt werden, nicht nur subsidiär durch die EU sondern auch durch die betroffenen Länder selbst.
DerDicke
29. Juli 2014 @ 15:31
Was will man da groß studieren? Wir machen sie mit dem Exportüberschuss platt und schicken sie in die Insolvenz. Ein Deutscher Exportüberschuss kann nur mit neuen Schulden bei den den Ländern mit Exportdefizit bezahlt werden (sonst wäre es kein Exportüberschuss!). Gleichzeitig produzieren wir dank Lohndumping billiger als die anderen, die dank gemeinsamer Währung nicht dagegenhalten können – Abwerten war mal. Ja, in den Exportbetrieben wird meistens noch gut gezahlt – aber schon bei den Zulieferern blüht Leiharbeit und Scheinselbstständigkeit. Und auch die Friseuse, die dem Abteilungleiter für 10€ die Haare schneidet ist Teil des Lohndumpings. Die Beamten und Angestellten, die seit Jahren Nullrunden fahren. Die 1-Euro-Jobber, die in Büchereien und Schwimmbädern zwangsbeschäftigt werden. Die Verkäufer und Händler, die den siechenden Binnenmarkt zu spüren bekommen.
DerDicke
29. Juli 2014 @ 18:17
Nachtrag:
Die Lösung des Problems ist politisch nicht gewollt, da sie so böse Maßnahmen wie “Stärkung des Binnenkonsums durch deutliche (!!) Lohnerhöhungen” (also im zweistelligen Bereich) und “Senkung des Exportüberschusses” umfassen würde.
Die Deutschen sind nämlich immer noch der Meinung, es wäre ganz ganz doll für sie, wenn sie ihre im Schweiße ihres Angesichts produzierten Güter gegen im Nachhinein wertlose “Forderungen” verschenken – wertlos z.B. durch Schuldenschnitt. Denen kann man auch nicht mehr beibringen, dass ein Exportüberschuss nichts anderes als das Verschenken der eigenen Leistung ist.
Das Grundproblem liegt sehr viel tiefer, man müsste in Deutschland z.B. die Arbeitszeit analog der Automation senken (und trotzdem die Löhne halten oder erhöhen) und dadurch mehr Leute in Arbeit bringen. Dadurch könnte man durch die erhöhte Zahl an Konsumenten die Wirtschaft auf breitere Beine stellen.
Peter Nemschak
30. Juli 2014 @ 07:14
Ob eine maßlose Erhöhung des Binnenkonsums der Stein der Weisen ist, wage ich zu bezweifeln. Alternativ könnten Exportüberschüsse in die heimische Infrastruktur oder international in produktive Investitionen in Ländern mit hohem Wachstumspotential investiert werden. Dass viel Kapital schlecht investiert wurde und in Immobilienblasen Irlands und Südeuropas sowie in amerikanischen Sub-Prime Papieren versenkt wurde, ergab sich nicht zwingend aus den erzielten Exportüberschüssen sondern aus regulatorischen Fehlern und Fehleinschätzungen der Banken. Fälle wie IKB und Hypo Real Estate waren nicht zwingend das Ergebnis deutscher Exportüberschüsse. Wenn man Ihrem Vorschlag folgt, würde nicht nur der Konsum sondern auch die private Ersparnis steigen. Wohin mit den Ersparnissen?