Tiefpunkt der Transparenz: New York Times vs. EU-Kommission
Die “New York Times” verklagt die EU-Kommission auf Herausgabe von Informationen zum umstrittenen Impfstoff-Deal mit Pfizer/Biontech. Doch selbst die Klage bleibt im Dunkeln, die EU erreicht einen neuen Tiefpunkt der Transparenz.
Die “New York Times” hatte 2021 den Milliardendeal zwischen der EU und Pfizer über den Kauf von Covid-19-Impfdosen aufgedeckt. Er wurde offenbar per SMS finalisiert – zwischen Kommissionschefin von der Leyen und Pfizer-Chef Bourla.
Die Kommission weigert sich jedoch, Details offenzulegen. Angeblich sind SMS keine offiziellen Dokumente und werden auch nicht gespeichert. Auch eine Beschwerde der Bürgerbeauftragten änderte nichts.
Nun klagt die “Times” vor dem höchsten EU-Gericht – doch wiederum herrscht Null Transparenz. Auf der Website des EuGH heißt es mehr als ein Dutzend mal “information not available” – nur die Sprache der Klage (“english”) wird offen gelegt.
Die Kommission selbst fand es nicht für nötig, sich zu äußern. Das Europaparlament weiß von nichts, hat sich bisher auch kaum um die Pfizer-Affäre gekümmert.
Es ist ein neuer Tiefpunkt der Transparenz – dabei geht es um Milliarden und um eine umstrittene Gesundheitspolitik, die neuerdings auch in den Händen der Kommission liegt!
Stillschweigen herrscht übrigens auch über ein Ermittlungsverfahren, das die europäische Staatsanwaltschaft gegen die Kommission eingeleitet hat. Weder die Anwaltschaft noch die Kommission geben Auskunft.
Es ist eine Omerta, dabei dürfte es auch in diesem Verfahren um den Pfizer-Deal gehen…
Siehe auch Neue SMS-Affäre : Die dunkle Seite der Macht in Brüssel. Mehr zu Pfizer und den EU-Deals hier
P.S. Nachdenklich stimmt auch, dass die “NYT” klagt – aber kein europäisches oder deutsches Medium. In der EU und in Deutschland hat man sich wohl schon zu sehr an obrigkeitsstaatliches Verhalten gewöhnt – auch von der Leyens SMS-Affäre in Berlin hatte keine Folgen…
Thomas Damrau
15. Februar 2023 @ 19:40
@Helmut Höft
Danke für den Link auf die RAND Analyse. Man kann über die dort dokumentierten Einschätzungen im einzelnen denken, was man will:
Eine solche Abwägung von Handlungsoptionen würde ich von der EU erwarten – selbst, wenn sie sich am Ende als falsch herausstellte.
Stattdessen nur ein glaubensfestes „Es gibt nur eine Option. Geht voran, Heiliger Selenskyj, Übervater Biden, hellsichtiger Kaczyński und weisest uns den Weg! Wir sind euch fest im Glauben verbunden.“ Amen!
Thomas Damrau
15. Februar 2023 @ 19:29
@KK + @european
Sie haben natürlich beide recht: Mit „Diskussion berechtigt“ meine ich nicht, dass man Englisch als EU-Sprache abschaffen sollte. Trotzdem sollte man sich darüber im klaren sein, dass Englisch nur deshalb in der EU hohe Priorität weil, weil es international weit verbreitet ist, nicht weil ein substantieller Teil der EU-Bevölkerung Englisch spricht.
KK
15. Februar 2023 @ 13:08
@ Martin Damrau:
” Aber natürlich ist die Diskussion schon berechtigt.”
Hinsichtlich Deutsch als weitere wichtige Amtssprache der EU gebe ich Ihnen Recht – aber englisch nach dem Brexit aufzugeben halte ich für bedenklich: ein grosser Teil der West-Europäer/Skandinavier wie auch auch die jüngere Generation in den Ländern der Osterweiterung hatten (oder haben) Englisch in der Schule als erste und/oder einzige Fremdsprache und versteht es zumindest rudimentär. Nicht zuletzt durch das www hat Englisch weltweit noch zusätzliche Bedeutung erlangt (zu derjenigen, die das britische Empire und der US-Imperialismus ihr bereits verschafft hatte).
Wenn wir jetzt in den Schulen mit entsprechendem Unterricht anfangen, könnten wir es vielleicht mal in einigen Jahrzehnten durch Esperanto ersetzen… oder Chinesisch 😉
Annette Hauschild
15. Februar 2023 @ 12:52
Dass eine Staatsanwaltschaft nichts bekannt gibt aus laufenden Ermittlungsverfahren ist rechtens. Sonst gefährdet sie die Ermittlungen. Sie kann höchstens erklären, ob ein EV aufgenommen wurde oder nicht. Das ist z.B. in Deutschland so, sowohl bei Ermittlungen gegen kleine Kriminelle wie auch gegen große Kriminelle. Da gilt nicht nur der Schutz der Beschuldigten (die ja noch nicht rechtskräftig verurteilt sind), sondern vor allem der Schutz des Ermittlungsverfahrens selbst z.B. vor Einflussnahme, Zeugenbeeinflussung und Verdunkelung/Beweismittelvernichtung.
Öffentliche Äußerungen der Staatsanwaltschaft vor der Eröffnung einer Hauptverhandlung sind eventuell sogar strafbar, oder die Verteidigung könnte gegen vorab erfolgte Verlautbarungen der Staatsanwaltschaft vorgehen, in Deutschland wäre das unter Umständen ein Revisionsgrund. Ich gehe davon aus, dass es in anderen EU-Ländern ähnlich ist.
Und zum Thema, SMS werden nicht gespeichert: wer ist denn der Provider? Nach welchen Recht sind die Verträge abgeschlossen worden? Welche Vorratsdatenspeichervorschriften gelten? Ist das mal abgeklopft worden?
Helmut Höft
15. Februar 2023 @ 12:50
Jaja, so isses: In der EU und in Deutschland hat man sich wohl schon zu sehr an obrigkeitsstaatliches Verhalten gewöhnt …
Hier ein paar Worte zur Journaille: “Gerüchterstattung”. Wer den Aufsatz der RAND Corp. “Overextending …” nicht kennt hier isser.
Thomas Damrau
15. Februar 2023 @ 07:18
@MartinEins
Malta? Irland?
Aber natürlich ist die Diskussion schon berechtigt.
european
15. Februar 2023 @ 13:53
Die Welt besteht nicht nur aus EU-Laendern und viele internationale Unternehmen arbeiten eben auch ausserhalb der EU. Da macht es Sinn, sich auf eine Sprache fuer die Kommunikation zu einigen, in diesem Fall englisch.
Hat mit dem Brexit meiner Ansicht nach weniger zu tun.
KK
15. Februar 2023 @ 00:34
@ Martin Eins:
“Warum ist nach dem BREXIT Englisch noch immer eine der EU-Amtssprachen?
KEIN EINZIGES EU-Mitgliedsland hat als Nationalsprache Englisch!”
Ist die Republik Irland zu weit weg, dass sie sie vergessen haben? Es gibt dort zwei Amtssprachen; eine davon ist englisch, und mW auch diejenige der beiden, mit der man dort auch immer und überall klar kommt.
Arthur Dent
15. Februar 2023 @ 00:15
Euroland – wo unser Geld verbrennt. Es wird umgeleitet vom Steuerbürger in die Taschen des Finanzkapitals. Schrottbanken wie die Hypo Real Estate sind dann systemrelevant. Im Gegenzug gibt es dann die Kaputtsparprogramme zu Lasten des Volkes, dem werden Renten und Sozialleistungen gekürzt (kann man sich heutzutage ja nicht mehr leisten). Im Übrigen ist die EU der verlängerte (zivile) Arm der Nato – da wird das Füllhorn über die Rüstungskonzerne ausgeschüttet. Für die Bevölkerung gibt´s Wärmestuben im Winter. Ich kann gar nicht so viel essen…
MartinEins
14. Februar 2023 @ 20:19
Noch ein Nachtrag: Welche Sprache ist den Nr. 1 in der EU?
Englisch war es nie, Französisch auch nicht!
Mit der BRD, Österreich sowie den assoziierten Schweizern sprechen schon mal über 100 Mio. Menschen in der EU deutsch!
Auch in Belgien, den Niederlanden, Süddänemark, Norditalien, Polen sowie Tchechiën wird – zumindest im grenznahen Gebiet – deutsch verstanden und gesprochen.
Ehrlich: Englisch muss weg! Das sollte so schnell wie möglich nach dem BREXIT keine Amtssprache mehr sein.
ebo
14. Februar 2023 @ 20:28
Das haben die Franzosen auch schon mal versucht, sie sind kläglich gescheitert. Deutschland ist dagegen, die Osteuropäer auch
MartinEins
14. Februar 2023 @ 20:14
Sprache Englisch?
Warum ist nach dem BREXIT Englisch noch immer eine der EU-Amtssprachen?
KEIN EINZIGES EU-Mitgliedsland hat als Nationalsprache Englisch!
Das sollte bitte rasch entfernt werden und die Kosten fpr die VÖLLIG UNNÖTIGEN Übersetzungen eingespart werden!
KK
14. Februar 2023 @ 17:38
“Angeblich sind SMS keine offiziellen Dokumente und werden auch nicht gespeichert.”
Dann sollte man mittels dieser auch keine milliardenschwere Verträge zu Lasten der europäischen Steuerzahler abschliessen können. Oder sehe ich das falsch?
Das eigene Geld mag man per Handschlag ausgeben können, aber doch nicht Milliardenbeträge der Steuerzahler!
“Es ist eine Omerta”
Darf ich aus der Verwendung des Begriffes “Omerta” (https://de.wikipedia.org/wiki/Omert%C3%A0) schliessen, dass Sie das mit der EUCO und deren Methoden der OK ähnlich sehen wie ich (siehe meinen Kommentar von heute Vormittag zu Ihrem vorherigen Blog-Artikel)?
Kann es vielleicht sogar sein, dass es sich inzwischen bei einigen (ich hoffe doch nicht ausnahmslos allen) Institutionen in Brüssel um kriminelle Vereinigungen handelt?
So unverfroren, wie hier inzwischen massenweise Geld in dunkle Kanäle geleitet wird… Pfizer, die US-LNG-Industrie und die Ukraine nebst Rüstungsindustrie dies- und jenseits des Atlantik sind wohl nur die Spitze des Geldbergs.
ebo
14. Februar 2023 @ 17:41
Nein, dieser Schluß liegt mir fern!
Hekla
14. Februar 2023 @ 15:33
Herzlichen Dank, dass Sie das Thema aufgreifen! Wieder so ein Thema, das von den deutschen Medien… nun, übersehen? vergessen? ignoriert? wird. Immerhin handelt es sich hierbei um ein Auftragsvolumen von ca. 35 Milliarden Euro – Ihr Geld, mein Geld…
Erstaunlich, dass wenn für z.B. Druckerpapier mittlerer Größenordnung für die Auftragsvergabe europaweite Ausschreibungen zwingend sind, hier Geschäfte in einer Größenordnung von 35 Milliarden Euro einfach mal freihändig und dann auch noch per SMS abgewickelt werden. Ich bin auch etwas irritiert darüber, dass die Mitglieder des Europäischen Parlaments, die laut ihrer Aufgabenbeschreibung die Bürger Europas vertreten, hier kein Betätigungsfeld für sich sehen: die Kontrolle der Exekutive ist ja ihre originäre Aufgabe. Das scheint aber alles nicht mehr so wichtig zu sein, zumindest weniger wichtig, als einen Selenskij mit standing ovations zu feiern.
ebo
14. Februar 2023 @ 15:52
Nein, das Europaparlament sieht sich nicht (mehr) primär als Kontrollorgan. Es fühlt sich als allgewaltiger Gesetzgeber, obwohl es kein Initiativrecht hat und im Wesentlichen die Entwürfe der EU-Kommission ausbessert.
Das ist so wie früher die Schülermitverwaltung im Gymnasium – die konnte vielleicht einen schöneren Aufenthaltsraum gestalten, dem Direx aber nicht auf die Finger klopfen…