Weiter so !?
Jetzt muss ein Ruck durch EUropa gehen, hieß es nach dem Brexit-Schock. Doch die Beschlüsse des EU-Gipfels sprechen eine andere Sprache. In der Handels-, Flüchtlings- und Außenpolitik heißt es: Weiter so!
[dropcap]V[/dropcap]or allem das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) zeigt, dass Brüssel nichts dazu gelernt hat. Denn CETA soll nicht von den nationalen Parlamenten ratifiziert werden.
Die EU-Kommission will es einzig und allein vom Europaparlament absegnen lassen. Dabei fordern selbst die EU-Parlamentarier, die nationalen Abgeordneten zu beteiligen. Demokratie: sechs, setzen!
Streit gibt es auch über zwei weitere EU-Initiativen. Die Staats- und Regierungschefs haben eine neue Sicherheitsstrategie und ein Kapitel zur Migration verabschiedet, das es in sich hat.
Darin halten sie nicht nur am Flüchtlingspakt mit der Türkei fest, der „erhebliche Fortschritte“ gemacht habe und weiter vorangetrieben werden soll – einschließlich der umstrittenen Visa-Liberalisierung.
Von den Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens fordern die EU-Chefs zudem die „Rückübernahme und Rückführung“ von Flüchtlingen, „bei denen es sich vorwiegend um Wirtschaftsmigranten handelt“.
Die Zusammenarbeit werde „ein Prüfstein für die Partnerschaft“ sein, heißt es fast drohend im Gipfel-Beschluss. Wer nicht spurt, dem droht der Entzug von EU-Hilfen.
Wenig populär – nicht nur in Großbritannien – dürfte auch die neue Sicherheitsstrategie sein. Sie sieht eine engere Zusammenarbeit mit der Nato und eine massive Aufrüstung vor.
Künftig will die EU nicht nur in Europa oder in den Nato-Einsatzländern, sondern auch darüber hinaus zivil und militärisch eingreifen können. Wird die EU von der Friedens- zur Kriegsunion?
Nein, beteuern die Chefs, wir bleiben friedlich. Nein sagen sie aber auch zu einem Neustart. Kein neuer EU-Vertrag, kein Reformkonvent, auch keine Eile bei Reformen – das ist die Antwort auf den Brexit.
Zwar soll es einen “Reflexions”-Gipfel im September geben, erstmals ohne die Briten. Doch eine andere Politik ist nicht geplant. Vor allem Kanzlerin Merkel steht auf der Bremse.
Wenn die EU so weiter macht, dann wird das nichts mehr. Dann steuert sie schnurstracks gegen die Wand…
Ein Europäer
4. Juli 2016 @ 00:54
hier die Verlinkung : https://next.ft.com/content/e3b53640-4108-11e6-9b66-0712b3873ae1#comments
Ein Europäer
4. Juli 2016 @ 00:51
Oha , falls das wirklich stimmen sollte, das wäre jetzt der Knaller. Lt Financial Times Renzi könnte bald auf einen Konfrontation Kurs gegenüber Brüssels/Berlin gehen >>
Renzi ready to defy Brussels and bail out Italy’s troubled banks
Susanne
1. Juli 2016 @ 00:28
“weiter so” heißt, Herr Junker hat als einer der Mr. Karlspreis die gute Chance, das Projekt eu an die Wand zu fahren.
vercingetorix
30. Juni 2016 @ 15:16
Wer jetzt gedacht hat nach dem Brexit würde die Vernunft Einzug feiern im EU-Gebäude “Berlaymont” in Brüssel, der irrt gewaltig. Jemand wie Juncker ist überhaupt nicht fähig zum umdenken! Seht euch den doch einmal genauer an, der Mann ist ein ein Wrack! Eine Mitleid erregende Kreatur, die nicht wahr haben will, dass seine Zeit in der grossen Politik abgelaufen ist. Auch über seine skurillen Mäzchen vor der Kamera wie den Leuten an der Krawatte rumzufummeln, Küsschen für Männlein und Weiblein etc,kann kaum noch jemand lachen und wirken nur noch peinlich.
Junckers Forderung die nationalen Parlamente nicht abstimmen zu lassen für CETA, sagt doch schon alles. Undemokratisch, verschwenderisch, drohend und rechthaberisch, so wird es in Zukunft weiter gehen mit der EU. Jetzt wo ein gewichtiger “Bremser” wie das Vereinigte Königreich, nicht mehr da ist, wird alles noch schneller und noch schlimmer werden mit der EU. Mehr denn je!
Wäre die EU wirklich demokratisch, würde sie jetzt in der ganzen EU die Völker abstimmen lassen über den Verbleib ihrer Länder in der EU oder wenigstens über die zukünftige Rolle der EU.. Aber das wäre wohl das Letzte was sie tun würde!
kaush
30. Juni 2016 @ 14:08
“Die Europäische Kriegsunion”
“…Außenminister Steinmeier hat erst vor wenigen Tagen in der US-Zeitschrift “Foreign Affairs” erklärt, Deutschland sei “zu einer bedeutenden Macht geworden” und werde “sein Bestes geben”, sich auf Weltebene “so umfassend wie möglich zu behaupten”.
Der Austritt Großbritanniens, das einer vereinheitlichten EU-Militärpolitik stets klar ablehnend gegenüberstand, öffnet Berlin nun die Chance, es erneut mit der militärischen Formierung des Staatenbundes zu versuchen und so viele Mitgliedstaaten wie möglich für künftige EU-Kriege zu mobilisieren.”
http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/59398
Einen Friedensnobelpreis für das Vierte Reich…
Zum “Weiter so !?”
Die Sonnenkönige Juncker und Schulz werden abdanken. Freiwillig, oder eben mit Nachdruck. Daran besteht für mich kein Zweifel.
Wenn sie weiter vor sich hin wurschteln, wird Marine Le Pen die Wahl in 2017 gewinnen und dann hat es sich mit EU und Euro.
S.B.
30. Juni 2016 @ 10:09
“Weiter so!” hieß vor 1989 “Vorwärts immer, rückwärts nimmer!”. Ein typisches Leitmotiv für Diktaturen, welche mit dieser Alternativlosigkeit früher oder später scheitern. Im Falle der EU wird’s hoffentlich möglichst bald enden.
Skyjumper
30. Juni 2016 @ 10:02
Letztlich scheint es beim Thema CETA sehr unterschiedliche Rechtsgutachten zur Frage zu geben, ob CETA in nationale oder regionale Gestaltungsräume eingreift oder nicht. Was ich selbst bisher dazu gelesen habe scheint es mir so zu sein, dass die EU und Kanada es tatsächlich weitgehend vermieden haben Regelmechanismen im Vertragswerk einzubauen die wirklich verbindliche Festlegungen treffen. Da ist viel von Zusammenarbeit die Rede die dann in Empfehlungen an die jeweiligen Gesetzgeber münden sollen.
Ganz hat man das aber nicht durchgehalten. Die gegenseitigen Zugangsmöglichkeiten zu bisher beschränkten Dienstleistungssektoren (z.B. Telekommunikation, Finanzen, Energiewirtschaft) sind nach meinem Verständnis durchaus Eingriffe in bisher subsidiär gelagerte Entscheidungsprozesse. Auch die verbindliche Gewährung von gegenseitigen Aufenthaltsrechten für Beschäftigte scheint mir ein klarer Eingriff in nationale Zuständigkeiten. Bezogen auf DE sehe ich durchaus auch Länderrechte betroffen. In dem Fall müsste nicht nur der Bundestag zustimmen, sondern auch der Bundesrat.
Und wie schon so oft gehört in den letzten Tagen: Politisch unklug ist die Vorgehensweise allemal.
Noch wichtiger scheint mir jedoch der Bereich “Sicherheitsstrategie” zu sein.
“Nein, beteuern die Chefs, wir bleiben friedlich.”
Ja, sicher doch. Solange die jeweils “anderen” tun und machen was wir wollen. Schließlich hat man, wie Steinmeier betonte, nun einen weltweiten Gestaltungsanspruch. Bereits jetzt setzt die EU massiv ihre Wirtschaftsmacht ein (was ich auch tatsächlich in Ordnung finde) um nach dem Prinzip “Fördern und Fordern” ihre Interessen durchzusetzen. Wenn es nun aber mehr in den militärisch flankierten Drohmodus gehen soll (die Installierung der Marionettenregierung in Libyen ist bspw. so ein Fall) überschreitet das die Grenze dessen was ich gerne in “meinen Namen” veranstaltet sehe.
Abgesehen davon kostet das spez. Deutschland ein Heidengeld. Deutschland gibt bisher etwa 1,2 % seines BIP in den Verteidigungs- (Kriegs-) haushalt, etwa 32 Mrd. €. Von der Nato werden 2 % gefordert, um die Unabhängigkeit von der Nato zu erreichen wären wahrscheinlich zwischen 2,5 und 3,0 % erforderlich (übrigens das was FR [55 Mrd.] und GB [60 Mrd.] ) etwa ins Militär investieren. Bezogen auf das deutsche BIP müßte die Bundesregierung JÄHRLICH rund 45 Mrd. € mehr auf den Tisch des Krieges legen.
Dafür müßten alle, also sowohl Steuereinzahler als auch Leistungsbezieher, ganz schön bluten.
Claus
30. Juni 2016 @ 09:10
Ein „Reflexions“-Gipfel im September ohne die Briten wäre dann eine weitere irgendwie putzige Idee der EU-„Chefs“, ganz besonders im Hinblick auf die „neue Sicherheitsstrategie“. Denn dürfte man sich europäische Streitkräfte zum Schutz der persönlichen und der eigenen Familien aussuchen, stünden die britischen wohl sehr weit vorn. Hierin liegt wohl auch ein nicht unerhebliches Ungemach des Brexit aus Sicht der USA durch Störung der Wirkrichtung Washington – NATO – London – EU, oder in beliebiger anderer Konstellation der 3 Letzteren, je nachdem, wie man es nimmt.
ebo
30. Juni 2016 @ 09:14
@Claus Keine Sorge, es gibt ja nächste Woche noch den Nato-Gipfel in Warschau. Und da nimmt UK selbstverständlich teil…