Sozis in der Euro-Krise

Das neue Triumvirat in Berlin redet anders als die Genossen in Paris oder Athen 

Kurz vor dem Euro-Sondergipfel in Brüssel hat die SPD in Berlin eigene Vorschläge zur Lösung der Schuldenkrise vorgelegt. Dazu zählt neben einem Schuldenschnitt für Griechenland auch die Auflage von Eurobonds. SPD-Chef Gabriel, Fraktionschef Steinmeier und Ex-Finanzminister Steinbrück bieten Kanzlerin Merkel zudem eine Art Notbündnis zur Rettung des Euro an. Vermutlich wollen sie damit von der eigenen Misere ablenken.

Denn die Sozialdemokraten sind weit davon entfernt, eine eigene Linie in der Wirtschafts- und Währungspolitik zu haben. In Berlin rangeln die „Stones“ (Steinmeier und Steinbrück) um den richtigen Kurs und um den besten Platz für die nächste Bundestagswahl. In Brüssel schaffen es die Sozis unter SPD-Frontmann Schulz trotz wohl gemeinter Aufrufe nicht, sich Gehör zu verschaffen (siehe mein Blogeintrag vom 9. Juni). Und in Athen, wo die Genossen an der Macht sind, tun sie das Gegenteil von dem, was sie auf EU-Ebene fordern.

Radikale Budgetkürzungen, massive Privatisierungen und sozialer Kahlschlag sind das – zugegeben aus der Not geborene – Markenzeichen von Premier Papandreou in Griechenland. Genau das Gegenteil – einen Marschallplan für Südeuropa, Zukunftsinvestitionen und die Rettung des Sozialstaats fordern die Sozialdemokraten in Brüssel. Die Berliner Sozis können sich wie immer nicht entscheiden und formulieren ein entschiedenes „Sowohl als auch“: Gegen Merkel, aber auch mit ihr – in größter Not wollen die “Stones” nicht abseits stehen.

Dieses Reden mit gespaltener Zunge versteht kein Mensch. Aus deutscher Sicht mag es zwar taktisch geschickt sein, wie M. Spreng meint. Auf europäischer Ebene führt es aber nur dazu, dass die Sozialdemokraten selbst in die Euro-Krise rutschen und auch noch die letzten Bastionen ihrer Macht verlieren. In Portugal ist die sozialdemokratische Regierung schon weg vom Fenster, in Griechenland wackelt sie, in Spanien ist der Machtwechsel unvermeidlich. Und ob die „Stones“-Strategie in Deutschland verfängt, ist alles andere als sicher.

Sicher ist nur eins: Die aktuelle Euro-“Rettungsstrategie“ ist gescheitert. Sie geht von falschen Prämissen aus, kuriert an den Symptomen herum und hinkt der Entwicklung an den Märkten hinterher. Sie ist auch nicht neutral, sondern eindeutig der politischen Rechten in Europa zuzuordnen, die derzeit nicht nur in Berlin, sondern auch in Paris, Rom und Brüssel den Ton angibt.  

Wer den Euro retten will, darf daher nicht auf Merkels Plänen aufbauen, sondern muss radikal mit ihnen brechen. In Frankreich, wo sich die Sozialisten für die Präsidentschaftswahl 2012 warm laufen, hat man dies offenbar erkannt. Hier liegen gleich mehrere Alternativ-Entwürfe vor; Sozialistenchefin Aubry sucht auch den Kontakt zu Genossen aus der EU, wie J. Quatremer berichtet.

Die deutschen Sozialdemokraten lehnen sich nicht so weit aus dem Fenster. Fehlt ihnen der Mut, oder überwiegen am Ende doch wieder deutsche Interessen, wie so oft in letzter Zeit?

 

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