Unser arroganter Blick auf die Briten

Wie geht es weiter beim Brexit? Darüber müssen ‚mal wieder die Staats- und Regierungschefs der EU entscheiden. Müssen sie das wirklich? Oder steckt vielleicht schon in der Frage eine gehörige Portion Arroganz?

Diesen Eindruck vermitteln nicht nur die deutschen Talkshows, in denen selbsternannte Experten fast schon mitleidig auf die früher mal tollste Demokratie der Welt hinabblicken. Die kriegen nix gebacken, heißt es da gern. Die wissen nicht, was sie wollen, und können nur „No“ sagen. Jetzt müssen wir ihnen auch noch sagen, wie es weiter geht – usw. usf.

Arroganz pur – denn natürlich wissen die britischen Abgeordneten sehr genau, was sie wollen: Den EU-Austrittsvertrag aufschnüren und den Backstop für Irland ändern.

Doch die EU sagt „No“. Sie ignoriert auch die Wünsche von Premierministerin Theresa May. Sie fordert nun schon zum zweiten Mal, die Deadline für den Brexit auf den 30. Juni zu verlängern.

Doch die EU-Chefs wollen sich wieder darüber hinwegsetzen. Sie bringen monate- und jahrelange Verlängerungen ins Spiel – ganz so, als müssten sich die Briten erst einmal sammeln.

Müssen sie das? Mag sein – doch das Urteil darüber steht nicht uns zu, sondern einzig und allein den Briten. Wenn die EU vorgibt, besser zu wissen, was gut für UK ist, dann ist sie ziemlich arrogant.

Denn schließlich weiß die EU nicht einmal, was für sie selbst gut ist. Wollen wir wirklich, dass die Briten an der Europawahl teilnehmen? Ist es in unserem Interesse, den Brexit hinauszuzögern, vielleicht gar zu verhindern?

Ratspräsident Donald Tusk möchte den Brexit am liebsten ungeschehen machen, Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron will ihn schnellstmöglich hinter sich bringen.

Eine gemeinsame Strategie gibt es nicht, wird es wohl nie geben.

Nicht einmal eine offene Aussprache über die Gründe für den Brexit haben die EU-Chefs bisher gewagt. Eigenes Versagen und strukturelle Probleme der EU-Politik wurden ignoriert, Reformen verschleppt.

Stattdessen soll UK nun noch mehr gedemütigt werden – mit neuen Auflagen für den neuen Aufschub beim Brexit. Die Briten sollen zwar noch EU-Abgeordnete wählen, danach aber nichts mehr zu melden haben.

Damit wollen die EU-Chefs die Union schützen, sagen sie. In Wahrheit schützen sie nur ihre eigene Macht – und offenbaren ein weiteres Mal ein gehöriges Maß an Arroganz…

Mehr zum Brexit hier