Schweigend in den Krieg?

Master and Servant – früher hatte die EU mal eine eigene Iranpolitik… 

Wird die EU in einen neuen Golfkrieg hineingezogen? Nur zwei Tage nach dem Beginn des umstrittenen EU-Ölembargos gegen Iran spitzt sich die Lage im Persischen Golf bedrohlich zu. Die USA haben ihre Militärpräsenz drastisch erhöht, meldet SPON, Iran droht mit Vergeltung. Spannungen gibt es auch in der Türkei, die nicht nur Syrien, sondern sogar das EU-Mitglied Zypern bedrängt. Doch die EU schweigt.

In Brüssel hört man kaum noch etwas von Außenpolitik, die Eurokrise hat alle in ihren Bann geschlagen. Dass am 1. Juli das europäische Ölembargo gegen Iran in Kraft getreten ist, ging in dem Nachgipfel-Getöse völlig unter. Dabei ist das Embargo vor allem für das ohnehin gebeutelte Griechenland ein Problem, denn es bezog bisher den Großteil seines Öls aus Iran, und der versprochene Ersatz ist offenbar noch nicht voll gesichert.

Ein Problem ist aber vor allem die Politik der USA und Israels. Sie nutzen das Embargo, um Iran noch mehr unter Druck zu setzen. Offenbar fürchtet man in Washington, die Regierung in Teheran könne als Vergeltung für das Ölembargo die strategisch wichtige Straße von Hormuz dicht machen. Ein entsprechender Gesetzentwurf ist, glaubt man SPON, offenbar schon auf dem Weg. 100 von 290 iranischen Abgeordneten hätten ihn bereits unterzeichnet.

Nun kommt eine solche Trotzreaktion alles andere als unerwartet; das Mullah-Regime hatte damit schon bei den ersten Diskussionen über ein westliches Ölembargo gedroht. Umso überraschender ist nun das Schweigen der EU. Die EU-Außenbeauftragte Ashton hat seit dem 1. Juli kein einziges Statement zum völkerrechtlich umstrittenen Embargo und seinen Folgen abgegeben. Auch das bedrohliche Säbelrasseln der Amerikaner quittiert sie mit Schweigen.

Während man in den USA schon von einem “Wirtschaftskrieg” gegen Iran spricht und selbst einen Waffengang nicht ausschließt – Israel hat damit offen gedroht – schauen die Europäer weg. Ashton & Co. tun immer noch so, als habe die EU mit der Eskalation am Golf nichts zu tun, als läge der Ball allein auf Seiten Teherans. Nur für die Atomgespräche fühlt man sich in Brüssel zuständig, nicht jedoch für die Drohkulisse.

Dabei ist die EU längst Teil der Eskalation am Golf, und die Gefahr ist groß, dass sie sich stillschweigend in einen Krieg ziehen läßt. Unter Ashtons Amtsvorgänger Solana wäre dies undenkbar gewesen; er konzipierte eine eigenständige europäische Iranpolitik, um sich von den USA zu emanzipieren und genau dieses Szenario zu verhindern. Jetzt ist es Wirklichkeit geworden – und niemand redet darüber…  

Befremdlich ist auch das europäische Schweigen, wenn es um die Türkei geht. Der EU-Anwärter droht nicht nur mit einem militärischen Eingreifen in Syrien. Er will auch alle Aktivitäten des neuen EU-Vorsitzes Zypern boykottieren. Das ist ein massiver Affront, den die EU mit deutlichen Worten zurückweisen sollte. Doch zum Start der zypriotischen Ratspräsidentschaft am 1. Juli schwiegen Ashton & Co.

Stattdessen versicherten 16 EU-Außenminister in einem offenen Brief in der türkischen Zeitung “Hürriyet”, dass die Türkei als Partner Europas unverzichtbar sei. Die Schikanen gegen Zypern wurden in dem Text mit keinem Wort erwähnt. Ein gewisser G. Westerwelle hat übrigens auch unterschrieben…

 

  

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