Austerität heißt jetzt „Reform“
Auf dem letzten Höhepunkt der Griechenland-Krise im Jahr 2015 wurde die Troika umgetauft – in „die Institutionen“. Nun wiederholt sich die Geschichte: aus Austerität wird „Reform“. Orwell lässt grüßen.
Wie es dazu kam? Nun, obwohl die griechische Kolonie das Plansoll der „Institutionen“ 2016 übererfüllt hat, verlangen die Gläubiger neue Opfer. Renten kürzen, Arme besteuern, das ganze Programm.
Das ist harte Austerität, was sonst? Doch weil das unschön klingt – und Premier Tsipras verkündet hat, er wolle keinen einzigen Euro zusätzlich „sparen“ – einigte man sich auf die neue Sprachregelung.
Griechenland muss neue Einschnitte vornehmen, „darf“ dafür aber Geld verteilen, wenn die Planziele weiter übererfüllt werden. Die Eurogruppe „verlangt“ keine neue Kürzungen, sondern „nur“ Reformen:
“There will be a change in the policy mix, if you will, moving, perhaps, away from austerity and putting more emphasis on deep reforms.”
So drückte es Eurogruppenchef Dijsselbloem aus. Auf dem „Reform“programm stehen u.a. leichtere Massenentlassungen, weniger Tarifbindung, noch mehr Privatisierungen etc. pp.
Das ist schon nicht mehr postfaktisch, sondern nur noch zynisch. Zudem liegt die Last der Umsetzung allein bei Athen. Die Troika (pardon: die Institutionen) plant/en schon die nächste Kontroll-Misison.
Und wenn die Kolonie nicht spurt und sich kaputtspart – pardon: „reformiert“, dann gibt es keine neuen Hilfskredite. Damit bleibt uns auch die Debatte um Staatspleite und Grexit erhalten, bravo…
Lina
21. Februar 2017 @ 16:21
Und noch was, was manche gerne vergessen (machen) wollen :
#thegreekfiles
„Im Juni 2015 führte die neu gewählte griechische Regierung angespannte Verhandlungen mit ihren Gläubigern (der ‘Troika – EZB, EU-Kommission und IWF). Sie tat, wofür sie gewählt worden war: die Schulden des Landes, die Steuerpolitik und die Reformagenda neu verhandeln und die Bevölkerung vor den Härten des strengsten Sparprogramms der Gegenwart zu retten.
Die Troika wusste, dass nur ein bedrohlicher Schritt die griechische Regierung zur Kapitulation zwingen konnte. Den ging sie über die EZB: alle griechischen Banken wurden zur Schließung gezwungen und damit die auch die griechische Regierung – gegen ihren demokratisch erteilten Auftrag – dem dritten ‘Rettungspaket’ zu zu stimmen. Inklusiven neuen Sparmaßnahmen und Einschränkungen in der staatlichen Unabhängigkeit.
Allerdings fürchtete die EZB die rechtliche Fragwürdigkeit der Maßnahmen, mit denen sie den Widerstand der griechischen Regierung brechen wollte. Sie gab ein Rechtsgutachten in Auftrag, das die Legalität ihrer Entscheidungen prüfen sollte. #TheGreekFiles enthalten diesen juristischen Befund des Gutachters.
Im Juli 2015 bat Fabio De Masi, deutsches MdEP, Mario Draghi um Veröffentlichung des Gutachtens .
Draghi lehnte dies ab und schob die Vertraulichkeit zwischen Anwalt und Klient vor. Offensichtlich enthalten #TheGreekFiles Dinge, die nicht öffentlich werden sollen..“
https://diem25.org/thegreekfiles-de/
Peter Nemschak
21. Februar 2017 @ 18:13
Sie bestätigen, dass über kurz oder lang ein Austritt Griechenlands aus dem Euro unvermeidlich ist. Ewig werden die Gläubiger nicht zuschauen.
Olli
22. Februar 2017 @ 08:22
Sie schauen jetzt schon 8 (ACHT) Jahre zu, um dann entnervt aufzugeben ?
Das glauben Sie doch selbst nicht, Sie Witzbold.
Lina
21. Februar 2017 @ 16:06
P.S.
Wär‘ ich Schäuble/Merkel, ich würde die AfD erfinden, um von mir abzulenken.
😉
Lina
21. Februar 2017 @ 15:58
Tja….so ist es, das deutsche Europa.
„Die linken Griechen“ quälen und „den Erdogan-Türken“ in den A… kriechen.
Peter Nemschak
21. Februar 2017 @ 12:05
@ebo Das verlange ich nicht. Nur, die Konsequenz des griechischen Gesellschaftsmodells wird der Austritt aus dem Euro sein.
S.B.
21. Februar 2017 @ 10:58
„Kolonie“ ist der absolut zutreffende Ausdruck im Verhältnis EU-GR. Hier in Form indirekter Herrschaft, die sich auf bestehende Machtstrukturen stützt, also die innere Selbstverwaltung formal beibehält. Dies beeinträchtigt die Herrschaftstradition und kulturelle Identität der Bevölkerung weniger als im Fall der direkten Herrschaft und erhöht so die Akzeptanz der von außen (= EU) oktroyierten Maßnahmen.
Kolonialismus war übrigens eine erste Stufe der Globalisierung. Offenbar ist diese immer noch aktuell. Und das sogar in den eigenen „europäischen Reihen“. Schön, wenn man das mal so klar vor Augen geführt bekommt. Die Globalisierung wird mir von Tag zu Tag sympathischer – IRONIE AUS!
Peter Nemschak
21. Februar 2017 @ 10:44
Hören wir doch endlich mit der alten Leier des Kaputtsparens auf. Was die Arbeitsmarkt- und Pensionsreform betrifft , ist Griechenland nach wie vor im Verzug. Wer es nicht glaubt, der lese in der heutigen NZZ „Der Arbeitsmarkt, ein griechisches Trauerspiel“. Der griechische Arbeitsmarkt gehört zu den ineffizientesten in der EU, gefolgt bloß von Italien.Ich bleibe dabei: wir werden in den nächsten 2 Jahren einen GREXIT samt teilweisen Schuldenerlass sehen, un die EU wird dabei nicht untergehen.
ebo
21. Februar 2017 @ 10:53
Hölen Sie endlich mit ihrem Reformfetischismus auf. Wo es keine Arbeit gibt, kann es auch keinen guten Arbeitsmarkt geben. Wo alles kaputt gespart wird, veramen die Menschen, siehe hier: http://www.reuters.com/article/us-eurozone-greece-poverty-idUSKBN15Z1NM
Peter Nemschak
21. Februar 2017 @ 11:21
Hat die NZZ unrecht? Warum zieren sich internationale Unternehmen in Griechenland zu investieren? Egal, ewig wird es so nicht weiter gehen. Griechenland wird nicht mehr lange im Euro zu halten sein. Auch ohne Euro wird Griechenland nicht über die wirtschaftliche Schwelle eines Entwicklungslands hinauskommen, wenn es nicht grundlegend sein Gesellschaftsmodell ändert. Ob es dies kann, darüber bestehen berechtigte Zweifel.
ebo
21. Februar 2017 @ 11:39
Jetzt sind Sie im Bereich der Political Fiction angekommen. Griechenland soll sein Gesellschadtsmodell ändern? Warum sollen die Griechen nicht auf den Mond auswandern?