Krieg auf allen Kanälen

Wer heute die Zeitungen aufschlägt, wähnt sich im Krieg. Ob in Deutschland, Frankreich oder Belgien – viele Medien machen mit der angeblich unvermeidlichen militärischen Konfrontation in der Ukraine auf.

Beim Frühstück bin ich fast vom Stuhl gefallen. Denn es herrscht Krieg auf allen Kanälen. Die “taz” macht mit einer Ukraine-Flagge auf, in “Libération” sehe ich einen Panzer “face à la guerre”, im belgischen “Soir” sitzen wir im Schützengraben “am Rande des Krieges”.

Bei “Politico” wurde gleich das gesamte Layout verändert – und Platz für die martialische Schlagzeile geschaffen: WESTERN COUNTRIES SCRAMBLE RESPONSE AS RUSSIA SENDS TROOPS INTO BREAKAWAY UKRAINE REGIONS.

Was ist denn da los? Ist Russland schon einmarschiert? Nein, das sei “noch ungewiss”, sagt sogar die britische Außenministerin Truss, gewiss keine Taube. Wenn überhaupt, dann ginge es um russische Truppen im Donbass.

Doch selbst wenn diese vordringen sollten, droht kein Krieg mit Russland. Denn die USA, die Nato, UK und alle anderen Alliierten haben wiederholt erklärt, dass sie die Ukraine nicht militärisch verteidigen werden. Sie werden tatenlos zusehen.

Was jetzt passiert bzw. passieren könnte, sollte nicht mit militärischer, sondern ökonomischer Abschreckung verhindert werden – die berühmten “massiven” Sanktionen. Doch das hat nicht funktioniert. Ist deshalb die Angst so groß?

Oder liegt es wieder mal an US-Präsident Biden, der von einer “Invasion” in die Ukraine spricht? Ähnliche Ankündigungen macht er schon seit Wochen, bisher ist noch kein Schuß gefallen – zum Glück.

Daher sollten wir auch keinen Krieg herbeireden. Die rhetorische Eskalation trägt nicht zur Entspannung bei – ganz im Gegenteil…

Siehe auch “Die Abschreckung hat versagt” und “Nun eskalieren die USA”

P.S. Dieser Beitrag wurde am Tag vor Beginn des russischen Angriffs veröffentlicht.