Pfizer-Affäre: Wie sich von der Leyen gegen Kritik immunisiert

Seit zwei Jahren weigert sich die EU-Kommission, den umstrittenen Impfstoff-Deal mit dem US-Pharmakonzern Pfizer offenzulegen. Kommissionschefin von der Leyen scheint immun gegen Kritik. Doch nun regt sich Widerstand.

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Nachfragen zwecklos, Ursula von der Leyen antwortet nicht. Wenn es um den größten Impfstoff-Deal aller Zeiten geht, den die Präsidentin der EU-Kommission im Frühjahr 2021 mit dem US-Pharmakonzern Pfizer abgeschlossen hat, dann gibt sich die Brüsseler Behörde äußerst zugeknöpft.

Was von der Leyen per SMS-Kurznachricht von ihrem Handy mit Pfizer-Chef Alfred Bourla abgesprochen haben mag, wird wie eine geheime Verschlusssache behandelt. Auch die milliardenschweren Verträge, die die CDU-Politikerin im Namen der EU abgeschlossen hat, bleiben tabu – nicht einmal das Europaparlament erhält volle Einsicht.

Die „New York Times“ biß bei ihren Nachfragen ebenso auf Granit wie die Europäische Staatsanwaltschaft, die EU-Bürgerbeauftragte oder der Rechnungshof. Selbst eine Strafanzeige, die ein Belgier im April gegen von der Leyen gestellt hat, trifft auf eine Mauer des Schweigens.

“No comment” vom Chefsprecher

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Ich habe nachgefragt. Was die Kommission denn zu der jüngsten Klage und zu den Vorwürfen gegen von der Leyen sage, wollte ich wissen. „No comment“, kein Kommentar, antwortete von der Leyens Chefsprecher Eric Mamer – nicht einmal, sondern mehrfach.

Dabei ist die EU-Kommission und ihre deutsche Chefin sonst nicht so schweigsam, wenn es um die Corona-Pandemie geht.

„Diese Pandemie hat das Gesicht der EU verändert, die zu einer echten Gesundheitsunion geworden ist“, prahlte von der Leyen am 5. Mai, als die WHO den weltweiten Gesundheitsnotstand für beendet erklärte. Die Coronakrise habe gezeigt, dass „die Stärke der EU in ihrer Einheit liegt“.

Tatsächlich hat die Union gehalten. Nicht jeder für sich allein, sondern alle gemeinsam haben die 27-Mitgliedstaaten Ende 2020 begonnen, den damals dringend benötigten Corona-Impfstoff bei Pfizer und anderen Pharmakonzernen zu bestellen.

Pandemie vorbei, Einheit bröckelt

Weil die Zeit drängte, nahm man es mit den Konditionen und der Kontrolle nicht so genau. Pfizer bekam mehrfach den Zuschlag – nicht zuletzt, weil der Impfstoff beim deutschen Unternehmen BionTech hergestellt wurde, wie von der Leyen immer wieder voller Stolz betonte. Das sichere Arbeitsplätze und Know-How in Europa, sagte sie.

Doch nun ist die Pandemie vorbei, und die Einheit bröckelt. Das EU-Parlament, das sich für die Europawahl im Juni 2024 warm läuft, fordert Rechenschaft über die Verträge, die von der Leyen ausgehandelt hat – und die die EU auch jetzt noch zur Abnahme des nicht mehr benötigten Impfstoffs verpflichten.

Einige EU-Staaten wollen die milliardenschweren Deals sogar nachverhandeln.

Dieser Beitrag ist zuerst in der “taz” erschienen. Der (leicht gekürzte) Artikel steht hier. Siehe auch “Pfizer-Affäre: Das hört nicht einfach auf”. Teil 2 steht hier