Ukraine: Frischer Rückenwind für Friedenslösung
In der EU steht V. Orban mit seinem Werben für eine Friedenslösung in der Ukraine allein auf weiter Flur. Auf dem internationalen Parkett sieht es anders aus.
So bringt die britische “Financial Times” heute einen Appell, in dem sich prominente (Alt-)Diplomaten für eine Verhandlungslösung aussprechen. “Schafft Frieden in der Ukraine, bevor es zu spät ist”, heißt die Headline.
Der indische Regierungschef Modi hat sich ebenfalls für eine Friedenslösung ausgesprochen.
“Sowohl Indien als auch Österreich messen dem Dialog und der Diplomatie große Bedeutung bei, um schnell Frieden und Stabilität wiederherzustellen”, sagte Modi nach einem Treffen mit dem österreichischen Bundeskanzler Nehammer in Wien. Probleme könnten “nicht auf dem Schlachtfeld gelöst werden”.
Leichte Entspannungs-Signale gibt es sogar beim Nato-Gipfel in Washington. Mehrere EU-Länder suchten diskret Kontakt zu Vertrauten von Ex-Präsident Trump, meldet wiederum die “FT”. Polens Präsident Duda versucht sogar schon, offizielle Kontakte zu etablieren – genau wie Orban.
Auch ein Blick ins Orakel macht Hoffnung. So berichtet der umstrittene Enthüllungs-Journalist S. Hersh, dass “ernst zu nehmende Friedensgespräche” begonnen hätten.
A senior American official told me that Putin “has what he wants” in Ukraine and delayed an all-out assault on Kharkiv, Ukraine’s second-largest city, while a possible settlement is being negotiated, with no known direct involvement of the crisis-ridden White House.
S. Hersh on Substack
No surprise here: US-Präsident Biden will keinen Frieden. Der Mann ist vollauf damit beschäftigt, sich selbst zu verteidigen…
Mehr zum Krieg um die Ukraine hier
P.S. Für W. Ischinger, ehemaliger Staatssekretär im Auswärtigen Amt und Ex-Botschafter in Washington D.C. und London, gibt es “derzeit keinerlei Anzeichen dafür, dass die russische Aggression auf NATO-Gebiet übergreift.” Damit zerstört Ischinger das Lieblings-Narrativ der Kriegstreiber in der Nato, die bekanntlich behaupten, Putin wolle das Baltikum erobern und dann bis Berlin durchmarschieren…
Arthur Dent
11. Juli 2024 @ 14:09
“Putin will das Baltikum erobern und dann bis Berlin durchmarschieren” – wie lang wird er wohl brauchen, wenn er in dem Tempo weitermacht? 100 Jahre? Vor noch nicht allzu langer Zeit galt Angela Merkel als Anführerin der freien Welt, heute ist es ein vor sich hin brabbelnder Greis, hoffentlich hat man den Atomkoffer vor ihm in Sicherheit gebracht. Und wenn Donald T. Rex die Bühne betritt, dann ist Showtime. Die Medien Gießen danach…
european
11. Juli 2024 @ 14:41
Es hat schon etwas von Realsatire, wenn unser Kriegsminister davor warnt, dass die Russen in 5-8 Jahren vor Berlin stehen werden und uns genau so lange Zeit bleibt, um das Land aufzuruesten und kriegstuechtig zu werden.
*gruebel 😉
Arthur Dent
11. Juli 2024 @ 00:10
Budapester Memorandum besagt, keine Stationierung von Atomwaffen!
Russland wird sich erst zufrieden geben, wenn der Zugang zum Schwarzen Meer (Sewastopol) gesichert in seiner Hand liegt.
Kleopatra
13. Juli 2024 @ 07:13
Sevastopol‘ ist nicht der Zugang Russlands zum Schwarzen Meer (das ist Rostov am Don), sondern eine Flottenbasis mitten im Schwarzen Meer. Wenn es den Russen um friedlichen Handel ginge, würde Rostov genügen.
Michael
10. Juli 2024 @ 18:16
Bisher kann ich nur erkennen dass der sog. Westen weiter eskaliert (F16 sollten in Kürze in Betrieb genommen werden) und – gemeinsam mit Selenskyj – auf Ukraine‘s NATO Mitgliedschaft besteht! Das waren und sind zu recht rote Linien für Moskau!
Alexander Hort
10. Juli 2024 @ 16:51
Mich würde interessieren, wie Hershs Quelle zu der Einschätzung gelangt, dass die russische Seite bereits mit dem Erreichten zufrieden sein könnte. Zwar habe ich auch den Eindruck, dass die russische Regierung im Zweifel eine Verhandlungslösung bevorzugt, und zudem bereits wichtige Zwischenziele im Krieg erreicht hat, aber aus russischer Sicht scheint die entgültige Entscheidung um den Donbass noch auszustehen.
Was man aus der Ferne so mitbekommt, versuchen die russischen Streitkräfte nach wie vor, die ukrainische Seite aus ihren Verteidungsstellungen entlang der alten Kontaktlinie hinauszuwerfen, und soetwas tut man doch aus militärischer Sicht nicht, nur um es dann dabei zu belassen.
Außerdem muss davon ausgegangen werden, dass der nicht anektierte Teil der Ukraine nach dem Krieg umso stärker an den Westen gebunden sein wird, und dass in weiten Teilen der ukrainischen Gesellschaft ein Revanschismus vorherrschen wird, der dem in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg ähneln könnte.
Von daher ist da aus russischer Sicht sicherlich noch Raum für mehr: Mehr systematische Zerstörungen der Infrastruktur, damit das Land nicht als Aufmarschgebiet für die NATO dient, aber auch mehr Eroberungen, damit Donetsk oder Mariupol möglichst weit hinter der künftigen Demarkationslinie liegen.
Wie gesagt, ich denke auch dass die russische Regierung interesse an Verhandlungen hat, da der Krieg natürlich auch für Russland einen Preis haben wird, ich denke aber auch, dass die Russen es damit momentan nicht so eilig haben. ´Soll der Westen doch erstmal konkrete Vorschläge machen´, so nach dem Motto.
Von daher hätte ich mir in dem Hersh-Artikel etwas mehr dazu gewünscht.
ebo
10. Juli 2024 @ 17:15
Das sehe ich ähnlich. Putin hat es ja auch anders dargestellt. Er will keine Waffenruhe entlang der aktuellen Frontlinie – sondern erst dann, wenn die Ukraine die vier neuen russischen Regionen abtritt. Hersh ist auch in diesem Artikel ziemlich ungenau, leider
Kleopatra
10. Juli 2024 @ 18:15
Ich würde bitten, wenigstens die “vier neuen russischen Regionen” in Anführungszeichen zu setzen. Korrekt beschrieben handelt es sich um Territorien, die Russland beansprucht. Die es zudem beansprucht, obwohl es im Budapester Memorandum das Territorium der Ukraine von Stand 1991 garantiert hat und obwohl es als UNO-Mitglied keine Eroberungskriege gegen ein anderes UNO-Mitglied führen darf; und die es noch nicht einmal mit dem Unrecht der Eroberung besitzt. Russland demonstriert auch in seiner Argumentation über die Ukraine, dass es die Selbstständigkeit der ehemaligen Sowjetrepubliken lediglich solange zu respektieren gedenkt, wie es ihm passt, und wie dort eine Russland genehme Regierung an der Macht ist. Es geriert sich als das alte russische Imperium.
Hersh scheint vor lauter Freude an seiner eigenen unorthodoxen Sicht die Realität zu übersehen. Dass, wie er schreibt, die Amerikaner den Krieg provoziert hätten, kann man nur behaupten, wenn man ignoriert, dass a) Russland bereits 2014 Eroberungsfeldzüge gegen die Ukraine geführt hat (wobei seine Armee auf der Krim illegalerweise keine Abzeichen trug) und b) Putin bereits im Juli 2021 auf seiner offizielle Homepage einen Artikel über die “historische Einheit von Russen und Ukrainern” publiziert hatte (was man ja nicht macht, wenn man damit nicht die Stimmung für einen “Anschluss”-Versuch vorbereiten will). Vielleicht hätte der Westen Putin von dem Angriff abgehalten und somit den aktuellen Krieg verhindert, wenn er auf die Krim-Annexion nicht so halbherzig reagiert hätte. Aber diee Unterlassung ist ja gerade keine “Provokation”.
Skyjumper
10. Juli 2024 @ 17:56
Das Putin/Russland bereits bekommen hätte was sie wollten halte ich aus den gleichen Gründen für unwahrscheinlich die @Alexander Hort bereits benannt hat. Rational gesehen spricht da einfach nichts für.
Was wir jedoch nicht wirklich beurteilen können ist der Preis den Russland bereits jetzt für diesen Krieg bezahlt. Wie leer sind die Militär-Lager? Nicht unbedingt in Punkto Munition, aber in Hinsicht auf Großgerät. Russland konnte offenbar recht schnell zu einer Kriegswirtschaft bzgl. des Verbrauchsmaterials übergehen, aber neue Flugzeuge, Panzer, Hubschrauber oder gar Schiffseinheiten bauen sich selbst in Russland nicht von heut auf morgen.
Auch wird es sicherlich auch in Russland demographische Studien geben die Auskunft darüber geben wie die langfristigen Auswirkungen der menschlichen Ausfälle auf die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung in Russland aussehen. Darüber lesen/hören wir naturgemäß nichts.
Eine Studie (Minderheitenposition) geht davon aus, dass die Ukraine mit weiteren Verlusten von 500.000 Menschen einen demographischen Kipppunkt erreichen würde, ab dem es keine zukünftige Erholung mehr gäbe. Unabhängig davon das man keiner Statistik glauben soll die man nicht selbst gefälscht hat, liegt dieser Punkt für Russland sicherlich noch in “sicherer” Entfernung, aber die vielen Toten und Verletzten haben sicher auch in Russland lang- und schwerwierige Auswirkungen.
Vielleicht ist Russland schwächer als wir glauben und ist nicht aus Logik an Verhandlungen interessiert, sondern aus Notwendigkeit.
exKK
11. Juli 2024 @ 01:58
@ Skyjumper:
„Vielleicht ist Russland schwächer als wir glauben und ist nicht aus Logik an Verhandlungen interessiert, sondern aus Notwendigkeit.“
Vielleicht auch nur aus (ökonomischer) Vernunft?
In Verhandlungen legt üblicherweise jeder seine Maximalposition auf den Tisch, um sich dann irgendwo dazwischen zu treffen – dazu war Russland bereits vor dem Krieg bereit, nicht aber die USA (die wollten noch nicht mal drüber reden), nicht die NAhTOd, nicht die EU und auch nicht die Ukraine in Gestalt von Selenskji und seiner Entourage (beim ukrainischen Volk, das den Blutzoll zu entrichten hat, mag das – inzwischen – anders aussehen).
Skyjumper
11. Juli 2024 @ 16:48
@exKK
„Vielleicht auch nur aus (ökonomischer) Vernunft?“
Ja, vielleicht auch das. Und bei Putin himself könnte ich mir auch tatsächlich vorstellen, dass wir das „ökonomisch“ überhaupt nicht bemühen müssen.