Milliarden für Impfstoffe in den Sand gesetzt?

Wie viel Geld zahlt die EU-Kommission an Big Pharma? Und was ist, wenn die Chemielabore nicht liefern? Die EU-Kommission will es nicht verraten – nun probt das Europaparlament den Aufstand.

Vorverträge in Milliardenhöhe, aber keine Transparenz: Dies will das Europaparlament nicht länger hinnehmen. Im Streit um die Entwicklung und Herstellung von Corona-Impfstoffen drohen die Europaparlamentarier, den Geldhahn zuzudrehen.

Es geht um bis zu 2,7 Milliarden Euro, die die EU-Behörde für so genannte „Advance Purchase Agreements“ – also Vorverträge – und den Erwerb eines Impfstoffs bereit gestellt hat.

Vorläufige Deals wurden bereits mit AstraZeneca, Sanofi-GSK sowie Johnson & Johnson abgeschlossen. Um welche Summen es geht und wie es um die Haftung steht, will die EU-Kommission aber nicht verraten.

Das treibt die Europaabgeordneten auf die Palme. „Vor dem Hintergrund, dass die Impfstoffe auch mit dem Geld der Steuerzahler entwickelt werden, ist es besonders wichtig, dass das öffentliche Interesse an wissenschaftlicher Sorgfalt, Sicherheit und Transparenz abgesichert wird“, schreibt der grüne Europaabgeordnete R. Andresen in einem Brief an Kommissionschefin Ursula von der Leyen.

Bisher habe die EU-Behörde aber keine Angaben zur Beschaffung der erhofften Impfstoffe und den Vertragskonditionen gemacht. Außerdem sei immer noch unklar, wie die Kommission sicherstellen will, dass ein Impfstoff gerecht an alle Bedürftigen ausgeliefert wird, so Andresen, der als einziger Deutscher im Haushaltsausschuss sitzt. 

„Die Impfstoffmilliarden dürfen nicht einfach in den Pharmakonzernen verschwinden, deshalb brauchen wir Transparenz über die Vertragsbestimmungen“, sagte Andresen. Die Grünen drohen sogar damit, Gelder im EU-Haushalt für das Jahr 2021 einzufrieren, wenn die Kommission nicht endlich Einsicht gewährt.  

Von der Leyen und Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides berufen sich auf Geschäftsgeheimnisse. Würde man sensible Informationen veröffentlichen, so könne dies die Ausschreibung von Lieferverträgen erschweren und die Arbeit der Kommission behindern. Dies gelte auch für die Haftungsklauseln und Entschädigungs-Regeln.

Auf der anderen Seite steht aber das Vertrauen der Bürger in die geplante Impf-Kampagne, warnt der französische Europaabgeordnete Pascal Canfin. „Wir werden weiter Druck auf die Kommission machen“, sagte der liberale Vorsitzende des Umweltausschusses der taz. Gerade in einer Krise wie der Corona-Pandemie sei Transparenz nötig.

Wohl wahr…

Siehe auch “Noch ein Deal mit Big Pharma – und der Steuerzahler haftet” und “Corona-Deals: wo bleibt die Transparenz?”

P.S. Intransparent geht es auch beim Kauf des angeblichen Corona-Wundermittels Remdesivir zu. Nach Angaben eines Insiders will die EU dem US-Biotechkonzern Gilead mehr als eine Milliarde Euro für die Lieferung von bis zu 500.000 Dosen zahlen. Die EU-Kommission lehnte jeden Kommentar ab. Kurz darauf wurde bekannt, dass Remdesivir aus Sicht der WHO unwirksam ist…