Salvinis Flop

Er wollte die ganze Macht – und findet sich in der Opposition wieder: Der Führer der rechten Lega, Matteo Salvini, hat sich verzockt. Doch die EU sollte sich nicht zu früh freuen.

Kommissionschef Jean-Claude Juncker hatte es eilig. Italiens alter und neuer Ministerpräsident Giuseppe Conte war kaum mit der Regierungsbildung beauftragt worden, da kamen schon die Glückwünsche aus Brüssel.

“Italien spielt eine zentrale Rolle in unserer europäischen Familie und wir zählen auf seinen aktiven Beitrag zum europäischen Projekt“, sagte Junckers Sprecherin. 

Es klang wie ein Seufzer der Erleichterung. Mit Conte, das weiß man in Brüssel, kann die EU konstruktiv zusammenarbeiten. Mit dem bisherigen Innenminister und Lega-Führer Matteo Salvini konnte man es nicht.

Vor allem in der Flüchtlings- und in der Finanzpolitik war Salvini für die EU ein rotes Tuch. Der Rechtspolitiker sperrte italienische Häfen für Rettungsboote und drohte, sich über die strikten EU-Haushaltsregeln hinwegzusetzen.

Allerdings werden die Probleme auch mit Conte nicht über Nacht verschwinden. Er hat zwar eine humanere Migrationspolitik angekündigt und dürfte, so hofft man in Brüssel, keine neuen Flüchtlingsdramen provozieren.

Doch an der katastrophalen Lage in Libyen – von wo aus die meisten Boote gen Italien ablegen – ändert sich ebenso wenig wie am Streit um die Seenotrettung. Wie es weiter geht, soll ein EU-Krisentreffen am 19. September auf Malta klären.

Auch am italienischen Schuldenberg wird sich nichts ändern. Er ist auch in den Jahren weiter gewachsen, in denen sich Rom an die strikten EU-Vorgaben hielt. Schuld sind die Schuldenregeln, die prozyklisch wirken.

Und dann ist da noch die Unzufriedenheit der Italiener. Salvini hat sie populistisch ausgebeutet – doch auch sie verschwindet nicht über Nacht. Im Gegenteil: Eine neue Regierung ohne Wahl könnte den Frust noch verstärken.

Salvini weiß das. Er will den Volkszorn anstacheln – und ruft zu einer Massendemo nach Rom. Der 19. Oktober soll zum “Tag des italienischen Stolzes” werden. Die Krise ist noch lange nicht vorbei…

Siehe auch “Ist Salvini eine Gefahr für die EU?”