Tusk rückt von Asylpakt ab, Meloni auch
Kurz vor Weihnachten hat sich die EU auf einen Asyl- und Migrationspakt geeinigt. Zwei Wochen später ist klar: Polen zieht nicht mit – trotz der neuen, pro-europäischen Regierung.
Seine Regierung werde den Pakt zwar nicht bekämpfen, wie seine Vorgänger, sagte Premier Tusk. Allerdings denke er nicht daran, den darin enthaltenen Solidaritäts-Mechanismus zur Umverteilung von Migranten anzuwenden.
“I assure you that Poland will not accept illegal migrants under any such mechanism,” so Tusk. Zu seiner Zeit als EU-Ratspräsident sei er “definitely against the so-called mandatory solidarity” gewesen – und dabei bleibe es.
Dies ist ein schwerer Schlag für die EU-Spitze, die den Pakt mit aller Macht durchgeboxt hat. Kommissionschefin von der Leyen und Parlamentspräsidentin Metsola hatten auf Tusk gesetzt – und werden nun enttäuscht.
Ohne Polen ist der Solidaritäts-Mechanismus nichts wert, denn auch Ungarn lehnt ihn ab. Ohne Umverteilung wiederum verliert der Pakt auch für Länder wie Italien ihren Reiz. Sie versprechen sich nämlich eine spürbare Entlastung.
Die post-faschistische Regierungschefin Meloni , die eng mit von der Leyen und Kanzler Scholz zusammenarbeitet, äußerte sich denn auch skeptisch. “Ich halte die neuen Regeln für besser als die vorherigen”, sagte sie in Rom.
“Aber es ist keine Lösung. Wir werden das Problem niemals lösen, wenn wir darüber nachdenken, wie wir mit Migranten umgehen, wenn sie in Europa ankommen.” Ganz ähnlich denken viele Experten.
Dennoch will die EU mit dem Pakt bei der Europawahl punkten…
Siehe auch “So wird die Flüchtlingskrise nicht gelöst”
Kleopatra
6. Januar 2024 @ 10:35
Würde es die Diskussion über politische Fragen und die Standpunkte einzelner Mitgliedstaaten nicht erleichtern, wenn man darauf verzichten würde, die einzelstaatlichen Regierungen regelmäßig in „pro“- und „anti“-europäische einzuteilen? Dieses Schwarz-Weiß-Schema entspricht der Realität nicht.
Skyjumper
6. Januar 2024 @ 20:35
@Kleopatra
Das ist sowas von richtig was Sie da sagen. Aber wer hat den mit dieser unseligen Einteilung angefangen?
Es wäre zum jetzigen Zeitpunkt ein wenig so wie eine Auseinandersetzung auf dem Schulhof „Leute – wir müssen uns solidarisieren und als Mehrheit zusammen stehen.“
„Ups, die anderen sind doch mehr als gedacht. Lasst uns mal wieder zum Einzelkampf übergehen.“
Also ja. Ihre Aussage stimmt. Aber nur dann, wenn man auch bereit wäre ergebnisoffen zu diskutieren, wäre ein solcher Weg auch erfolgversprechend. Und diese Bereitschaft sehe ich derzeit bei den sogenannten „pro“ Europäern nicht. Bei den sogenannten „anris“ allerdings auch nicht (mehr), da diese nun Morgenluft wittern.
Arthur Dent
5. Januar 2024 @ 23:59
@Monika
„Die Wahlen zum europäischen „Parlament“ sollten ausgesetzt werden und stattdessen die europäischen Bevölkerungen über die „anstehenden“ EU-Erweiterungen abstimmen.“ – in der deutschen Verfassung ist solch ein demokratischer Akt schon mal überhaupt nicht vorgesehen.
Referenden zum Maastricht-Vertrag gab es auch nur in Frankreich, Irland und Dänemark.
Wenn Meloni Post-Faschistin ist, dann ist die Berufstochter und Profigattin Uschi Post-Demokratin. Ich seh da zwischen Nord-Korea und EU nicht so große Unterschiede
Bogie
6. Januar 2024 @ 10:37
@Arthur Dent
Dass es in der EU erhebliche Demokratiedefizite gibt sehe ich ebenfalls.
Allerdings wird man hier für eine geäußerte abweichende Meinung je nach Stellung in der Gesellschaft für doof, rechtsradikal oder naiv erklärt und möglicherweise wird versucht die Berufsausübung erheblich zu erschweren aber eingesperrt oder gar umgebracht wird man (noch) nicht.
KK
6. Januar 2024 @ 13:13
„…oder gar umgebracht wird man (noch) nicht.“
Noch ist die Ukraine mit ihren real existierenden Todeslisten und bereits öffentlich eingeräumten Morden im Ausland (die von der Bundesregierung ausdrücklich nicht kommentiert wurden) ja auch noch kein Mitglied…
KK
5. Januar 2024 @ 16:30
Tja, wären die Migranten alle gläubige weisse Katholiken, dann gäbs mit Polen – egal, von wem regiert – nicht solche Probleme.
Tusk hätte ja für Polen noch die Option, für jeden nicht aufgenommenen Migranten ersatzweise Geld zu zahlen – aber das will er offenbar auch nicht?
Dann sollte sich Polen nicht wundern, wenn die EU-Mittelmeeranrainer (insb. Italien und Griechenland) demnächst Belarus aktiv dabei unterstützen, die Flüchtlinge über Minsk nach Polen umzuleiten, und dann, sich auf Dublin berufend, Polen den Mittelfinger zu zeigen…
KK
5. Januar 2024 @ 16:22
“Kommissionschefin von der Leyen und Parlanentspräsidentin [sic] Meloni hatten auf Tusk gesetzt…”
“Die post-faschistische [italienische] Regierungschefin Meloni…”
Entschuldigung, wenn ich um Verzeihung bitte, aber hier gibts ausnahmsweise mal keinen Familienklüngel, denn die Präsidentin des EU-Parlaments heisst aktuell Metsola – und nicht ebenfalls Meloni wie die italienische Faschistin 😉
ebo
5. Januar 2024 @ 16:23
Stimmt, sie klingen so ähnlich – und machen fast dieselbe Politik 🙂
Wird aber gleich korrigiert
Monika
5. Januar 2024 @ 14:16
Die Wahlen zum europäischen „Parlament“ sollten ausgesetzt werden und stattdessen die europäischen Bevölkerungen über die „anstehenden“ EU-Erweiterungen abstimmen. Im Anschluss dann überlegen, wie die Mitglieder/Aspiranten sich in drei sinnvoll interagierende Gruppierungen aufteilen wollen, Assoziierte Staaten, konföderierte Staaten, Voll-Mitglieder.
Wenn das geschafft ist, kann nachgedacht werden den Voll-Mitgliedern ein Parlament wählen zu lassen, das diesen Namen verdient.
Sollten die derzeitigen transatlantischen Pläne die EU betreffend mit List und Tücke durchgesetzt werden, wird das das europäische Projekt komplett vor die Wand fahren.
Uncle Sam hält sich jetzt schon den Bauch…
Thomas Damrau
5. Januar 2024 @ 09:23
“Wir sind eine einig Union von Brüdern” – so stellt sich die EU gerne nach außen dar. Das hat leider mit der Realität wenig zu tun. Egal welches Thema aufgerufen wird: Sofort bilden sich Untergruppen mit divergierenden Interessen.
So natürlich auch bei der Migrationspolitik:
– Die Länder am Mittelmeer sind erste Anlaufstelle für Migration und wollen die Ankömmlinge möglichst schnell wieder los werden.
– Die Länder im Westen und im Norden sind das eigentliche Ziel der MigrantInnen und wünschen sich nichts sehnlicher, als dass die MigratInnen am Mittelmeer bleiben.
– Die Länder im Osten leben abseits der Hauptflüchtlings-Routen (wenn nicht gerade Belarus oder Russland Flüchtlingsströme umleiten) und möchten am liebsten mit dem Thema nicht behelligt werden. (Da ändert auch der Wechsel zu Tusk nichts.)
Auch bei anderen Themen zerbröselt die Union in Teil-Unionen: Steuerpolitik, Industriepolitik, Freihandelszone-oder-Staatenbund, USA-Gläubigkeit, …
Und in Brüssel spielt das von-den-Laien-Orchester “Freude, schöner Götterfunken”, träumt von Erweiterung und wartet auf die nächste Depesche aus Washington.