Mayday in Brüssel
Von Verhandlungen konnte man beim Brexit noch nie sprechen. Brüssel gab die Agenda vor, London hatte zu folgen. Doch das könnte Premierministerin May Kopf und Kragen kosten. Nun kam ihr Mayday.
Die Brexit-Falle ist zugeschnappt. Und alle sitzen drin – es ist wie beim Gefangenen-Dilemma. Die EU verliert, weil ihre Agenda scheitert. Und May verliert, weil sie zuhause in London unter Druck kommt.
Nun wurde der Leidensdruck zu groß. Schon vor dem EU-Gipfel ging May auf Betteltour durch die europäischen Hauptstädte, am Montag war sie zum Dinner bei Kommissionschef Juncker.
“Please, please, give my some relief” muss sie gejammert haben. Ohne EU-Hilfe könne sie sich nicht mehr lange im Amt halten, und dann würden Außenminister Johnson und andere Hasardeure übernehmen.
Juncker blieb hart, Frankreichs Macron auch. Doch Kanzlerin Merkel hat den Notruf erhört. Im Alleingang pries sie (nicht vorhandene) “Fortschritte”, selbst die Brexit-Rechnung soll kein Problem mehr sein.
Ergebnis: May muss zwar weiter auf die ersehnte 2. Phase der Verhandlungen warten. Doch die “Leader” beginnen schon mal mit den “internen Vorbereitungen”. Im Dezember soll es dann endlich losgehen.
Ob das reicht, um May vor dem Untergang zu retten, muss sich noch zeigen. Dennoch gebührt Merkel Lob: Sie hat einen Ausweg aus der Brexit-Falle gezeigt – natürlich im Interesse der deutschen Wirtschaft.
Denn die deutschen Konzerne hätten am meisten zu verlieren, wenn es zum Brexit ohne EU-Deal käme. Etliche Firmen haben schon Krisenstäbe eingerichtet – die Chefin der Deutschland AG musste handeln…
Siehe auch “Die Brexit-Falle” und einen Bericht des Telegraph, der meine These (nachträglich) belegt.
lucky
22. Oktober 2017 @ 13:01
Was hat das Gefangenen-Dilemma mit dem Fall zu tun? Hört doch mal endlich auf, mit wissenschaftliche Theorien anzuführen, wenn Ihr sie überhaupt nicht verstanden habt!
Claus
21. Oktober 2017 @ 08:19
@ebo: Die britische Handelsbilanz ist ziemlich importlastig gegenüber Deutschland und der gesamt-EU. Befürchtet die „Deutschland AG“, dass die Briten nach dem Brexit Lieferungen aus Deutschland aussperren? Keine deutschen Nobel-Karossen mehr auf Englands Straßen? Aldi und Lidl aus dem Land geworfen? Keine Rolls-Royce-Triebwerke mehr für Airbus? Das kann man sich so kaum vorstellen. Wo lauert dann die Krise?
ebo
21. Oktober 2017 @ 10:01
@Claus Wenn UK aus dem Binnenmarkt ausscheidet, dann werden wieder Zölle erhoben. Das verteuert Im- und Exporte. Wenn das Pfund weiter abschmiert, werden die Importe noch teurer…
Claus
22. Oktober 2017 @ 07:56
. . . ich denke, UK und EU haben ein starkes gemeinsames Interesse, die Dinge einvernehmlich zu regeln. Sollte es zu Zöllen in signifikanter Höhe kommen, wären wohl eher EU-Produzenten und deren Lieferungen nach UK betroffen. Ein niedriges Pfund Sterling könnte ein nützlicher Stimulus für die Reindustrialisierung Englands sein. Leidtragende sind vermutlich die Tausende von hochbezahlten “City Boys”, wenn ihre Banken und bankähnlichen Einrichtungen aus London abrücken. Sie können dann nicht mehr mit der x-ten Variante eins derivativen Geldinstrumentes auf Euro handeln oder ähnliches, realwirtschaftlich Irrelevantes tun. London wird Steuereinbußen haben, Hauspreise und Mieten in und um London könnten sich normalisieren.