Wegen Kritik an Israel: Habeck “cancelt” Portugal
Während sich Frankreich für eine Waffenruhe in Gaza einsetzt und Belgien über Sanktionen gegen Israel nachdenkt, sagt Wirtschafts-Minister Habeck eine Reise nach Portugal ab. Der Grund: Kritik an Israel!
Die Nahost-Debatte läuft in Deutschland völlig anders als im Rest der EU. “Deutschland isoliert sich”, schrieben wir in diesem Blog, nachdem Berlin beim EU-Gipfel in Brüssel alle Rufe nach einer Waffenruhe in Gaza abgeblockt hatte.
Nun erreicht die Isolierung ein neues Level – den Austausch auf Regierungsebene. Wirtschaftsminister Habeck hat eine Reise zu einer Konferenz in Portugal gestrichen, weil dort angeblich antisemitische Umtriebe drohen.
Der Hintergrund: Der Geschäftsführer des Web Summit, an dem Habeck teilnehmen wollte, hatte mit Äußerungen zum Gazakrieg eine Kontroverse ausgelöst und war daraufhin zurückgetreten.
Cosgrave hatte auf X (vormals Twitter) den Kurs der israelischen Regierung kritisiert und unter anderem geschrieben: “Kriegsverbrechen sind Kriegsverbrechen, selbst wenn sie von Verbündeten begangen werden.“
Dies und der überraschende Rücktritt des portugisischen Regierungschefs Costa habe Habeck zur Absage bewegt, heißt es in Berlin. Dabei spricht sogar die Uno von Kriegsverbrechen durch Israel!
In Belgien denkt man deshalb sogar über Sanktionen nach. Derweil fordert Frankreichs Staatschef Macron auf einer Gaza-Hilfskonferenz in Paris eine humanitäre Pause und Waffenruhe in Gaza.
Muß Habeck als Nächstes auch eine Reise nach Paris canceln?
Arthur Dent
10. November 2023 @ 15:46
“Zwei-Staaten-Lösung” – ist quasi “magisches Denken”, nächste Ausfahrt Utopia.
“Der (orthodoxe) Islam” verfolgt im Wesentlichen das Ziel, andere Religionen auszuschalten und die ganze Welt unter die Umma (islamisch-theokratische Herrschaftsform) zu bringen. Auch Israel betrachtet ihr Staatsgebiet als Heiliges Land. “Zwei-Staaten-Lösung” ist wie die Quadratur des Kreises.
Monika
10. November 2023 @ 11:49
Eher “hell freezes over” als dass sich in Deutschland Bürger*innen gegen die “ihnen auferlegte Regierung” positionieren, oder gar auflehnen. Selbstgeißelung ist wokes en vogue ( wir leben doch in einer Demokratie, wer hat sie denn gewählt? …) Und “medial” bildet die wertebasierte Ordnung ja die Speerspitze “des Guten”.
Obwohl alle von unserem recht stabilen und argumentationsstarken Kreis hier von dieser Art Gutem längst ziemlich A ngewidert bis Z ermürbt sind. Was tun außer verzweifeln, denn diesen Sieg eines verlogenen Moralismus will ich mir nicht erlauben.
Das Schlimme ist, dass man im persönlichen Kleinen plötzlich die aggressiven Triebfedern – auch bei den großen derzeitigen Krisen – beinahe körperlich nachspüren kann. Sich eigentlich nur noch wundert, wie alles so lange so “ruhig” unter dem Teppich Platz hatte.
Arthur Dent
10. November 2023 @ 11:31
@ebo
Sorry, war missverständlich. KK hatte den Globalen Süden ins Spiel gebracht, darauf war meine Erwiderung gemünzt. 🙂
Arthur Dent
10. November 2023 @ 10:14
Die Ausgangssituation des jetzigen Konflikts war das wahllose Niedermetzeln von Zivilisten am 7.10. durch die Hamas und nicht der 14.Mai 1948.
Und der “globale Süden” sollte anfangen, seine Probleme selbst zu lösen und nicht dauernd Geldleistungen des Westens erwarten. Deutschland leistet jährlich rund 80 Millionen Euro humanitäre Hilfe für Gaza und Westjordanland. Wurde dieses nochmal um 50 Millionen aufgestockt. Ich finde, der “globale Süden” übernimmt einfach mal die Beträge, dann kann er kritisieren – ansonsten reicht ein einfaches Danke.
ebo
10. November 2023 @ 10:28
Portugal liegt nicht im globalen Süden, sondern in der EU. Habeck beugt sich bei seiner Absage offenbar Druck aus Israel, das kein EU-Mitglied ist.
Stef
10. November 2023 @ 11:42
Habeck und die anderen Mitglieder der Ampel haben inzwischen ja viel Übung beim Verbeugen vor dem politischen Willen anderer Staatsführungen…
KK
10. November 2023 @ 14:36
„Die Ausgangssituation des jetzigen Konflikts war das wahllose Niedermetzeln von Zivilisten am 7.10. durch die Hamas und nicht der 14.Mai 1948.“
Der Ausgangspunkt jedweden Konflikts [in Israel/Palästina] ist die Nichtumsetzung des UN-Teilungsplans von 1947 (UN-Resolution 181/II) und die seitdem bestehende hartnäckige Weigerung Israels (in Komplizenschaft mit den USA, die durch ihr Veto im SC jede Zwangsmassnahme verhindern), die auch in weiteren Vereinbarungen festgelegte Zwei-Staaten-Lösung umzusetzen. Sich sogar stattdessen immer mehr des den Palästinensern vorbehaltenen Landes unter den Nagel zu reisst.
Arthur Dent
9. November 2023 @ 22:45
Es gibt keine Wagenknechtpartei. Über den Anteil von Wählerstimmen zu spekulieren hat was von Scholastik. Und politisch links im Sinne von Karl Marx ist in Deutschland niemand. Und das ist auch gut so.
european
10. November 2023 @ 10:25
@Arthur Dent
Natürlich gibt es die Wagenknecht-Partei noch nicht, aber zumindest Eckpunkte, wofür diese Partei stehen wird. Von Marxismus kann ich darin nichts lesen, eher etwas von solider sozialdemokratischer Politik.
Wahlumfragen sind immer nur eine Momentaufnahme. Völlig klar. Interessant ist jedoch, wer demnach die stärksten Verluste erleiden wird, wenn diese Partei an den Start geht. Man darf gespannt sein, wie sich die Lage entwickelt. Die aktuelle politische Landschaft hat jedenfalls fertig und das ist nicht gut für Land und Leute.
Godfried van Ommering
9. November 2023 @ 20:29
In schönen Sälen von Versailles (?) kommt die politische Elite zusammen für eine Geberkonferenz für Gaza…Teuflisch ist die Gewalt von jeder Seite, teuflisch ist der Zynismus der Wohltätigkeit während zu gleicher Zeit eine Wust von Bomben Menschenleben völlig zerstört. „Wir halten Geberkonferenz, vorzüglich bewirtet übrigens, den Krieg möchten wir nicht wirklich beenden, wie könnten wir auch? Das forderte ja Grundsätzliches von uns, Taten, unmissverständliche konsequente Politik, die Israel zwingt das Morden und Zerstören zu beenden! Undenkbar! Aber stattdessen werden wir wiederum die Milliönchen versprechen!“ Hilfe für Gaza! Geld! Vollkommener Bankrott der Politik.
Godfried van Ommering
9. November 2023 @ 16:39
Aber Frau Baerbock reist, und zwar nach Israël, und das könnte sie gleich unterlassen, denn, hätte sie etwas Ernsthaftes, Dringliches, politisch Bedeutendes zu vermitteln, dann könnte sie daß sofort vom Auswärtigen Amt in Berlin aus vermitteln, dazu gibt es ja „die modernen Kommunikationsmittel“. Aber diese Reisen dienen statt echter Politik; man führt etwas vor, daß auf Tatkraft schließen sollte, wußten wir nicht daß es dazu dient Zeit zu gewinnen, um Israels Militär gewähren zu lassen. Ebenso die Reise, gestern, des niederländischen Herrn Rutte, um mit Freund Netanyahu reden zu können und ihn um „proportionalen Gewalt“ in Gaza bitten. Ich hasse diese verhüllenden, verlogenen Redeweisen, und dann: angesichts dessen was schon von Israel „ mit größtem Sorgfalt keine Zivilisten zu schädigen“ angerichtet worden ist! Aber unsere „Politiker“ kommen in den Medien damit ganz gut weg: sieht doch wie sie sich bemühen, wie sie reisen und reden. Ach, und nun hat der Stoltenberg auch humanitäre Pausen gefordert, Gütesiegel der NATO! Und Frankreich! Während die Menschen in Gaza gnadenlos bombardiert werden einen Friedenskonferenz halten. Nicht politisch maximalen Druck auf Israels Regierung ausüben, nein, konferieren! Mit dem Geldbeutel rasseln! Ich erblicke nur schlimme Darsteller einer Art „Humanität“, wie sie von der VS und der NATO auf den Flügeln der F-16 und F-35 weltweit verbreitet wird. Rutte leistet Vorarbeit für seinen nächsten „Job“.
KK
9. November 2023 @ 23:17
„Aber Frau Baerbock reist…“
Ja, sie will im Nahen Osten „diplomatisch vermitteln“. Ausgerechnet!
Die Frau nimmt doch da unten (im „globalen Süden“, also den Resten vom Westen der Welt) sowieso keiner mehr ernst. Da kann man auch einen Elefant Inventur im Porzellanladen machen lassen.
Annette
10. November 2023 @ 10:44
Hallo Herr von Ommering,
Sie irren sich. Israel schont keine Zivilisten, sondern geht nach der Methode der Nakba von 1948 vor, als die zionistische Terrororganisation Irgun von Ben Gurion das arabische Land “säuberte”: töte einige Tausend auf bestialische Weise und Millionen werden Angst bekommen und fliehen. Hat damals funktioniert und wird auch heute wieder funktionieren. Man braucht nur ein paar Bomben mehr auch Hochhäuser fallen zu lassen. Diesem Ziel dient auch die Feuerpause von ein paar Stunden am Tag. Wer dann noch bleibt, hat eben Pech gehabt, aus Sicht der Israelis. Euphemistisch heißt das “Evakuierung” oder “Rettung der Zivilbevölkerung”. Das ist nichts anderes, als was die Russen auch gemacht haben und es wurde als ganz schlimme ethnische Säuberung vom Westen kritisiert. Hier dient es ebenso einer ethnischen Säuberung.
Ich hoffe sehr, dass die Bundesregierung endlich auf ihre Ankündigung auch Taten folgen läßt: keine Lösung ohne die Palästinenser! Keine Siedlungen in Gaza! Aber ich bin da nicht sehr optimistisch.
Im übrigen würde ich der Regierung in der Westbank raten, schon mal vorsorglich Notvorräte für die Versorgung der Bevölkerung anzulegen. Da könnte der Krieg nämlich nach Beendigung des Gazabombardements auch wieder losgehen.
european
9. November 2023 @ 15:26
Es wird wirklich Zeit, dass diese Regierung abgesetzt und diese Politik ohne Sinn und Verstand, dafuer aber nach Gutduenken beendet wird. Eigentlich sollte man nicht einmal mehr warten, bis diese Legislaturperiode zu ende ist. Es ist das nackte Grauen zu beobachten.
Interessant ist die aktuelle Sonntagsfrage fuer Brandenburg.
https://youtu.be/WRtX6YobVuM?feature=shared
Demnach kaeme die Wagenknecht-Partei aus dem Stand auf 21.5 Prozent, gleichauf mit der SPD, die AfD wuerde 10% verlieren, Gruene raus, Gelbe raus, Linke so gerade noch drin.
KK
9. November 2023 @ 16:55
„Demnach kaeme die Wagenknecht-Partei aus dem Stand auf 21.5 Prozent, gleichauf mit der SPD, die AfD wuerde 10% verlieren, Gruene raus, Gelbe raus, Linke so gerade noch drin.“
Wenn GRÜN und GELB raus wären, könnten die 43% von SPD und BSW für eine Sitz-Mehrheit reichen (ich fürchte, die LINKE würde aus Prinzip eher eine rote Regierung platzen lassen als ausgerechnet dem BSW eine stärkere Rolle in einer Regierung zuzubilligen als ihr selbst); vielleicht würde so die SPD wieder raus aus der neoliberalen und rein in die soziale Spur kommen.
KK
9. November 2023 @ 14:22
Kann es sein, dass politische Diskurse nur noch unter Gleichgesinnten geführt werden und andere Meinungen noch nicht mal mehr gehört werden wollen? Wie soll so Demokratie funktionieren?
Solche Minister sollten selbst aus der Regierung gecancelt werden, denn sie stehen offenbar nicht mehr auf dem Boden unserer FDGO!