Weil es Frankreich ist

Der Stabilitätspakt für den Euro ist “dumm”, wußte schon Ex-Kommissionschef Prodi. Nun stösst sich auch sein Amtsnachfolger Juncker an den deutschen Stabilitäts-Regeln – ausgerechnet wegen Frankreich.


[dropcap]W[/dropcap]eil es Frankreich ist. Mit diesem lapidaren Satz hat EU-Kommissionspräsident Juncker einen heftigen Streit um seine Amtsführung – und um den Stabilitätspakt – ausgelöst.

Gefallen ist die „petite phrase“ schon am Dienstag, in einer französischen Fernsehsendung. Er kenne Frankreich gut, dessen Reflexe, die innenpolitischen Reaktionen, sagte Juncker:

“Wir können den Stabilitätspakt nicht blind anwenden.” Deshalb habe er bisher von Strafen im Defizitverfahren gegen Paris abgesehen.

Zunächst passierte nichts. Doch nun schlägt das Interview hohe Wellen. Junckers Nachgiebigkeit schade der Glaubwürdigkeit der EU-Kommission, warnt Eurogruppenchef Dijsselbloem.

Hinter dem Niederländer steht der deutsche Finanzminister Schäuble, der sich schon mehrfach über die angebliche Nachlässigkeit der Juncker-Kommission beklagt hat.

Der eigenwillige CDU-Politiker hat sogar schon damit gedroht, die EU-Behörde zu entmachten – und Defizitverfahren an eine neue, politisch unabhängige Behörde zu delegieren.

Politik dürfe keine Rolle spielen, fordern Schäuble und Dijsselbloem – dabei hat Juncker mehrfach betont, dass er einer „politischen Kommission“ vorsteht.

Doch nun formiert sich Widerstand – und die Widersprüche häufen sich. Denn wieso nimmt Juncker auf die Wahlen in Spanien Rücksicht, nicht aber auf die Präsidentschaftswahl in Frankreich?

Der Front National greift nach der Macht

Ausgerechnet im Superwahljahr 2017 soll Paris nämlich wieder den Stabilitätspakt einhalten. “Es wird für Frankreich keine neue Frist geben”, sagt Währungskommissar Moscovici, ein Franzose.

Dabei greift der rechtsextreme Front National nach der Macht. Dessen Führerin Le Pen will nicht nur den Stabipakt, sondern gleich auch den Euro abschaffen und einen neuen Franc einführen.

Und darauf will die „politische Kommission“ in Brüssel keine Rücksicht nehmen? Das wäre aber wirklich dumm, Herr Juncker. Denn ein verschärfter Sparkurs würde Le Pen in die Hände spielen…

P.S. Übrigens verstößt auch Deutschland gegen die EU-Regeln: Seit Jahren meldet Berlin einen übergroßen – und wachsenden – Leistungsbilanzüberschuss. Doch dazu sagen Juncker und Mosco nichts – weil es Deutschland ist?