Wahlumfragen: Eine halbherzige Wechselstimmung

Drei Wochen vor der Bundestagswahl ist “Genosse Trend” zurück. Nicht nur SPD-Kanzlerkandidat Scholz liegt vorn, auch seine Partei stabilisiert sich in den Umfragen. Kommt doch noch Wechselstimmung auf?

Nein, würden die Grünen sagen. Denn aus ihrer Sicht steht nur Baerbock für einen “Neuanfang”. Sie setzen voll auf das Thema “Klimakrise” – und da sieht der SPD-Mann eher schwach aus.

Doch das Klima scheint für viele Deutsche nicht mehr die größte Sorge zu sein. Folgt man dem ZDF-Politbarometer, dann kommt “soziale Gerechtigkeit” als Erstes, erst danach die Umwelt.

Erstaunlich ist das im Grunde nicht. Die Klima– und die Coronakrise schüren soziale Ängste. Auch die rasant steigenden Benzin- und Energiepreise und die Rückkehr der Inflation machen Angst.

In Sozialfragen hat jedoch der Sozialdemokrat Scholz die größte Kompetenz. Auch die Linke kann hier punkten. Ihr Wahlprogramm verspricht sogar die größten Entlastungen für Geringverdiener.

Doch rund die Hälfte der Wähler ist gegen “R2G”, also ein SPD-Bündnis mit Linken und Grünen. Auch Scholz will dies nicht – deshalb baut er das Bekenntnis zur Nato als (künstliche) Hürde auf.

Der Kandidat der Genossen umwirbt – genau wie Baerbock – vor allem die Mitte. Er hat sogar schon Rhetorik und Gestus der scheidenden Kanzlerin Merkel übernommen, wie sich beim ersten Triell zeigte.

Ich würde daher von einer widersprüchlichen, halbherzigen Wechselstimmung sprechen. Die Deutschen wollen mit der Merkel-Ära brechen, viele wollen auch einen Neuanfang. Doch es soll sich nichts ändern – oder?

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P.S. Am Montag reist Scholz nach Paris, wo er mit Präsident Macron über die Klimapolitik spricht. Am Mittwoch wird auch Laschet in Paris erwartet. Nur Baerbock hat keinen Termin – immer noch nicht. In Frankreich ist das schon negativ aufgefallen…