Russland grollt, Polen schmollt – und Holland übt (den Lockdown)

Die Watchlist EUropa vom 14. Oktober 2020. –

Die EU will eine Macht des Ausgleichs sein, sie pflegt den Kompromiss. Doch seit sie sich “geopolitisch” definiert und “die Sprache der Macht” übt, gibt es Ärger. Gleich drei Länder haben die Union und ihren deutschen Vorsitz herausgefordert.

Russland zeigt sich empört über die neuen, im Eilverfahren und ohne Täterermittlung durchgebrachten EU-Sanktionen im Fall Nawalny. Außenminister Lawrow warnte vor einem Ende des Dialogs mit dem Westen.

“Vielleicht sollten wir für eine Zeit einfach aufhören, mit ihnen zu sprechen – vor allem, wenn Ursula von der Leyen mitteilt, dass mit dem gegenwärtigen russischen Apparat eine geopolitische Partnerschaft nicht gelinge”, sagte Lawrow. 

Der Ärger ist verständlich. Denn der deutsche EU-Vorsitz hat nicht einmal versucht, Russland in die Aufklärung des Falls Nawalny einzubeziehen. Zudem wendet Außenminister Maas doppelte Standards an – Russland wird bestraft, die Türkei hingegen geschont.

Womit wir beim zweiten Störenfried wären. Sultan Erdogan macht sich mittlerweile einen Spaß daraus, Griechenland zu provozieren und die EU vorzuführen. Er fühlt sich offenbar sicher – schließlich hat ihm Kanzlerin Merkel eine “positive Agenda” versprochen.

Merkel ist auch auf Polen zugegangen – und hat den geplanten Rechtsstaats-Mechanismus entschärft. Doch der Führung in Warschau ist das nicht genug. Sie kündigte ein Veto gegen das neue EU-Budget und das geplante Corona-Konjunkturprogramm an.

“Wir werden unsere Identität, unsere Freiheit und Souveränität um jeden Preis verteidigen. Wir lassen uns nicht mit Geld terrorisieren. Unsere Antwort auf solche Aktionen ist ganz klar nein” sagte Vize-Regierungschef Kaczynski.

Damit wackelt alles, was der deutsche EU-Vorsitz in den letzten drei Monaten aufgebaut hat. Und das kurz vor dem EU-Gipfel am Donnerstag, wo auch noch der geplante Brexit-Deal auf der Kippe steht. Ein Trauerspiel…

Siehe auch “Corona-Präsidentschaft: In the Middle of Nowhere”

Watchlist

Kann der deutsche EU-Botschafter das Europaparlament doch noch überzeugen? Oder muß im Budgetstreit die Kanzlerin ran? Dies dürfte sich bei einem informellen Frühstück um 7.30 Uhr in Brüssel zeigen. Das Parlament hatte die Gespräche empört abgebrochen, nachdem Berlin einen aus seiner Sicht unzureichenden Kompromiss vorgelegt hatte. “Politische Verhandlungen müssen politisch geführt werden”, sagt ein Abgeordneter. Zu gut deutsch: der Botschafter reicht nicht mehr… – Mehr hier

Was fehlt

Das grüne Licht der Welthandelsorganisation WTO für EU-Strafzölle in Höhe von bis zu vier Milliarden Dollar (3,4 Milliarden Euro) auf US-Importe. Vor einem Jahr hatte die WTO den USA gestattet, Strafzölle in Höhe von 7,5 Milliarden Dollar auf EU-Waren zu verhängen – weil die Europäer Airbus unterstützt haben. Nun kommt die Retourkutsche gegen Boeing. Allerdings will die EU vorerst auf Strafen verzichten und den Dialog suchen. Und das kurz vor der US-Präsidentschaftswahl…

Das Letzte

Zu Beginn der Corona-Pandemie kamen die Niederlande noch ohne Lockdown aus, selbst einen Maskenzwang gab es nicht. Doch nun ist das Land stärker betroffen als Schweden, das ebenfalls vom Mainstream abwich. Am Mittwoch geht es nun in den teilweisen Lockdown. Unter anderem müssen Bars und Restaurants schließen. Essen darf nur noch geliefert oder von Kunden abgeholt werden. Auch darf ab dem Abend kein Alkohol mehr verkauft werden… – Mehr hier 

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