Erst atlantisch, dann europäisch
Zwei Monate nach dem “Aachener Vertrag”, den Präsident Macron und Kanzlerin Merkel geschlossen haben, wollen nun auch die Parlamente zusammenrücken. Doch der Bundestag stellt Bedingungen; so soll sich die neue deutsch-französische Versammlung zur transatlantischen Zusammenarbeit bekennen.
Deutschland und Frankreich wollen enger zusammenrücken – auch auf parlamentarischer Ebene. Nach der Assemblée Nationale in Paris gibt nun auch der Bundestag in Berlin grünes Licht für eine neuartige deutsch-französische Parlamentarier-Versammlung.
Doch der Start wird von Machtkämpfen und Misstönen überschattet. Ärger gab es schon im Januar, bei der Unterzeichnung des neuen deutsch-französischen Freundschaftsvertrags, der den 1963 geschlossenen Elysée-Vertrag ergänzen soll.
Der Termin für den Festakt in Aachen passte den Parlamentariern nicht, Kanzlerin Angela Merkel und Bundestags-Präsident Wolfgang Schäuble rasselten aneinander. Schließlich fanden die Abgeordneten einen neuen Termin; ihr Mini-Parlament soll sich nun am kommenden Montag treffen.
Doch damit waren die Probleme noch nicht beendet. Nun begann ein parteipolitischer Grabenkampf im Bundestag. Aus den Reihen von CDU und CSU kam eine Initiative, die in Paris als Affront gewertet wurde: Beide Kammern sollten, obwohl sie künftig zweimal im Jahr gemeinsam tagen werden, getrennt abstimmen.
Die 50 deutschen Bundestagsabgeordneten hätten so ein Vetorecht gegen Beschlüsse ihre 50 französischen Kollegen erhalten. Doch das hätte die gemeinsame Versammlung ad absurdum geführt. Der Vorstoß wurde abgeblockt, eine doppelte Mehrheit soll es nun nur noch bei der Geschäftsordnung geben.
Damit ist der Weg frei für den Bundestags-Beschluss, der die deutsch-französische Versammlung auf den Weg bringen soll. Er soll am Mittwoch kommen. Doch ähnlich wie beim Elysée-Vertrag gibt es auch jetzt wieder Streit über die politische Stoßrichtung der Zusammenarbeit.
Atlantisch bleiben, europäischer werden – auch dafür ist eine engere
Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Zusammenarbeit zwischen beiden Parlamenten unverzichtbar.
Und genau wie damals geht es erneut um die Frage, welche Rolle die transatlantischen Beziehungen und die außen- und sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit den USA und der Nato spielen soll. Der Bundestag will ein klares transatlantisches Bekenntnis ablegen…
…und die Assemblée Nationale damit indirekt an die USA und die Nato binden. Dabei hat Präsident Macron doch ein “souveränes EUropa” gefordert, das ohne die USA handlungsfähig sein soll. Das erste Treffen des deutsch-französischen Mini-Parlaments kann lustig werden!
Dies ist die Kurzfassung eines Beitrags für die Elektrotaz. Die Langfassung (mit Zitaten) steht hier. Siehe auch “Transatlantische Illusion” und “Der heimliche Machtkampf, der EUropa zerreißen könnte”
Holly01
25. März 2019 @ 19:44
Dieses Gebilde soll die Inhalte aus dem Aachener Vertrag beschleunigen und die Heckenschützen und Bremser abräumen.
In dem Tempo, wie die EU zerfällt hat das deutsch-französische Duo vielleicht von 5 Jahre, bei einer massiven Krise unterwegs (und danach sieht es ja jetzt aus) können das auch nur noch 2-3 Jahre sein.
Dann ist die Entwicklung der EU inhaltlich komplett durch Fraktionen blockiert.
vlg
Kleopatra
25. März 2019 @ 08:17
Wenn ein Beschluss der gemeinsamen Versammlung nur zustandekommt, wenn beide Teile jeweils mit Mehrheit zustimmen, haben nicht nur die deutschen Abgeordneten gegenüber den französischen ein “Vetorecht”, sondern auch umgekehrt.
Vor allem aber hat doch eine solche Versammlung m.E. keine substantiellen rechte, da ja ohnehin in jedem der beteiligten Länder das jeweilige Parlament zuständig ist. D.h. dass die gemeinsame Versammlung ohnehin nichts ohne Zustimmung des Bundestages beschließen kann (genausowenig ohne die der französischen Nationalversammlung).
ebo
25. März 2019 @ 08:46
Korrekt. Aber die Idee mit dem “veto” kam von der deutschen Seite, aus CDU/CSU. Sie führt die Grundidee der neuen Versammlung ad absurdum – gemeinsam Ideen und Initiativen zu entwickeln, auf die Macron und Merkel und ihre jeweiligen Parlamente nicht kommen.
Kleopatra
25. März 2019 @ 08:50
Die Entwicklung von Ideen setzt voraus, dass man miteinander redet und ist deshalb nicht sehr auf die Möglichkeit von Beschlüssen angewiesen (und reden können die ja ungehindert). Aber dass Merkel und Macron Ideen fördern wollen, auf die sie nicht eh selbst kämen, darauf wird man warten können, bis man schwarz wird.
Peter Nemschak
20. März 2019 @ 18:43
Ich habe wiederholt geschrieben, dass ich Ihre Vorschläge bezüglich der EU nicht teile und bin damit nicht allein, wie die Mehrheit im deutschen Bundestag zeigt. Transatlantisch und europäisch sind kein Widerspruch. Offenbar endet Meinungsfreiheit für Sie dort, wo der linksliberale Diskurs der letzten 30 Jahre in Frage gestellt wird. Das linksliberale Diskursmonopol an amerikanischen Eliteuniversitäten wird übrigens vom konservativen Historiker Niall Ferguson in einem jüngsten Interview in der NZZ kritisiert. Wer nicht links ist wird, so Ferguson, ins Nazieck gestellt.
ebo
20. März 2019 @ 19:24
…sagt der Mann, der mit Abstand die meisten Kommentare in diesem Blog veröffentlich hat. Armes Opfer der bösen intoleranten Linken. Nun gut, demnächst werden wir neue Kommentarregeln einführen. Es kann nicht sein, dass ein Einziger mit seinen Obsessionen das gesamte Forum in Atem hält.
Georg Soltau
21. März 2019 @ 12:59
Hallo ebo, machen Sie sich keine zu großen Sorgen, ich bin der Überzeugung, dass die Mehrheit der Leser Ihres Blogs die besagten Kommentare in die richtig Ecke einordnen.
Wenn jemand von einer freien, liberalen Marktwirtschaft reden, in der es möglichst wenig, besser noch keinen staatlichen Regeln oder Leistungen geben soll und wenn derjenige dann zum Durchsetzen der eigenen Interessen staatliche Hilfe, nämlich ein starkes Militär fordert……wenn derjenige dann noch einer Berufsgruppe angehörte die mit der größten staatlichen “Sozialhilfe” der letzten Jahrzehnte gerettet werden musste….. ach ja, ach nee, was soll man dann noch sagen ?
Peter Nemschak
20. März 2019 @ 14:59
Der Bundestag hat ein realistischeres Bild als Macron über die wahren Stärkeverhältnisse der EU. Das “souveräne Europa” klingt unter den gegebenen Voraussetzungen eher wie ein neutralistisches blockfreies Europa – Traum der Eurokommunisten während des Kalten Kriegs. Was spricht gegen ein liberal-konservatives Europa mit klarem Bekenntnis zur kapitalistischen Marktwirtschaft? Siehe: Die Ordnung der Freiheit und ihre Feinde (Thomas Mayer) – die bizarren Verbrüderungen der politischen Rechten und Linken gegen die liberale Ordnung.
ebo
20. März 2019 @ 15:50
Ist Macron für Sie jetzt Eurokommunist – oder was? Wenn Sie jeden Blogpost für Ihre kruden Phantasien nutzen wollen, suchen Sie sich bitte ein anderes Forum.
Holly01
20. März 2019 @ 18:07
Dagegen spricht, das die Liberalen sich nie entscheiden können.
Wenn es eine “unsichtbare Hand” des Marktes gibt, dann ist die Grundlage (weil es keine Alternative dazu gibt) eine Begrenzung der Instinkte durch die Vernunft. Es ist mir völlig Wumpe wie Sie das nennen. Man nennt es jedenfalls Ordoliberalismus und der unterwirft sich der Erkenntnis das Arbeitsteilung ein Minimum an Kooperation erzwingt, wenn man selbst überleben will. Die geläufigste Formulierung ist der kategorische Imperativ.
Wenn Sie das akzeptieren dann sind Sie bei der Scholastik, der Vernunft, der Absprache, der Logik.
Aber dann können Sie auch nicht paläoliberale Inhalte dreschen, das jede Umverteilung Diebstahl wäre. Das jede Regelung den Markt behindert und das nur die reine pure Gier zu einem (dann auch wieder gerechten) Markt führt der seine maximale Stärke entfaltet.
Es geht NICHT BEIDES !!
Denn ein paläoliberaler Markt aus asozialen Einzelsubjekten ist NICHT dazu in der Lage soziale Wirkung zu entfalten, also eine Form der Gerechtigkeit, die der Gesellschaft dient und ein optimales Ergebnis erzielt.
Wenn Sie also ein liberales Europa möchten, dann definieren Sie welche Liberalität Sie denn meinen ….
Der Neoliberalismus oder besser Extremliberalismus ist inhaltlich ein Paläoloberalismus und der hat definitiv keine Mehrheit in der Gesellschaft, übrigens in keiner Gesellschaft, darum kommt die Vertreter dieser Ideologie auch so gerne mit Gewalt und Repressalien im Gepäck daher.
Also beenden Sie mein Schleudertrauma vom Kopf schütteln und sagen Sie mir “entweder” “oder” denn beides schließlich sich aus.
vlg