Die Abschreckung hat versagt
Nun ist er da, der Ernstfall in der Ukraine. Nur völlig anders, als von den USA und der Nato vorhergesagt. Kremlchef Putin hat die Unabhängigkeit der Separatisten-Gebiete in der Ostukraine anerkannt und Abkommen zur Unterstützung der pro-russischen Rebellen unterzeichnet.
“Ich halte es für notwendig, eine längst überfällige Entscheidung zu treffen, nämlich die Unabhängigkeit und Souveränität der Volksrepublik Donezk und der Volksrepublik Luhansk unverzüglich anzuerkennen”, sagte Putin am Montagabend in einer im Staatsfernsehen übertragenen Rede.
Der Kosovo-Trick
Damit ist der Kosovo-Trick aufgegangen, den wir in diesem Blog bereits letzte Woche beschrieben hatten. Putin nimmt sich ein Beispiel an der ehemaligen serbischen Provinz und erkennt nach Unabhängigkeit strebende Gebiete an – angeblich, um einen “Völkermord” zu verhindern.
Was wird er als Nächstes tun? Lässt er die russische Armee einmarschieren? Verleibt er Russland auch diese Gebiete ein? Oder nutzt er Doneszk und Luhansk, um die Ukraine anzugreifen, der er ja nun ungeniert das Existenzrecht bestreitet? Ist das der Auftakt zu einem Krieg – oder das vorläufige Ende?
Wir wissen es nicht. Klar ist nur, dass die Abschreckung mit Sanktionen, die die USA und die EU seit Wochen propagieren, krachend gescheitert ist. Putin ließ sich davon nicht beeindrucken – wohl wissend, dass die Strafen ohnehin kommen würden (da lag er wohl gar nicht so falsch).
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Thomas Damrau
24. Februar 2022 @ 12:14
Es hat nicht nur die Abschreckung versagt. EU und NATO haben sich in eine Sackgasse manövriert, aus der sie nur schwer herauskommen werden. Putin schafft Fakten, die er nur rückgängig machen kann, wenn die NATO auf seine Forderungen eingeht. Dies kann die NATO nur unter Gesichtsverlust tun. 1914 lässt grüßen.
Wie ist es dazu gekommen? Die Europäer haben sich von den USA in ein politisches Abenteuer ziehen lassen. Die Amateur-Strategen in Washington sind dafür bekannt, dass sie von falschen Annahmen ausgehen und keinen Plan B haben, wenn sich die Annahmen als falsch erweisen:
• Vietnam: „Die Schlitzaugen werden schnell klein beigeben, wenn wir unsere hochgerüsteten Truppen dort hinschicken.“
• Iran: „Der Schah hat eine loyale und hochgerüstete Armee, so dass er jeden Widerstand der Bevölkerung ersticken kann.“
• Afghanistan I: „Wenn wir die Taliban mit Waffen versorgen, werden sie die Russen aus dem Land vertreiben und sich dann freudig der westlichen Wertegemeinschaft anschließen.“
• Irak I: „Wir haben Saddam Hussein so hochgerüstet, dass er den Iran in Null-Komma-Nix an die Wand drücken wird.“
• Afghanistan II: „Wenn wir erst einmal die Taliban vertrieben haben werden, werden in dem Land Wohlstand und Demokratie ausbrechen.“
• Irak II: „Wenn wir erst einmal Saddam Hussein vertrieben haben werden, werden in dem Land Wohlstand und Demokratie ausbrechen.“
• Syrien: „Wenn wir die Rebellen mit Waffen versorgen, werden sie Assad vertreiben und in dem Land werden Wohlstand und Demokratie ausbrechen.“
• Ehemalige UdSSR: „Wenn wir die Trümmer der UdSSR, Stück für Stück unter unsere Kontrolle bringen, wird der angeschlagene russische Bär zwar brummen, sich aber nicht trauen, die Pranke zu heben.“
Alle diese Annahmen waren falsch. Nirgendwo gab es einen Plan B. Die Europäer sind oft mit den USA in die Katastrophe gedackelt – der schmachvolle Rückzug aus Afghanistan ist erst einige Monate her.
Jetzt ist das Kind mal wieder in den Brunnen gefallen: Putin hat beschlossen
• dass er die noch verbliebene Einflusssphäre absichert
• dass er die Ost-Ukraine heim ins Reich holt
• dass er sich besser mit China als mit dem Westen verbündet.
Was nun? Zunächst kann man natürlich einen Wettbewerb ausschreiben, welche(r) PolitikerIn oder JournalistIn die Worte „Völkerrechtsbruch“, „Angriffskrieg“, „brutalst-mögliche Sanktionen“, „ungerechtfertigt“ usw. am elegantesten kombinieren kann.
Und dann werden die brutalst-möglichen Sanktionen kommen:
• Die Europäer werden russisches Öl und Erdgas vom Einkaufszettel streichen.
• Die USA werden die Öllieferungen aus Russland einstellen.
• Die Staaten der NATO und EU werden ihre multi-nationalen Konzerne auffordern, ihre russischen Tochterfirmen dicht zu machen.
• Boris Johnson wird seine Londoner Geldwaschanlage für dubiose russische Vermögen schließen.
Wirklich? Wir werden sehen.
Holly01
25. Februar 2022 @ 07:37
@ Thomas Damrau:
Also alleine in meiner näheren Nachbarschaft sitzen zwei deutsch-russische Milliardäre.
Natürlich mit der üblichen Kolonie aus Deutschrussen.
Hier sitzen auch einmal alter deutscher Geldadel und neuer deutscher Geldadel, jeweils Milliardäre.
Die haben auch ihre “Privatarmeen”.
Wir nennen die Ankerbürger.
Der Vorteil ist, das es hier so etwas wie Ladendiebstahl und Wohnungseinbrüche nur als Kleinkriminalität gibt.
Der Nachteil ist, das es ein ausgeklügeltes System von Beschaffungskriminalität gibt, wo keiner etwas dagegen tut.
Das UK mit seinen Oligarchen ist übel.
Aber die deutschen Steueroasen (ganz und gar ohne Kanalinseln) und die deutschen Oligarchen stehen dem in nichts nach.
Also nicht nur Luxemburg ist aus Briefkästen zusammengeschraubt, auch halb Deutschland ist so.
Wobei. Man muss wohl zugestehen das es Europa und Deutschland seit dem DoppelWK effektiv nicht mehr gab und gibt. Das ist alles US Hinterhof.
Der Bär holt sich gerade nur seinen Teil zurück.
Was etwas desillusionierend ist. Der Bär erschien nach 1990 so kuschelig.
Aber damals war Deutschlands Wiedervereinigung wohl auch nur der größte Schaden, den man der EU-/NATO-Stabilität zufügen konnte.
Sollte man dann wohl nicht zu persönlich nehmen.
Mal sehen was der Albion und sein Kind sagen, wenn Europa wirklich aufgerüstet ist und auch den Albion herausfordern könnte, also kriegsfähig ist.
Ist lange her, das die Welt mit so etwas wie Respekt nach Europa geschaut hat, Angst hätte es nun wirklich nicht sein müssen.
Also werden wie jetzt ganz und gar klimaneutral aufrüsten bis der Artr kommt und wenn wir den ganzen Militaria Kram haben, werden wir mal schauen wen wir damit beglücken können.
Die Amis haben hier jedenfalls zig Billionen rausgeschleppt, die mit 12 Nullen und zurückzuholen ist da materiell wenig.
Mein persönlicher Traum ist da wo die City und die WS ist eine ein Meter dicker Stahlbetonplatte zu gießen. Wo eine Bank war eine Gussplatte mit der Aufschrift: Die Bilanz wurde gelöscht. In der Mitte so ein Gold Dreibein, an dem die jeweilige Börsenglocke hängt, mit einer Goldtafel am Boden: Die läutet nie wieder für uns.
Mir würde das gefallen …..