Ist das jetzt die neue Ost-Partnerschaft?
Die Nato-Verteidigungsminister haben die Stationierung von je einem Bataillon in Lettland, Litauen, Estland und Polen gebilligt. Zudem haben sie den Ukraine-Präsidenten Poroschenko zum Gipfel nach Warschau geladen.
Das Treffen mit Poroschenko sei ein klares Zeichen, dass sich die Nato für die Sicherheit des Landes einsetze, sagte Nato-Chef Stoltenberg. Die von Russland verursachte Lage in der Ostukraine gebe Anlass zur Sorge.
Das ist ja nun mal lustig. Erstens ist die Ukraine kein Nato-Mitglied. Zweitens sind die Nato-Länder Mitschuld an den Spannungen in der Ukraine; sie schicken mehr denn je Waffen und Berater.
Und drittens war es doch angeblich das Ziel des freien Westens, den Kalten Krieg zu überwinden und eine neue Ost-Partnerschaft zu begründen. Die EU hat dafür sogar ein eigenes Programm aufgelegt.
Doch statt einen “Ring von Freunden” hat man einen neuen Krisenherd und eine neue Konfrontation mit Russland geschaffen, die nun auch noch militärisch untermauert wird.
Der Warschauer Nato-Gipfel könnte als Anfang einer neuen Ost-Feindschaft in die Geschichte eingehen. Und die EU könnte sich endgültig der Nato (und ihrer US-Vormacht) unterwerfen..
helmutn
15. Juni 2016 @ 21:15
Die Dussligkeit des Nemtschak ist kaum zu überbieten.USA und Krieg beenden.Sie erschaffen einen nach dem anderen.
Peter Nemschak
16. Juni 2016 @ 07:18
Irrtum: Sie haben übersehen, dass sich die USA nach einer Phase, in der sie Weltpolizist spielten – der Höhepunkt war im Afghanistan- und Irak-Krieg erreicht – zunehmend aus dieser Rolle zurückziehen und Sicherheitspolitik den Europäern überlassen (wollen). Die offensichtlichen Misserfolge ihrer Politik und die Hinwendung amerikanischen Interesses nach Asien sind deutliche Indizien für den Teilrückzug der USA aus unserer Region. Für die Ukraine oder den Mittleren Osten werden sich die USA in Zukunft ihre Finger nicht schmutzig machen und einen offenen Krieg riskieren, egal wer in Washington in Zukunft das Sagen hat. Die Konfliktausbrüche in der Ukraine und im Nahen und Mittleren Osten haben das nachlassende Interesse der USA für unsere Region in den letzten Jahren deutlich gemacht. Europa wird in Zukunft seine Sicherheitsinteressen in die eigene Hand nehmen müssen. Die Zeit des Kalten Krieges, in der sich diese mit jenen der USA deckten, ist lange vorbei.
Skyjumper
16. Juni 2016 @ 09:25
@ Peter Nemschak
Was Sie vorstehend erläutert haben ist die öffentliche Doktrin der USA, ergänzt um einige Interpretationen die allgemein zwischen den Zeilen der öffentlichen Statements herausgelesen werden. Ich glaube in diesem Fall auch tatsächlich Obama wenn er sagt dass die Zukunft der USA sich mehr im pazifischen, denn im atlantischen Bereich abspielen wird. Aber Absichten versus Handlungen?!
Noch hat Obama keine kriegerische Auseinandersetzung beendet, sehr wohl aber welche begonnen und/oder unterstützt. Libyen, Syrien, Sudan, Jemen – mehr mittlerer Osten geht kaum noch. An ihren Taten, nicht an ihren Worten muss man messen.
In der (Ost)Ukraine sehen wir einen klassischen Stellvertreterkrieg zwischen den USA und Russland. Da geben sich beide nichts und saubere Finger hat da von Anfang an auch keiner gehabt. Das es zu einer direkten Auseinandersetzung zwischen den beiden kommt ist unter halbwegs normalen Umständen weder zu erwarten gewesen, noch sollte man es zukünftig erwarten.
Das ist aber auch alles. Solange die Türkei, Georgien und Aserbeidschan sowie die Ukraine nicht endgültig filetiert sind erwarte ich auch da weitere Stellvertreterauseinandersetzungen. Auch Pakistan wird noch an die Reihe kommen und den Iran werden die USA in den nächsten 10-20 Jahren auch nicht vom Haken lassen. Einige der Auseinandersetzungen werden heißer, andere indirekter.
Bisher kann die Welt dabei sogar noch von Glück reden weil sich die Chinesen bisher noch weitgehend auf den Bereich vor der eigenen Haustür beschränken. Bzw. beschränkt werden. Die USA haben Indien nicht umsonst gerade dazu überredet mit ein paar Fregatten im südchinesischen Meer zu flanieren.
Peter Nemschak
16. Juni 2016 @ 10:13
Die Osterweiterung der EU war kein amerikanisches Begehr sondern ein zutiefst europäisches: die Wiedereingliederung der von der Sowjetunionen freigegebenen Staaten mit einem demokratischen System. Die Furcht vor der neuerlichen Annexion des Baltikums durch Russland ist berechtigt. Die Annexion der Krim war eindeutig völkerrechtswidrig. Im übrigen haben die USA der Ukraine Sicherheitsgarantien gegeben, als diese auf ihre Atomwaffen verzichtete. Ich verstehe nicht die latent oder offen amerikafeindliche Haltung vieler, die hier posten. Die USA waren, ungeachtet ihrer imperialen Ambitionen, uns Europäern seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nützlicher als Russland. Sie haben ein Wirtschaftssystem in Europa ermöglicht, das allgemeinen Wohlstand gebracht hat, auch wenn manche Egalitäre damit unzufrieden sind. In Summe haben mehre Generationen in Westeuropa gut damit gelebt.
Skyjumper
16. Juni 2016 @ 12:35
“Sie haben ein Wirtschaftssystem in Europa ermöglicht, das allgemeinen Wohlstand gebracht hat, ………… In Summe haben mehre Generationen in Westeuropa gut damit gelebt.”
Ja. Das sollte man auch nie vergessen.
“Ich verstehe nicht die latent oder offen amerikafeindliche Haltung vieler, die hier posten. Die USA waren, ungeachtet ihrer imperialen Ambitionen, uns Europäern seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nützlicher als Russland.”
Ja, da würde ich persönlich zustimmen. Allerdings gebe ich dabei 2 Punkte zu bedenken:
a) Man kann das, je nach grundsätzlicher politisch/wirtschaftlicher Einfärbung auch anders einschätzen.
b) Da sprechen wir eben über die Vergangenheit. Die USA von heute haben nicht mehr viel mit den USA von vor 40, 50, 60, 70 Jahren zu tun. Ich weiß dass Sie meine Einschätzung nicht teilen, aber ich sehe die USA auf den Weg in einen totalitären Staat. Meiner Meinung nach hätte Deutschland nach der Wiedervereinigung (und natürlich mit angemessener Schamfrist) den Weg aus der Nato raus suchen sollen und den Schulterschluß mit Russland suchen müssen. Zu Recht fürchten die USA eine solche Achse.
“Im übrigen haben die USA der Ukraine Sicherheitsgarantien gegeben, als diese auf ihre Atomwaffen verzichtete”
Woraus sich unter den gegebenen Umständen relativ schwer etwas herleiten lässt. Wenn ich es recht erinnere haben Russland, Großbritannien und die USA eine gemeinsame Sicherheitsgarantie abgegeben.
” Die Annexion der Krim war eindeutig völkerrechtswidrig.”
Das sehe ich, in dieser behaupteten Eindeutigkeit, keinesfalls. Da stochern Sie und ich mit unseren Informationsmöglichkeiten schnell im Trüben. Alles was die Krim und die Sezession/Annexion anbelangt wird von allen Seiten ein Propagandakrieg sondergleichen geführt. Ich glaube da niemanden auch nur ein Wort. Rein historisch und von der Bevölkerungszusammensetzung spricht mehr für eine Sezession als für eine Annexion. Sauber abgelaufen ist diese aber keinesfalls.
“Die Furcht vor der neuerlichen Annexion des Baltikums durch Russland ist berechtigt.”
Ja. Heute schon. Wenn Putin allerdings von vornherein eine imperiale Ausdehnung vorgehabt hätte, wäre das Baltikum das logische 1. Ziel gewesen. Dass die baltischen Staaten noch frei sind spricht m.E.n. daher dagegen. Ich schätze es so ein, dass Russland nach der stattgefundenen Entwicklung schlicht Angst hat seinerseits vereinnahmt zu werden. Wenn das so ist, was ich spekulativ annehme, hätten wir uns die neuerliche Bedrohungslage selbst eingebrockt.
Die Panikmache davor ist allerdings unangebracht. Die EU hat einen 4x so hohen Militäretat wie Russland. Atomwaffen mal aussen vor (als reine Abschreckungswaffen) ist die russische Armee heute längst nicht mehr was sie mal war. Das Verteidigungspotenial ist riesig, das Angriffspotenial dagegen relativ beschränkt.
“Die Osterweiterung der EU war kein amerikanisches Begehr sondern ein zutiefst europäisches”
Das hatte ich ja bereits in meinem ersten Post in diesen Thread geschrieben. Jedoch darf man an dieser Stelle auch wieder nicht die Vorkommnisse hinter den schwarzen Vorhängen vergessen. Die Heartland-Maxime hat in den USA immer noch viele Unterstützer.
Lina
15. Juni 2016 @ 20:28
“Und die EU könnte sich endgültig der Nato (und ihrer US-Vormacht) unterwerfen..”
Wer hat das Oberkommando?
Peter Nemschak
15. Juni 2016 @ 16:41
@ebo Was Sie sagen ist unfair gegenüber der EU. Sieht man von den Auseinandersetzungen im Osten der Ukraine und den Jugoslawienkriegen ab, die übrigens nur mit Hilfe der USA beendet werden konnten, war der europäische Raum seit 70 Jahren eine in der Geschichte noch nie dagewesene Friedenszone, zu der die EU mit ihren Beitrittsperspektiven maßgeblich beigetragen hat. Der kriegerische Aspekt des Ukrainekonflikts mit Russland wird überschätzt. Er ist zu einem eingefrorenen Konflikt geworden, bei weder Russland noch die EU Interesse hat ihn wieder voll aufleben zu lassen. Das natürliche Konkurrenzverhältnis zwischen westlicher Demokratie und autoritärem Russland hat sich nach einigen Jahren Unterbrechung wieder eingestellt, was keine Tragödie ist. Die Bedrohung der Sicherheit Europas kommt heute vornehmlich aus den Konflikten im Mittleren Osten und südlich der Sahara sowie aus der Visionslosigkeit der europäischen Politiker, die Europa in die Bedeutungslosigkeit führt.
Skyjumper
15. Juni 2016 @ 17:36
“…….die übrigens nur mit Hilfe der USA beendet werden konnten,………”
Das ist übelste Geschichtsklitterung. Auf Betreiben der USA wurde dieser Einsatz durch die Nato überhaupt erst begonnen. Es handelte sich übrigens um den ersten Angriffskrieg der Nato. Kein Bündnisfall, kein UN-Mandat. Ein reiner Interessenseingriff mit militärischen Machtmitteln und getarnt als humanistische Aktion. Nach überwiegender, wenn auch nicht unumstrittener, Rechtsauffassung der internationalen Völkerrechtler ein völkerrechtswidriges Verhalten. Wäre die Welt ein Rechtsstaat, würden Exkanzler Schröder, und die weiteren Regierungschefs, längst vom internationalen Gerichtshof verurteilt.
ebo
15. Juni 2016 @ 18:03
…und ausgelöst wurde der Krieg nicht zuletzt durch die voreilige und einseitige Anerkennung Kroatiens durch Deutschland…
luciérnaga rebelde
15. Juni 2016 @ 15:19
Zum Glück ist Putin ein recht kalter Spieler. Sein Ziel ist eher der Anschluss an China. Das ist ja auch was die NATO nervös macht…
Peter Nemschak
15. Juni 2016 @ 15:45
Die Chinesen werden das mit allen Mitteln zu verhindern wissen, das sie selbst ihren Einfluss in Zentralasien vergrößern wollen. Neue Seidenstraße nach Europa). Seit der Annexion der Ukraine sind vor allem die Balten und Polen als NATO-Mitglieder über das Verhalten Putins besorgt. Immerhin gibt es im Baltikum starke russische Minderheiten, die Putin als Vorwand für weitere Expansionen verwenden könnte. Reflexartige linke Kritik am Verhalten der NATO ist man in Europa gewohnt. Es schert aber niemanden wirklich.
ebo
15. Juni 2016 @ 15:58
Es geht um das Missverhältnis zwischen dem, was die EU angeblich erreichen wollte, und dem Ergebnis. Angekündigt wurde ein Raum des Friedens, der Freiheit und Stabilität. Stattdessen erleben wir Aufrüstung, Krieg und neue Spannungen. Die EU sollte sich klarer von der Nato absetzen, stattdessen ordnet sie sich unter.
Skyjumper
15. Juni 2016 @ 16:40
@ ebo
Inwieweit das letztlich ein Missverhältnis ist, ist noch nicht wirklich absehbar. Aufrüstung und Abschreckung hat auch in der Phase des kalten Krieges bis zur Auflösung des Warschauer Paktes für Frieden, Freiheit und Stabilität gesorgt. Klingt sehr schräg, ist aber nun einmal so gewesen.
Beunruhigender finde ich dass ich die Lage im Falle “Ukraine” anders beurteile. Hier folgte m.E.n. nicht die EU der Nato, sondern umgekehrt. Die EU bekam den Hals nicht voll, wollte unbedingt das Assoziierungsabkommen und bekam letztlich eine Situation bei der die NATO den Flurschaden einhegen musste.
Skyjumper
15. Juni 2016 @ 16:53
@ luciérnaga rebelde
“Sein Ziel ist eher der Anschluss an China.”
Das möchte ich doch sehr bezweifeln. Sicherlich wird Putin die Optionen, insbesondere auch der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, die sich in China bieten nicht ausschlagen. Sicherlich wird Putin auch versuchen die Achse China – Russland als latentes Druckmittel gegenüber der EU zu nutzen.
Aber sein Ziel ist das bestimmt nicht.
In einer Beziehung China – Russland wäre Russland der eindeutige Juniorpartner. Das ist ganz sicher kein Ziel von Putin, sondern, wenn überhaupt irgendwas, ein Notnagel. Putin strebt eine Partnerschaft und Einbindung in Europa an. In einer solchen Partnerschaft wäre Russland gleichberechtigt (mehr Bevölkerung, mehr Militär, weniger Wirtschaftskraft).
Und genau an der Konstellation sollte eigentlich auch der EU gelegen sein. Denn wenn man schon in Machtkonstellationen denkt, dann braucht die EU Russland dringend um ein Gegengewicht zur USA und China zu bilden.