Sommerserie: Das sind (bisher) die Gewinner und Verlierer des Krieges

In Europa herrscht wieder Krieg – und die EU kämpft mit. Wie konnte es dazu kommen, und wo soll das alles enden? Unsere Sommerserie versucht, die wichtigsten Fragen zu beantworten. Heute: Wer sind die Gewinner und Verlierer des Krieges?

Die Verlierer sind schnell benannt: Es sind die Ukraine, die überfallen wurde und täglich mehr Land (und Menschen) verliert; Russland, das durch den Militäreinsatz und den Wirtschaftskrieg geschwächt wird – und Deutschland und die EU, die unter den Folgen des Krieges und den kontraproduktiven westlichen Sanktionen leiden.

Deutschland hat sein „Geschäftsmodell“ verloren, das auf offenen Märkten, billigen Arbeitskräften und günstigen Energielieferungen beruhte. Deshalb rutscht es nun in eine schwere Wirtschaftskrise. Das größte EU-Land hat aber auch strategisch und politisch verloren – statt die EU zu „führen“, ist Kanzler Scholz in der Dauer-Defensive.

Die EU gehört ebenfalls zu den Verlierern. Sie hat den Frieden verloren, muss ihre neoliberale Politik der globalen Marktöffnung aufgeben und beginnt nun, sich von Russland und China abzuschotten. Damit wird auch das europäische Modell hinfällig. Es beruhte auf dem Glauben, der Handel werde den Frieden sichern und alle reich und glücklich machen…

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Die größten Gewinner sind die USA, die Türkei und Saudi-Arabien. Die USA haben Russland geschwächt, ihre Hegemonie über Europa erneuert und die Nato wiederbelebt, die nun sogar in China aktiv werden könnte. Auch wirtschaftlich zahlt sich der Krieg für die USA aus, vor allem für die expandierende Energie- und die Rüstungsindustrie.

Die Türkei betreibt eine gewagte Schaukelpolitik zwischen den USA und der Nato auf der einen, Russland und der Ukraine auf der anderen Seite. Sie hat sich den westlichen Sanktionen entzogen und den Getreidedeal vermittelt. Sie stößt damit in die Lücke, die die EU auf der Weltbühne hinterlassen hat – und fordert sogar die Nato heraus.

Noch atemberaubender ist der „Kriegserfolg“ von Ländern wie Saudi-Arabien, Katar oder Aserbaidschan. Um von Russland „unabhängig“ zu werden, haben die USA und die EU diese Autokratien wieder hoffähig gemacht. Der Kniefall von Biden, von der Leyen oder Habeck wurde jedoch nicht belohnt; der „Werte-Westen“ hat sich blamiert…

Fazit: Auch in dieser Frage lohnt sich die Unterscheidung zwischen Krieg und Wirtschaftskrieg. Der militärische Konflikt ist kaum zu gewinnen – selbst die USA scheuen eine direkte Intervention. Der Wirtschaftskrieg hingegen schwächt Russland, Deutschland und die EU – und er stärkt die USA, die sich nun auf die nächste Konfrontation vorbereiten: gegen China!

P.S. 2023 ist Deutschland in die Rezession gerutscht, während Russland wieder Wachstum meldete…

Weiterführende Links:

VOX: How do we know who’s winning in Ukraine?

Handelszeitung: Die wirtschaftlichen Folgen eines halben Jahres Ukraine-Krieg

The American Conservative: Who is Winning the Russo-Ukrainian War?