Europawahl: Sonneborn gegen Sperrklausel
Wenn es nach der EU geht, dann hat die Satire-PARTEI von Martin Sonneborn bei der Europawahl 2024 keine Chance. Doch nun reget sich Widerstand gegen die geplante Sperrklausel.
Für die Sperrklausel von mindestens zwei Prozent fehle eine “stichhaltige demokratietheoretische Begründung”, sagte Sonneborn. “Die großen Parteien wollen sich bei sinkenden Wahlergebnissen die Sitze der kleineren aneignen”.
Ähnlich äußerte sich der Ko-Vorsitzende der Linken, Martin Schirdewan. “Sperrklauseln sind grundsätzlich undemokratisch”, sagte Schirdewan dem Portal “t-online”.
Laut EU-Vorgabe muss Deutschland für Wahlen zum Europäischen Parlament eine Sperrklausel von mindestens zwei Prozent einführen.
Da dies laut Bundesverfassungsgericht dem Grundgesetz widerspricht, ist für die deutsche Zustimmung die verfassungsändernde Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und des Bundesrats erforderlich.
Die Beratungen in Berlin beginnen an diesem Donnerstag.
Die Sperrklausel ist übrigens nicht das einzige Problem bei der Europawahl in einem Jahr. Es ist auch immer noch unklar, ob es wieder Spitzenkandidaten der Parteienfamilien geben wird.
Unklar ist auch, ob die als Favoritin gehandelte EU-Chefin von der Leyen sich um einen Sitz im Europaparlament bewirbt – oder einfach nur die Liste der konservativen EVP anführt.
Und von transnationalen Listen, die das Europaparlament fordert, hat man auch schon lange nichts mehr gehört…
Siehe auch “Europawahl 2024: Der Termin steht, alles andere ist unklar”
KK
25. Mai 2023 @ 16:49
@ Kleopatra:
Da zeigt die FDP dem BVerfG aber gerade, dass die Stabilität einer Regierung auch von einer um-die-10%-Partei abhängen kann… 🙂
Und wenn man die Begründung des BVerfG mal zwischen den Zeilen liest heisst das ja im Grunde, dass dann, wenn das Parlament sowieso nichts substanzielles mitzureden hat, dann dürfen auch die kleinen Parteien rein und es ist eh alles wurscht.
Da sagt uns das BVerfG durch die Blume, dass die EU-Wahl eh nur eine Farce ist.
Kleopatra
26. Mai 2023 @ 04:23
@KK: Die Argumentation, dass die Wahl zum EP deshalb nicht gegen Ergebnisse abgesichert zu werden braucht, die eine instabile Mehrheit bedeuten, weil das EP eh nicht so wichtig ist, können Sie in der Tat aus dem Urteil ableiten. Aber so falsch ist das nicht: EU-Rechtsakte können m.W. außer dem Haushaltsplan praktisch alle auch ohne das Parlament verabschiedet werden. Die Institution, die wirklich nicht übergangen werden kann, ist der Rat. (Ich bitte um Entschuldigung für die arg verkürzte Darstellung).
Was die Situation in Deutschland betrifft: dass in einer parlamentarischen Demokratie unter den Bedingungen einer Koalitionsregierung auch der kleinste Koalitionspartner eine Regierung stürzen bzw. fallen lassen kann, sofern sie auf ihn für ihre Mehrheit angewiesen ist, gehört zum System. Ohne die FDP hat die derzeitige Regierung keine Mehrheit im Bundestag.
Thomas Damrau
25. Mai 2023 @ 15:56
Wikipedia hat es sehr schön auf den Punkt gebracht: Es nennt das EU-Parlament eine „politische Versammlung“, die aber keine „unmittelbar oder nur eingeschränkt vom Volk legitimierte Volksvertretung“ ist (https://de.wikipedia.org/wiki/Parlament) und listet die Unterschiede zu einem richtigen Parlament auf:
„nur eine eingeschränkte demokratische Legitimation, da kein einheitliches, definierbares Staatsvolk als Basis der Legitimation und keine Wahlgleichheit, Fehlen des typischen Gegensatzes zwischen Regierungs- und Oppositionsfraktionen, sowie kein Besitz der vollen Gesetzgebungskompetenz und kein unmittelbares Initiativrecht“
Wer Zugangsbeschränkungen zu einer solche Versammlung fordert, setzt sich in der Tat dem Verdacht aus, für seine eigenen Leute Platz schaffen zu wollen, indem kleinen Parteien die Sitze abgenommen werden.
Kleopatra
25. Mai 2023 @ 15:39
Die Begründung des BVerfG war, dass anders als beim Bundestag vom EP nicht die Stabilität einer Regierung abhängt. Und damit entfällt die Rechtfertigung für die Einschränkung der Wahlfreiheit durch die 5%-Klausel.
KK
25. Mai 2023 @ 14:04
Der einzige deutsche Abgeordnete, der in Brüssel wirklich noch was für sein Geld tut, indem er ein wenig Transparenz in diesen Nebel bringt, soll raugekickt werden… typisch!
BTW, wie kann das Bundesverfassungsgericht eine Sperrklausel auf EU-Ebene für verfassungswidrig erklären, wenn bei der Bundestags- und den meissten Landtagswahlen doch allenthalben die 5%-Klausel greift, die dann ja offenbar für das BVerfG verfassungsgemäss sein soll?
Kleopatra
25. Mai 2023 @ 15:36
Es gibt kein EU-weit geltendes Wahlgesetz, sondern jeder Mitgliedstaat macht sein eigenes. Und als deutsches Gesetz muss es in Deutschland natürlich grundgesetzkonform sein, wäre ja noch mal schöner sonst…