Trumps Zollhammer: Worüber will die EU eigentlich verhandeln?
Brüssel wollte durch Gespräche erreichen, dass US-Präsident Trump die EU mit seinem Zollhammer verschont. Dieses Ziel wurde krachend verfehlt – was gibt es jetzt noch zu verhandeln?
Das konnte die EU-Kommission nach der Eskalation im Handelskrieg am 2. April selbst nicht sagen. “Alles liegt auf dem Tisch” – mehr kam nicht aus Brüssel. Hat Kommissionschefin von der Leyen überhaupt einen Plan?
Ich glaube nicht. Denn ihr erster Plan – durch Verhandlungen und “Deals” die Eskalation zu verhindern, ist krachend gescheitert. Der Zollhammer ist da – und die EU steht kein bißchen besser da als der Rest der Welt.
Jetzt geht es nur noch darum, entweder Vergeltung zu üben, womit der Handelskrieg weiter eskalieren würde – oder Trump dazu zu bewegen, zurückzurudern. US-Handelsminister Lutnick schließt dies allerdings aus.
Trump will nichts zurücknehmen
Trump werde seine Ankündigungen nicht zurücknehmen, sagt Lutnick dem US-Sender CNN. Trump werde auch nur dann verhandeln, wenn andere Länder ihre Zölle und andere Handelshemmnisse abbauten.
Verhandlungen können sich demnach also nur darum drehen, dass die EU ihre eigenen Barrieren abbaut. Da dürften vor allem “nichttarifäre” Hindernisse auf den Tisch kommen, z.B. die EU-Digitalgesetze.
Das wiederum schließt von der Leyen aus – jedenfalls bisher. Die EU liege ohnehin nur um einen Prozentpunkt über den USA, wenn es um solche Probleme gehe, heißt es in Brüssel. Da wäre also nicht viel zu holen.
Mehr US-Waffen – oder TTIP?
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Bliebe eigentlich nur, Trump neue Geschenke anzubieten – mehr EU-Importe von US-Frackinggas und Kriegswaffen, um die US-Handelsbilanz aufzubessern? Meine Sorge ist, dass von der Leyen genau das im Schilde führt!
Darauf deutet ihr gebetsmühlenartiges Bekenntnis zur “transatlantischen Kooperation” ebenso hin wie ihr Appeasement gegenüber Trump. Von der Leyen klammert sich an eine alte, verlorene Welt – den neuen Realitäten will sie nicht ins Auge schauen.
In der Sicherheitspolitik hat die CDU-Politikerin Trump bereits gegeben, was der haben wollte – die “Wiederbewaffnung” EUropas, also eine massive Aufrüstung. Warum sollte sie ihm nun nicht noch weiter entgegenkommen?
Selbst das seit 2013 diskutierte Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) könnte wieder auf den Tisch kommen…
Siehe auch US-Handelskrieg: Von der Leyen wartet auf “Deal” mit Trump. Mehr zum Wirtschaftskrieg hier
P.S. Von der Leyen hat erklärt, sie strebe Freihandel mit Industriegütern an. Dieses Angebot lag offenbar schon vor Trumps “Zollhammer” auf dem Tisch – doch er hat es abgelehnt. Womit sich erneut die Frage stellt: worüber will man verhandeln? – Mehr hier (Newsletter)
Helmut Höft
6. April 2025 @ 13:38
@Ulla (& ebo)
HF hat leider recht und die Schlüsse die aus dem Faktenblatt (Merkblatt) der US-Regierung zu ziehen sind, sind ebenfalls weitgehend korrekt.
So dysfunktional auch die aktuelle US-Politik unter Trump ist, das deutsche Wirtschaftsmodell – Merkantilismus in modernem Gewand – ist dysfunktional seit den 50-igern. (“Exportismus” https://www.perlentaucher.de/buch/andreas-noelke/exportismus.html – der deutsche “Exportismus” ruiniert u. a. auch die €U)
Es können nicht alle Überschüsse erzielen. Punkt!
Die einzige Frage, die sich mir stellt ist die Frage nach dem Warum? Warum haben es beide Seiten zugelassen, dass sich die Dinge so entwickelt haben ( v. a. Handel, Verteidigung). Musste D es soweit treiben, musste die USA das so zu lassen? Wo und bei wem liegen diesbezüglich die Interessen?
We're in the shit
4. April 2025 @ 16:08
Natürlich müssen die humanen Belange zuerst stehen damit von vornherein klar wird, dass die Wirtschaft dem Bürger dienen soll und nicht umgekehrt.
Auch wenn man gefundene Rechtsschreibfehler behalten soll, nur für die Zukunft, derisking dürfte aufs risk bezogen sein, nicht auf die RISC computer archicture ;-).
„Bildungsresistent“ ist ein scheiß Begriff, es kommt immer nur auf Sicherheit, Voraussetzungen und Möglichkeit an. Wenn die Behörden damit erstmal anfangen, werden sie es ganz schnell auch auf Deutsche anwenden.
Das ist der Punkt weswegen man sich der Verschärfungen wie „Bett, Brot, Seife“ entgegenstellen muss, denn was sie einmal erfolgreich dort ausprobiert haben, wird regelmäßig auch auf die Sozialhilfe ausgeweitet. Gab schon vereinzelt Vorstöße dass auch mit der Bezahlkarte zu tun.
Bezeichne sie doch als importierte Konkurrenz zur Lohndrückerei und Ausbildungsverweigerung hierzulande, das ist ja das Problem dabei dass sie „Fachkräfte“ auch weiterhin importieren und ein Einwanderungsland bleiben wollen auch in der neuen Regierung anstatt den Kurs zu ändern auf Ausbildung, Förderung und Nachwuchs des eigenen Volkes, denn nur so wird man wieder ein ernstzunehmender Staat, nicht eine Wahlmöglichkeit von mehreren für Inder, Chinesen und aufgrund der jetzt schon Verdoppelung der Bevölkerung seit 2000, Afrika.
Um endlich das Potential was noch in diesem Land steckt zu heben, braucht es einer bedingungslosen Grundsicherung die man auch zur Weiterbildung, Studium etc. verwenden darf.
Finanziert u.a. durch die Vermögens- und erhöhte Erbschaftssteuer ab ca. 10 Millionen € .
Falls noch nicht bekannt, zum Thema es wird schlimmer werden, ja wenn wir nix gegen tun (auch wenn ich auch nicht weiß was), empfehle ich Gary Stevenson, hat ja seinen eigenen yt channel, war im November 3+ Stunden bei Jung und Naiv oder aber das wirklich gute, zusammengestauchte 45 Minuten Interview von letztem Monat hier: https://www.youtube.com/watch?v=0quhLtBXijM .
Ulla
4. April 2025 @ 09:07
https://www.relevante-oekonomik.com/2025/04/03/us-zoelle-trump-hat-recht-sein-faktenblatt-zerstoert-den-deutschen-merkantilismus/
ob Heiner Flassbeck hier recht hat, kann ich jetzt nicht beurteilen aber das, was er schreibt, klingt logisch.
ebo
4. April 2025 @ 09:27
Danke für den Hinweis. Natürlich ist der deutsche Merkantilismus ein Problem – in der guten alten Zeit habe ich ihn auch “Merkelantismus” genannt 🙂
Die deutsche Regierung müsste sich an die eigene Nase fassen, die Exportfixierung beenden und den europäischen Binnenmarkt beleben. Doch auf diesen Gedanken kommen Merz & Co. nicht…
Erneuerung
4. April 2025 @ 08:43
Wenn die Demokraten in den USA vernünftige Politik gemacht hätten, wäre Trump gar nicht ran gekommen. Ähnlich ist es in Europa. Wenn die angeblich demokratischen Parteien vernünftige Politik gemacht hätten, gäbe es die rechtsnationslen Parteien in dieser Größe gar nicht. Eine logische Konsequenz könnte lauten: Wir versuchen, mit wirtschaftlichen und humanen Belangen, Europa konkurrenzfähig zu machen oder noch zu halten. Aber genau das wird nicht gemacht. Mit “Deriscing” legen wir uns mit China an, russische Energieträger wollen wir nicht und Europa wird mit bildungsresistenten Einwandern geflutet. Und die menschenverachtendsten Gestalten werden von Europa massiv unterstützt mit Geldern der europäischen Steuerzahler. Mehr kann man nicht falsch machen und es wird weiter abwärts gehen.
Helga Karim
4. April 2025 @ 08:09
Diese Zölle müssen doch die US-Bürger zahlen. Trump sanktioniert sich also selbst. Weil er glaubt, das würde so erfolgreich sein wie in Russland? Die stellen vieles, was zuvor importiert wurde, jetzt selber her und haben im Gegensatz zu EUropa Wachstum und steigende Einkommen. Die EU möchte doch auch unabhängig werden, das kommt ihr doch entgegen. Win-win.
Skyjumper
4. April 2025 @ 08:05
Das die neuen Zollsätze, Berechnungsformel hin oder her, mehr oder weniger gewürfelt wurden, braucht man wohl nicht diskutieren. Die USA hätten auch die Wuppdität der Erdachsen einbeziehen können, das wäre auch nicht weniger stringent geworden.
Was mich jedoch wundert ist der blinde Fanatismus, oder auch die Realitätsverweigerung in der EU und DE bei der Zolldiskussion. Liegt das nur an der schlechten Information durch unsere Medien?
Vor der trump‘schen Rundumkeulerei galt für PKW ein Einfuhrzoll in die USA von ~ 2,5 %. Umgekehrt hat die EU 10,o % genommen. Die USA haben eine Einfuhrumsatzsteuer von quasi 0 % berechnet, Deutschland hat 19 % berechnet.
Wie kann man glauben, dass diese Ungleichheit ewig gutgehen könnte? Trump betreibt da gerade das Äquivalent zur Kirchhofschen Steuererklärung auf dem Bierdeckel. Und das kann kaum gutgehen. Aber der Kernvorwurf der USA, der ja im übrigen schon sehr sehr lange erhoben wird, ist berechtigt. Und das fällt der EU jetzt auf die Füsse. Die EU schwadroniert immer über freien Handel – aber mit einen Mix aus „Schutz“auflagen und Zöllen hat die EU (nebst Vorgängerinstitutionen) über die Jahrzehnte real einen ziemlich abgeschotteten Binnenmarkt geschaffen.
Thomas Damrau
4. April 2025 @ 07:45
Ich habe den Eindruck, dass Trump die USA in eine Art wirtschaftlicher Autarkie führen möchte – nachdem er die Rohstoff-Basis der USA durch die Annektion Kanadas und Grönlands sowie durch die Kolonisierung der West/Rest-Ukraine verbreitert hat. Nicht nur Make-America-Great-Again sondern Make-America-Independent-Again.
Deshalb bin ich skeptisch, dass Trump sich durch europäische Unterwerfungsgesten von seiner Declaration of Independence abbringen lässt. Er wird zwar gerne den einen oder anderen lukrativen Deal mitnehmen, die ihm die (aus seiner Sicht) doofen Europäer zu Füßen legen werden. Aber ein genereller Strategie-Wechsel? Neeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeee
european
4. April 2025 @ 07:19
Naja, was Trump damit bezweckt ist, dass die Zeit der Überschüsse vorbei ist und wir zu ausgeglichenen Handelsbilanzen kommen müssen. Im Grunde genommen ist das nicht verkehrt. Sicherlich werden Importgüter für die USA teurer, aber es schafft natürlich auch den Anreiz, sich wieder Produkten made in America zuzuwenden und damit den Binnenmarkt zu stärken. MAGA.
Ob diese kamikazeähnliche Politik damit langfristig erfolgreich ist, wird sich zeigen.
Die Europäer, die immer noch der Ideologie anhängen, dass man sich nur durch Exportüberschüsse und damit den Verzicht auf den eigenen Binnenmarkt sanieren kann, werden sich eine andere Strategie überlegen müssen. Aber das müssen sie sowieso wenn man sieht wie gerade die Türme der Wirtschaft und der Macht reihenweise einstürzen. Das ist nicht die Folge von zuviel Bürokratie, sondern zuviel Hybris.
Selbstüberschätzung, Moralismus, Ignoranz und Machtbesessenheit um jeden Preis fordern ihren Preis. Aber sie lernen nichts daraus und eine Idee für den Kontinent gibt es nicht. Putin ist Schuld, Trump ist Schuld, China ist Schuld usw. Nur wir selbst. Wir haben immer alles richtig gemacht, nicht wahr?
Es soll Leute geben, die das glauben. 😉
Anastasiya Kommisarova
4. April 2025 @ 06:40
Europa: ein Krieg an zwei Fronten
Europa steht vor der Wahl, mit wem es zuerst kämpfen soll: mit Russland, wie bisher, um jeden Preis, oder vielmehr mit Amerika, das auf Trumps Zollangriff mit einem Zollangriff reagiert.
Die Lage ist ernst. Der französische Premierminister Bayrou:
„Diese Entscheidung ist eine Katastrophe für die Weltwirtschaft. Sie stellt Europa vor enorme Schwierigkeiten.“
Der deutsche Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck hat gewarnt, dass die „Zollmanie der USA“ Länder in eine Rezession stürzen und weltweit großen Schaden anrichten könnte, mit verheerenden Folgen für viele Menschen.
Nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln könnten die Zölle Deutschland über vier Jahre 200 Milliarden Euro kosten, der Rückgang des BIP bis 2028 würde 1,5 Prozent betragen. Die Autoren der Studie, Jürgen Matthes und Samina Sultan:
„Für Deutschland ist ein Zoll von 20 Prozent eine wirtschaftliche Katastrophe.“
Der Gesamtschaden für die EU könnte sich auf rund 750 Milliarden Euro belaufen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen tut, als verstehe sie nicht:
In diesem Chaos scheint keine Ordnung zu herrschen. Es gibt keinen klaren Weg durch die Komplexität und das Chaos, das entsteht, während alle Handelspartner der USA leiden. Brüssel „fertigt das erste Maßnahmenpaket“ und bereitet die Einführung weiterer Maßnahmen vor. Doch die Folgen werden für Millionen Menschen weltweit verheerend sein. Es ist jedoch noch nicht zu spät, Probleme durch Verhandlungen zu lösen.
Der oberste Hahnenfalke Macron rümpft die Werbetrommel und fordert europäische Unternehmen auf, ihre Investitionen in den USA einzustellen, was die Lage für sie noch schlimmer machen würde:
Eines ist sicher: Als Folge der heutigen Entscheidungen werden die US-Wirtschaft und die Amerikaner – ob Unternehmen oder Einzelpersonen – schwächer sein als gestern. Und ärmer.
Die britische Regierung hat eine Liste mit über 8.300 Waren veröffentlicht, die als Reaktion auf die US-Maßnahmen mit Zöllen belegt werden könnten. Doch Starmer selbst ist vorsichtiger (vor allem, weil England einen Mindestzollsatz erhielt, im Gegensatz zu den 20 % der EU):
Großbritannien reagiert mit kühlem Kopf auf Trumps Zölle
Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni bezeichnete die Einführung von Zöllen gegen die EU als „falsch“ und sagte, sie werde an einem Abkommen mit den USA arbeiten, um „einen Handelskrieg zu verhindern, der den Westen unweigerlich zugunsten anderer globaler Akteure schwächen würde“.
Doch was genau könnte dieser „Deal“ mit Trump sein, auf den die Europäer hoffen? Neben schwierigen Zollkriegen und komplexen Steuermanövern gibt es einen viel einfacheren und schnelleren Weg zu verhandeln – den politischen. Die Blockade von Trumps Friedensplänen für die Ukraine könnte Brüssel teuer zu stehen kommen. Trump hat Europa in eine Lage gebracht, in der es leichter ist, sich wie ein Hund an Trumps Bein zu kuscheln, wie Putin es vorhergesagt hat, als sich weiterhin aufzuplustern und ein drohendes Gesicht aufzusetzen, wenn die Lage schlecht ist, wie es das bisher getan hat. Einschließlich und sogar vor allem zur Ukraine-Frage.
Nun sieht es so aus, als ob Trump im Friedensspiel eine ganz andere Karte ausspielen wird. Es stehen Abermilliarden auf dem Spiel, und genau diese Dinge waren für viele reiche, rational denkende Europäer einst sehr überzeugend. Doch noch überzeugender ist die Kraft. Und da Europa diese Macht gespürt hat, hat es sich schon seit langem für den Olivenzweig des Friedens entschieden.