War das wirklich eine klare Ansage?

Nach dem ersten EU-Gipfel ohne UK schlagen sich unsere Politiker auf die Brust: Jetzt habe man es Cameron und den Briten aber mal so richtig gezeigt und klare rote Linien eingezogen. Stimmt das?

Ja, wenn es um die vier Grundfreiheiten im Binnenmarkt geht. Kein Binnenmarkt ohne Freizügigkeit, haben die EU-Chefs den Briten gesagt – vor allem die Osteuropäer forderten diese Klarstellung.

Recht klar ist auch die Ansage, dass es keine Verhandlungen über den künftigen Status geben werde, solange kein Austritts-Antrag vorliegt. Damit wurde Camerons Salami-Taktik durchkreuzt.

Allerdings hat Cameron wohl recht, wenn er auf informelle, bilaterale Gespräche hofft. Vor allem Berlin könnte sich dazu bereit erklären; vermutlich hat er längst mit Kanzlerin Merkel telefoniert.

Und dass die Chefs überhaupt eine Binse wie die vier Freiheiten des Binnenmarkts betonen müssen , zeigt, dass sich die Rest-EU der 27 nicht einmal ihrer Grundprinzipien sicher ist.

Bleibt die Frage, ob UK nun kein Druckmittel mehr hat, und sich der EU fügen muss. Auch hier fällt die Antwort gemischt aus. Klar ist, dass es kein neues “Rosinenpicken” mehr geben wird.

Ebenso klar ist aber, dass die EU die schon gewährten Privilegien an UK nicht infrage stellt. Außerdem behält London bis zum Austritt sein Mitentscheidungs- und Vetorecht in wichtigen Fragen.

Das könnten sich die Brexiteers zunutze machen, um die EU zu erpressen. Frankreich warnte daher hinter den Kulissen, die Briten sollten sich bitteschön “loyal” verhalten.

Mein Eindruck ist, dass sich alle Seiten eine Hintertür offen gelassen haben. Der Brexit soll, wenn er denn kommt, niemandem weh tun – kein Vergleich mit dem Grexit-Drama im letzten Jahr…