Stellvertreter-Krieg: Nato und UK planen Gegenoffensive 2.0
Schon die Frühjahrs-Offensive der Ukraine war eng mit den USA und der Nato abgesprochen. Doch angesichts fehlender Erfolge planen die Allierten nun die Gegenoffensive 2.0. Eine führende Rolle spielen offenbar die Briten.
Dies berichtet der britische “Guardian”. Unter dem Titel ‘”That’s our guy’: how UK military chief became key Nato liaison in Ukraine” wird die offenbar zentrale Rolle von Adm Sir Tony Radakin, “Britain’s most senior military officer“, herausgestellt. Der Brite werde nicht nur von der Ukraine, sondern auch von den USA anerkannt.
Ganz überraschend kommt das nicht. Schließlich versuchen die Briten seit Beginn des Krieges, eine führende Rolle zu spielen. So soll der frühere britische Premier Johnson im Frühjahr 2022 eine damals diskutierte Verhandlungslösung durchkreuzt haben. Auch beim “F-16-Bündnis” gehört London zu den Antreibern.
Bemerkenswert ist auch die Verwicklung der USA und der Nato in den Stellvertreter-Krieg. An einem Treffen an der polnisch-ukrainischen Grenze vor elf Tagen sei auch der Nato-Oberbefehlshaber Europa (SACEUR), der amerikanische General Christopher Cavoli, beteiligt gewesen, berichtet der “Guardian”.
Dabei betont die Nato doch immer, sie habe mit dem Krieg nichts zu tun, selbst die Waffenlieferungen in die Ukraine werden angeblich nur von der Ramstein-Gruppe koordiniert. Die Realität sieht anders aus. Bis ins Detail wurde die Gegenoffensive 2.0 mit dem ukrainischen Armeechef Walerij Saluschnyj besprochen.
Kiew bestätigt den “Kriegsrat”
Bestätigt wurde das jetzt sogar aus Kiew. Niemand Geringeres als Mychajlo Podoljak, der Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, räumte das Treffen ein, wie die “Berliner Zeitung” meldet. Der “Kriegsrat” mit den Allierten sei nichts Ungewöhnliches. „Es gibt viele solcher Treffen“, sagte Podoljak.
Na dann… darf man wohl gespannt sein, ob die Gegenoffensive 2.0 die erhofften militärischen Erfolge bringt. Wenn es nicht klappt, fällt das Scheitern unweigerlich auch auf die USA, das UK und die Nato zurück. Niemand kann dann mehr sagen, die Ukraine sei allein schuld, weil sie die falsche Taktik anwende…
Mehr zum Ukraine-Krieg hier
P.S. Offenbar werden auch die Drohnen-Angriffe auf zivile Ziele in Moskau vom Westen begünstigt. Ukrainische Angreifer nutzten “intelligence (often from Western partners) about radars, electronic warfare and air-defence assets”, schreibt der “Economist”. Dabei beteuern die USA doch immer, sie hätten damit nichts zu tun...
KK
28. August 2023 @ 16:08
@ Stref:
„Er [Selenskyj] hat aber das Gegenteil gemacht und den Nato-Beitritt mit Verfassungsrang ausgestattet.“
Wenn ich mich recht entsinne, dann war das mit dem NAhTOd-Beitritt in der Verfassung ganz am Anfang von 2019 und damit noch vor seiner Wahl zum Präsidenten. Es passt ihm jetzt nur gut in den Kram!
Stef
28. August 2023 @ 15:36
Hätte Zelenski die Neutralität der Ukraine zum Verhandlungsgegenstand machen wollen, hätte er dies auch schon vor 2022 tun können. Er hat aber das Gegenteil gemacht und den Nato-Beitritt mit Verfassungsrang ausgestattet. Insofern war seine Bereitschaft im Frühjahr 2022 darüber doch zu verhandeln erkennbar ein Paradigmenwechsel. Bis er wieder vom Tisch genommen wurde.
Wenn die unglaubwürdige Lesart sein soll, dass wegen Butscha erfolgversprechende Friedensgespräche abgebrochen wurden, muss Russland wohl dasselbe für die dauernde Bombardierung ziviler Gebiete auf dem Stadtgebiet von Donetzk zugebilligt werden. Mit dem Ergebnis, dass es keinen Frieden geben kann, weil im Krieg immer die Gegenpartei der einzige böse Bube ist.
Frieden war von der Ukraine nicht gewollt, ebenso wie die Erfüllung der beiden Minsk-Verträge. Sie zahlt dafür einen zunehmend hohen Preis. Und sie wird, wenn es so zäh mit ihren Offensiven weitergeht, vom Westen fallengelassen. Die USA sind bekannt dafür, sich selbst der Nächste zu sein (siehe die Kurden im Nordsyrien und Nordirak).
Was immer schwerer zu leugnen wird, ist dass es einen Frieden nur unter Berücksichtigung auch der russischen Sicherheitsinteressen geben kann. Solange dies unter Hinweis auf angebliche einseitige Kriegsverbrechen oder überlegene westliche Waffentechnik weiter negiert wird, bleibt Krieg, Leid und Zerstörung. Für mich sind die Gründe, warum nicht verhandelt werden kann, vorgeschobene Ausreden. Aber jeder mag Glauben, was er will…
KK
28. August 2023 @ 15:06
@ Kleopatra:
“…sondern wurde auch in Berichten über die Truppenverstärkung in den baltischen Staaten (etwa zum Thema deutsche Brigade) so referiert.”
ROFL!
Ja nee, is klar… “wurde so referiert”! LOL!
Kleopatra
28. August 2023 @ 14:21
@ebo: Nach meiner eindeutigen Erinnerung war Zelens’kyj bis März/April 2022 bereit, über Neutralität der Ukraine etc. zu verhandeln; danach ging freilich nichts mehr. Und die NATO hatte ja 2008 die Ukraine gerade nicht zum Mitglied in langfristiger Zukunftsperspektive erklärt. Und dass die Entscheidung, nicht mehr nur relativ wenige Truppen in den baltischen Staaten zu stationieren (und im Eventuallfall mit einer NATO-Gegenoffensive nach anfänglichem Vorrücken russischer Truppen zu kalkulieren), sondern deutlich stärkere Kräfte zu positionieren, um Russland keinen Fußbreit Boden vorübergehend zu überlassen, mit den Erfahrungen mit Russland als Besatzungsmacht im Umland von Kyiv zu tun hat, leuchtet nicht nur unmittelbar ein, sondern wurde auch in Berichten über die Truppenverstärkung in den baltischen Staaten (etwa zum Thema deutsche Brigade) so referiert.
KK
28. August 2023 @ 13:04
@ Kleopatra:
“Die russische Führung hat Kriegsverbrechen geduldet oder sogar begünstigt…Erst seitdem erklärt die Ukraine öffentlich, unbedingt in die NATO zu wollen.”
@ ebo:
“Den Nato-Beitritt hat die Ukraine schon vor dem Krieg angestrebt, auch das hat mit Butscha nichts zu tun.”
Die Ukraine hat sogar das Ziel den NAhTOd-Beitritt bereits 2019 in ihrer Verfassung verankert. Das war im Grunde genommen schon dreist, da dies ja nicht nur die Sicherheit der Ukraine berührt, sondern, wie wir sehen, die ganz EUropas! Und somit nicht die alleinige Entscheidung der Ukraine ist, sondern jedes einzelne NAhTOd-Mitglied ein Veto-Recht hat!
KK
28. August 2023 @ 11:31
@ Kleopatra:
“Aber nochmal zu der angeblichen Verhandlungsbereitschaft auf ukrainischer Seite, die angeblich die Briten im Frühjahr 2022 durch einen Befehl beendet hätten:
nachdem klar wurde, wie sich die russische Armee in den nördlichen Vororten Kyivs aufgeführt hatte, ist die Bereitschaft, mit den Russen Kompromisse zu machen, einfach auf Null gesunken…”
Da die Vorgänge “in den nördlichen Vororten Kyivs” aber noch gar nicht von unabhängiger Seite (und wer ist schon wirklich unabhängig von denen, die bislang dort waren? Selbst der IStGH hat sich vom Westen instrumentalisieren lassen!) untersucht wurden, stellt sich die Frage: Was ist hier Henne, und was Ei?
Anders ausgedrückt: Gab es erst den Befehl zum Verhandlungsabbruch, und dann wurde propagandistisch ein Grund dafür konstruiert, oder gabs diesen “Grund für den Verhandlungsabbruch” tatsächlich?
Im Krieg vertraue ich grundsätzlich keiner Seite, denn um die unterstellten russischen Massaker gibt es durchaus viele Ungereimtheiten…
Kleopatra
28. August 2023 @ 09:04
Vielleicht versuchen auch britische Zeitungen, Großbritannien eine wichtigere Rolle im Kriegsgeschehen zuzuschreiben als der Realität entspricht. (Jedes Land streicht eben die eigene Rolle heraus, in Deutschland etwa wird sicher mehr über deutsche Waffen berichtet als in GB). Aber nochmal zu der angeblichen Verhandlungsbereitschaft auf ukrainischer Seite, die angeblich die Briten im Frühjahr 2022 durch einen Befehl beendet hätten:
nachdem klar wurde, wie sich die russische Armee in den nördlichen Vororten Kyivs aufgeführt hatte, ist die Bereitschaft, mit den Russen Kompromisse zu machen, einfach auf Null gesunken, und das hat die russische Seite sich selbst zuzuschreiben. Und nicht nur hier: bis zu diesem Zeitpunkt sah die NATO-Strategie noch vor, bei einem etwaigen russischen Angriff mit einem russische Vormarsch in gewissem Umfang zu rechnen, bis die eigenen Truppen da wären und zurück angreifen würden. Seit “Butscha” gilt für die baltischen Länder das Prinzip, dass auch das kleinste Vordringen der russische Armee verhindert werden muss (was natürlich viel stärkere NATO-Truppen im Baltikum bedeutet). Die russische Führung hat Kriegsverbrechen geduldet oder sogar begünstigt, und damit hat Russland jeden “Kompromiss” mit sich selbst sehr viel schwieriger gemacht. Erst seitdem erklärt die Ukraine öffentlich, unbedingt in die NATO zu wollen.
ebo
28. August 2023 @ 11:39
Die Positionierung der Nato hat mit Butscha nichts zu tun. Den Nato-Beitritt hat die Ukraine schon vor dem Krieg angestrebt, auch das hat mit Butscha nichts zu tun.
Thomas Damrau
28. August 2023 @ 07:44
Die Verantwortlichen in Militär und Politik drücken sich immer wieder um die entscheidende Frage „Wo wollen wir hin?“ – und diese Frage ist durchaus geographisch gemeint.
Nehmen wir mal an, die Ukraine bekommt ihre V3-, V4-, V5-Wunderwaffen und noch ordentlich Coaching von den Briten (die ja in letzten 50 Jahren nur im Irak als Junior der USA praktische Kriegserfahrung gesammelt haben – naja Falkland …).
Nehmen wir weiter an, den Ukrainern gelingt ein Durchbruch durch die russische Verteidigungslinie (und dieser Durchbruch muss breit sein, damit sich die Frontlinie sich nicht wieder hinter den voranstürmenden Truppen schließt und diese nicht eingekesselt werden.)
Nehmen wir an, den ukrainischen Truppen gelingt der Durchbruch zur Krim.
Dann wäre Russland zweifelsohne in einer prekären Lage. Dann wird Putin sagen „Mist“ und Selenskyj wird fordern „So, Wladimir, jetzt rück noch die Krim raus – dann können wir über Frieden reden.“
Und dann wird Putin sagen „Na gut“. Und dann erscheint auf dem Bildschirm in großen Lettern „THE END“.
Wirklich? Ich vermute eher: „Stay tuned for the next season of our favorite war drama!“
Robby
27. August 2023 @ 22:40
„bis zum letzten ukrainer“
„bestes investiertes geld der usa“
sen. lindsay graham
realität – siehe dreizin report wo dokumentiert ist wie unsere steuergelder in rauch aufgehen.
Katla
27. August 2023 @ 20:12
Hoffentlich ist damit auch das verlogene Narrativ endgültig entlarvt, mit dem man Friedensbefürwortern gern den Mund stopft:” Die Ukraine entscheidet ganz allein..”, ob, wann und wie der Krieg weitergeht. Nichts, was mit dem Krieg auch im entferntesten zusammenhängt, entscheidet die Ukraine allein.
KK
27. August 2023 @ 15:15
“Dabei betont die Nato doch immer, sie habe mit dem Krieg nichts zu tun, selbst die Waffenlieferungen in die Ukraine werden angeblich nur von der Ramstein-Gruppe koordiniert. Die Realität sieht anders aus. Bis ins Detail wurde die Gegenoffensive 2.0 mit dem ukrainischen Armeechef Walerij Saluschnyj besprochen.”
Das kann völkerrechtlich doch wohl nicht mehr länger anders verstanden werden als eine offene Kriegserklärung an Russland… frei nach Baerbock: “egal, was unsere Politiker sagen!”