Ukraine: Blame Game im Nato-Hauptquartier
Nach der gescheiterten Gegenoffensive in der Ukraine hat das Blame Game begonnen. Washington setzt sich von Kiew ab.
Diesen Eindruck vermittelt ein Bericht in der “Washington Post”. “Fehlkalkulationen und Meinungsverschiedenheiten” hätten die “Offensivplanung der USA und der Ukraine” überschattet, berichtet das Blatt (deutsche Zusammenfassung jetzt bei “Focus online”).
Die Ukraine sei nicht den “bewährten” US-Taktiken gefolgt, sondern habe sich verzettelt. Bei einem Treffen im Juni im Nato-Hauptquartier habe US-Verteidigungsminister Austin daher den mittlerweile gechassten Kollegen Reznikov gerügt.
Dieser habe sich mit Hinweis auf die fehlende Luftunterstützung verteidigt. Die USA geben also der Ukraine die Schuld an der gescheiterten Gegenoffensive, doch die Ukraine gibt den Schwarzen Peter sofort zurück.
Bemerkenswert ist, dass das Ganze im Nato-Hauptquartier spielt, wo man immer so tut, als seien alle einer Meinung. In Wahrheit gab es massive Differenzen. Bemerkenswert auch, dass die USA die Offensive geplant haben.
Beides wird von offizieller Seite bis heute bestritten. Dass es nun dennoch ans Tageslicht kommt, noch dazu mit einem negativen “Spin”, deutet darauf hin, dass sich Washington langsam aber sicher von Kiew absetzt…
P.S. Die geplante US-Hilfe für die Ukraine ist vorerst geplatzt. Der Kongress hat kein grünes Licht gegeben. Auch international bekommt die Ukraine immer weniger Unterstützung. Es hängt mehr und mehr an Deutschland…
Das traurige ist: Wir (Europa) können jetzt erst einmal gar nichts mehr machen. Wir haben unsere Karten schlecht ausgespielt, die Hand ist leer. Die Ukraine kann vermutlich auch nichts mehr machen. Sie wird den Krieg verlieren, weil sie an irgendeiner militärischen oder politischen Front früher oder später schlicht kollabiert. Und seien es die Demonstrationen der Soldatenfrauen auf der Straße.
Anschließend wird sich Russland um eine Stabilisierung der Situation kümmern inklusive der neuen langen Nato-Russland Grenzen. Das wird die Militärlobby hierzulande und in den Nachbarstaaten Richtung Osten vermutlich als untrügliche Zeichen weiterer Aggressionen Russlands gegen den armen Westen interpretieren, damit (Schuldenbremse und Wirtschaftskrise hin oder her) zunehmende Mittel in die Rüstung fließen.
Dieses Spiel ist alt und sattsam bekannt. Es kann alleine dadurch ausgebremst werden, dass die zivilen Beteiligten auf allen Seiten den Militanten und dem jeweiligen militärisch-industriellen-Komplex die notwendigen Handschellen anlegen und zwar gleichzeitig.
Das ist ein sehr schwieriges Kunststück, dass nur sehr selten synchron gelingt. Hier rächt sich, dass wir Russland in die Lage gebracht haben, die eigene Militärindustrie so drastisch zu vergrößern. Und wir haben das eigene Militär und die Rüstungsindustrie derart in die Vorhand gebracht, dass sie sich die gewünschten Ressorcen schlicht beim Steuerzahler besorgen können unter Verweis auf die bösen Russen.
All das wird leider nicht folgenlos bleiben für alle Beteiligten.
Was man dagege tun kann? Bauen wir wieder eine Friedensbewegung auf, die ihren Namen verdient. Ziehen wir dem Rüstungskapital die Zähne, indem wir den privilegierten Zugang zur Politik abschneiden und die Korruption beenden. Ein Projekt für mindestens ein Jahrzehnt.