Streit über Palästina-Politik, Selenskyj greift durch – und Fischbrötchen für Macron

Die Watchlist EUropa vom 10. Oktober 2023

Die EU hat ihre Hilfszahlungen für die palästinensischen Gebiete gestoppt – oder doch nicht? Alle Zahlungen seien mit sofortiger Wirkung ausgesetzt, erklärte Erweiterungskommissar Varhelyi. Alle Projekte würden überprüft. Es geht um Hilfsgelder in Höhe von knapp 700 Mill. Euro.

Doch kaum dass der Ungar gesprochen hatte, kam Widerspruch aus Spanien, das derzeit den EU-Vorsitz innehat. Die Entscheidung sei ohne Rücksprache mit den Außenministern getroffen worden, verlautete aus Madrid.

Auch EU-Außenkommissar Borrell, ein Spanier, legte sein Veto ein. Über das Thema müsse bei einem kurzfristig anberaumten Krisentreffen der EU-Außenminister am Dienstag in Muskat (Oman) diskutiert werden.

“The suspension of the payments – punishing all the Palestinian people – would have damaged the EU interests in the region and would have only further emboldened terrorists”, erklärte Borrell.

Kurz danach hieß es “Kommando zurück” in Brüssel. Kommissionschefin von der Leyen ordnete eine “dringende Überprüfung” aller Zahlungen an – dementierte aber einen sofortigen Zahlungsstopp.

Chaos in der Kommission

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In der Praxis läuft es jedoch auf dasselbe hinaus – da ohnehin keine EU-Zahlungen geplant waren. Offenbar herrscht Chaos in der Kommission – die Leidtragenden sind in jedem Fall die Palästinenser.

Der Zahlungsstopp trifft Palästinenserführer Abbas und andere, eher gemäßigte Politiker, die auf Kriegsfuß mit Hamas stehen. Wenn er Bestand hat, wird das gesamte palästinensische Volk gestraft.

Im Gaza-Streifen, den die Hamas beherrscht, hat die israelische Armee bereits Strom und Wasser abgestellt und sogar eine Total-Blockade angekündigt. Nun sollen wohl auch die Palästinenser im Westjordanland leiden.

Es ist eine Kollektivstrafe, vor der sogar die Uno warnt. “Ich bin zutiefst beunruhigt über die heutige Ankündigung, dass Israel eine vollständige Belagerung des Gazastreifens einleiten wird”, erklärte Generalsekretär Guterres.

Die EU sagte dazu – nichts. Sie war gestern abend noch vollends damit beschäftigt, den innereuropäischen Streit über die Finanz-Sanktionen zu vertuschen…

Siehe auch Hamas-Angriff: Die Vorgeschichte und die Reaktion der EU

P.S. Nach Spanien hat sich auch Frankreich gegen einen Stopp aller #EU-Hilfen für Palästina ausgesprochen. Man halte nichts davon, Hilfen einzustellen, welche den Menschen direkt zugute kämen, heißt es in Paris. Peinlich für VDL und die EU-Kommission!

News & Updates

  • Selenskyj wechselt Kommandeur aus. In der Ukraine ist zum zweiten Mal seit Beginn des russischen Einmarsches der Kommandeur der Gebietsverteidigungskräfte ausgewechselt worden. Präsident Selenskyj setzte Generalmajor A. Barhylewytsch als neuen Chef ein. – Mehr zu den Säuberungen hier
  • Regierungswechsel in Luxemburg. Der luxemburgische Premier Bettel hat den Rücktritt seiner Regierung verkündet. Er hatte zuvor eine Wahlschlappe erlitten. Auch die Grünen verlieren – ganz ähnlich wie in Deutschland. Mehr im Blog
  • Nordstream: Spur nach Russland? Bisher galten polnische Behörden als wenig kooperativ in den Ermittlungen zu den Explosionen, die im September 2022 die Gaspipelines zerstörten. Nun liefern sie plötzlich Namen, die nach Russland deuten sollen. – Mehr in der “Süddeutschen”

Das Letzte

Scholz will Macron mit Fischbrötchen ködern. Die berühmt-berüchtigte Hamburger Spezialität stand auf dem Menü des Besuches, den der französische Staatschef derzeit in der Hansestadt absolviert. Anlaß war eine gemeinsame Klausurtagung der Regierungen Deutschlands und Frankreichs. Sie sollte dazu dienen, “Nähe herzustellen”. Dies ist Kanzler Scholz in den ersten zwei Jahren seiner Amtszeit indes ebenso wenig gelungen, wie das Vertrauen der deutschen Bürger zu gewinnen. Deutsch-französische Probleme gibt es u.a. in der Energiepolitik, bei der Rüstung und bei den EU-Schuldenregeln…