Sie reden von Effizienz
In der Energiepolitik präsentiert sich Deutschland gern als Musterschüler. Doch nun kommt heraus: Berlin hält nicht einmal die aktuellen EU-Ziele beim Energiesparen ein. Und der deutsche “Sünder” hat es auch nicht eilig, seine “Hausaufgaben” zu machen.
Im Juni war die Frist zur Umsetzung abgelaufen. Die EU-Richtlinie sieht vor, dass die Staaten bis 2020 ein Fünftel weniger Energie als 2008 verbrauchen. Dafür sollen sie eigene Ziele setzen und einen Fahrplan festlegen.
Doch das hat Berlin versäumt. Die EU-Kommission hat deshalb jetzt ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Neben Deutschland wurden noch 23 weitere EU-Länder gerügt – also fast alle Mitglieder.
Das Verfahren ist sowohl für Berlin als auch für Brüssel peinlich. In Brüssel ist es nämlich ausgerechnet der deutsche Energiekommissar Oettinger, der den blauen Brief verschicken musste.
Der CDU-Politiker konnte sich bisher nicht einmal bei „seiner“ Kanzlerin Merkel Gehör verschaffen. Die “Klimakanzlerin” hat neuerdings Wichtigeres zu tun.
In Berlin steht nun Wirtschaftsminister Gabriel (SPD) dumm da. Er hatte Oettinger medienwirksam zu mehr Ehrgeiz bei den Effizienzzielen für 2030 aufgefordert.
„Energieeffizienz ist eine der kostengünstigsten Optionen zur Treibhausgasminderung und bietet enorme Potenziale für Wachstum, zukünftige Jobs und Energieversorgungssicherheit“, hatte Gabriel noch Ende Juli getönt.
Doch nun wird offenbar, was Experten schon lange befürchtet hatten: Deutschland wird wohl nicht einmal die Vorgabe für 2020 einhalten.
Der Energieverbrauch der privaten Verbraucher steigt trotz aller Lippenbekenntnisse. Die Kunden werden nicht ausreichend über Einsparmöglichkeiten informiert, die Gebäudesanierung stockt.
Doch Berlin hat es nicht eilig – im Gegenteil. Die Bundesregierung dürfte auch die nun laufende zweimonatige Mahnfrist der EU-Kommission brechen.
Erst zum Jahresende soll ein Nationaler Aktionsplan Energieeffizienz stehen, heißt es. Offenbar haben “Energiesünder” weniger zu fürchten als “Defizitsünder”.
Der Ukraine-Krieg hat daran nichts geändert. Dabei reden doch jetzt alle von Energiesparen und einer angeblich vorrangigen “Energieunion”…
Siehe auch “Sie reden von Wachstum”
Baer
28. August 2014 @ 18:04
Sehr geehrter Herr Nemschak,
zunächst muß man sich die Gebäudesanierung leisten können, Fördergelder hin oder her.
Danach stellt sich die Frage in wie weit eine energetische Sanierung überhaupt kostensenkend sein kann, denn oftmals sind Dämmungen nicht nur nutzlos, sondern schädigen auch noch die Bausubstanz ( Gutachten gibt es zu Hauf).
Wenn ich mir Ihre Kommentare zu den unterschiedlichsten Themen ansehe,beschleicht mich manchmal der leise Verdacht ,dass es nicht immer nur Ihre eigene Sichtweise der Dinge ist.
Sollte ich mich irren,würde mich das freuen.
Peter Nemschak
28. August 2014 @ 20:02
Sie irren. In Österreich, das sicherlich nicht ärmer als Deutschland ist, werden die Förderungen gut angenommen.
Tim
21. August 2014 @ 10:08
Dabei hat Europa ja sogar das bestmögliche Instrument für eine vernünftige Energiepolitik, den Emissionsrechtehandel … Aber sogar das hat man auf allen Ebenen versemmelt.
ebo
21. August 2014 @ 10:20
Bestmöglich? Es funktioniert doch hinten und vorne nicht…
Tim
21. August 2014 @ 10:35
Sag ich doch. Es gibt – eigentlich – kein besseres Instrument für die Klima- und Energiepolitik. Vor allem ja in einer sehr heterogenen Witterungs- und Verbrauchslandschaft wie in der EU! Da hätte Europa mal richtig zeigen können, was es kann. Aber was passiert? Alle Staaten kochen zusätzlich ihr eigenes Süppchen und konterkarieren damit den Emissionsrechtehandel.
Ein Trauerspiel, wie so vieles in Europa.
Peter Nemschak
24. August 2014 @ 10:31
Offenbar sind die Strompreise in Deutschland für die Konsumenten nach wie vor zu niedrig. Sonst würden sie in höherem Umfang die bereitgestellten öffentlichen Fördergelder zur Sanierung ihrer Häuser und Wohnungen in Anspruch nehmen. Nicht an allem ist die Regierung schuld.
Peter Nemschak
21. August 2014 @ 08:05
Die überstürzte Energiewende in Deutschland hat bisher für den privaten Verbraucher nur Kosten und für die Energiewirtschaft Probleme gebracht. Unterm Strich ist nicht viel übrig geblieben. Oder? Welche 5 Staaten haben die Ziele erreicht? Wodurch?