London calling
Eine Woche vor dem britischen EU-Referendum stehen die Zeichen auf Sturm. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, dürfte es zum Brexit kommen. Doch wie ist die Stimmung in London – im Auge des Orkans?
[dropcap]D[/dropcap]as möchte ich selbst erkunden – und bin deshalb in die britische Hauptstadt gereist. Nach meiner Ankunft werde ich live von meinen Eindrücken bloggen (wenn das WLAN mitspielt).
Bevor es losgeht, kann ich noch einen Artikel aus dem “Cicero” empfehlen. Unter dem Titel “Das schuldige Schweigen der Europäer” spieße ich dort die Nicht-Reaktion der EU-Politiker auf.
Sie haben sich vom britischen Premier Cameron in eine Falle locken lassen, und stecken nun selber drin. Doch statt Wege und Ziele für den “Tag danach” zu benennen, geben sie den EU-Gegnern Auftrieb…
LIVE-BLOG, Start ca. 10.00 MEZ, wird regelmäßig aktualisiert – bitte öfter reinschauen…
10.00h, im Eurostar nach London. Wer von Brüssel nach London fährt, taucht in eine andere Medienwelt ein. “Panik bei den Pro-Europäern”, titelt “Le Monde”. Das genaue Gegenteil schreibt der “Telegraph” : “We’ll do better without Britain, EU leaders claim”, heißt es dort. Allerdings liefert der Autor keinen Beleg. Er zitiert nur eine mysteriöse Source”, die nichtmal hält, was die Headline verspricht. Very British…
12.00h AM Tate Gallery. Hier wird morgen der Neubau eröffnet, heute ist Schultag, closed for public! Egal, the talk of town dreht sich um die kleine Seeschlacht, die sich EU Gegner Farage und EU Anhänger Geldof gestern auf der Themse geliefert haben. And the winner is? Nobody, das war just for show!
13.00h PM Golden Square in Soho. Eigentlich soll hier eine Flugblatt Aktion des Remain Camps stattfinden. Doch davon ist nichts zu sehen, keinerlei Pro oder Contra EU Action. Nur Medien- und Modeleute, die ihren Snack nehmen. London is not burning…
16.00 AM Oxford Circus. Am Eingang zur Tube wird der London Evening Standard verteilt. Er meldet : “Surge for Brexit in dramatic poll. “ Die EU Gegner führen demnach mit sechs Punkten Vorsprung, was kaum noch einzuholen wäre. Aber kann man einem kostenlosen Blatt trauen?
18.00 AM Eben kommt die Meldung, dass die Labour-Abgeordnete Jo Cox erschossen wurde, möglicherweise von einem Rechtsextremen. Wenn das stimmt, könnte das alles ändern… Der Brexit Wahlkampf wurde schon unterbrochen!
GS
18. Juni 2016 @ 11:09
Der Polling Average der letzten Tage sieht Leave bei 48 % und Remain bei 43 %. Da hat sich das UK-Establishment wirklich gewaltig verzockt.
Es ist amüsant zu lesen, wie die Remain-Medien den Mord jetzt ausschlachten. Mich erinnert das an die deutsche Debatte in Bezug auf Einwanderung. Immer wenn etwas passiert, dürfe das nicht von den Skeptikern ausgeschlachtet werden. Es zeigt sich: Das ist alles nur dumpfes Geschwätz aus Angst vor Wählerstimmenverlust. Nichts anderes. Die Gegenseite verhält sich nämlich nicht anders, wenn es ihr in die Karten spielt.
Persönlich hoffe ich, dass die Briten uns mit den Umverteilern in Südeuropa nicht allein lassen, glaube ich aber in der Zwischenzeit nicht mehr.
Winston
18. Juni 2016 @ 11:03
Und nun kommt auch noch Renzi mit seinem Senf, der dämlicher nicht sein kann, zudem auch noch falsch. 🙂
https://twitter.com/advdesk/status/743795670268678144
Winston
18. Juni 2016 @ 10:51
1/4 Billion, nicht 1/2 Billion, sorry.
Winston
18. Juni 2016 @ 10:46
Denke wenn UK aus der EU austritt wird es nur minime Wirtschaftliche Konsequenzen haben, immer vorausgesetzt er findet geordnet statt. Sollte die EU allerdings seine Drohungen war machen, wird UK selbstverständlich reagieren, z.B mit Strafzölle und andere Massnahmen. Sollte es zu einer Krise kommen kann UK wesentlich besser darauf reagieren mit entsprechende Geldpolitische Interventionen, das ist in der EU und hier speziell in der Euro-Zone wesentlich komplexer, siehe Euro-Krise die nun schon seit 8 Jahren vor sich hin köchelt und in einigen Länder gewaltige Volkswirtschaftliche Schäden hinterlassen hat die schlimmer sind als die grosse Depression in den 30er Jahren und das verrückte ist, ein Ende ist nicht in Sicht, im gegenteil, erwarte heftige Turbolenzen im Bankensektor wenn nicht gegengesteuert wird.
Man sollte nicht vergessen das UK ein Netto Importeur ist. UK hat 2015 ein Handelsdefizit von 190 Mrd. € aufgewiesen davon 120 Mrd. allein aus der EU und hier 51 Mrd. allein aus Deutschland. In den letzten 10 Jahren hat UK fast eine halbe Billion € nach Deutschland transferiert in Form von Waren Einkäufe.
Gemäss Lissabon Vertrag Art. 50. abs. 1 kann ein EU Mitgliedstaat jederzeit die EU verlassen. Die Drohungen der EU sind absolut nicht angebracht und sind zutiefst bedenklich. Wieso sollten die Briten teile ihrer Souveränität an Brüssel abgeben die dann für sie entscheiden, weit weg vom demokratischen Prozess Britanniens.
Susanne
17. Juni 2016 @ 22:44
Ich las es im Blog…und noch eine Frage am Rande….verstehen Sie diese EU im Handeln?
Die alte eu war ein Garant für Frieden und sozialer, politischer sowie gesellschaftlicher Teilhabe. In der neuen eu sehe ich da tatsächlich enorme Verluste von Glaubwürdigkeit, was die Interpretation ehemals edler Ziele betrifft.
Ist es für Sie als Politologe eine Eu der Bürger und derem Wunsch nach Frieden? Ist es ein postdemokratisches Gefüge, um den Superstaat zu bilden…und wir müssen einfach mal x Jahre auf demokratische Teilhabe verzichten, um dem Ziel Superstaat näher zu kommen?
Ist diese neue eu auf dem richtigen Weg?
Gute Nacht, eine Pause…viele unbeantwortet Fragen. Auch ein blog kann nicht alles klären…aber, man redet
Peter Nemschak
18. Juni 2016 @ 09:29
Ich kann mir vorstellen, dass Camerons Motiv ein Referendum abzuhalten, schlicht persönlicher Machterhalt und Legitimierung durch das Volk war, nachdem er innerparteilich offenbar Akzeptanzprobleme hatte. Politisch stark hat er nie gewirkt. Tatsächliche und eingebildete Konkurrenten um die Macht finden sich immer. Eigennutz und persönliche Eitelkeit spielen bei den politischen Akteuren, welche an der Macht sind, eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Susanne
17. Juni 2016 @ 22:32
Ich frage eigentlich nach dem Sinn und Zweck der cameronschen Übung: wir machen einen Volksentscheid. Er hat sich doch dabei etwas gedacht; er rief in die Welt: die EU muss sich reformieren.
Sie sind vom Studium her Politikwissenschaftler…ist es schwer, diese Frage zu beantworten und noch schwerer in Folge die Unterstützung von Angela Merkel zu transportieren?
Ist die Reformierung der EU nun flach gefallen…gibt es diese m.E. notwendige Reformierung nicht mehr nach dem Referendum?
ebo
17. Juni 2016 @ 22:35
Das ist eine lange Geschichte, dazu steht viel in diesem Blog…