Orban ermächtigt sich, Leyen-Truppe drückt sich
An Warnungen hat es nicht gefehlt. Auch Fragen wurden viele gestellt, öffentlich und im Hintergrund. Doch die Leyen–Kommission in Brüssel wollte sich nicht zu Ungarns Ermächtigungs-Gesetz äußern. Jetzt ist es zu spät – oder?
Orban kann künftig mit umfassenden Sondervollmachten gegen die Coronakrise vorgehen. Das Parlament in Budapest billigte ein Notstandsgesetz, das es dem rechtsnationalen Regierungschef ermöglicht, ohne zeitliche Befristung auf dem Verordnungsweg zu regieren.
Die Verordnungen sehen Haftstrafen von bis zu fünf Jahren vor, falls sich jemand Anordnungen zu Eindämmung des Virus widersetzt oder “Falschnachrichten” über die Krise verbreitet. Orban kann aber noch weitere Sondergesetze erlassen – ohne das Parlament.
Die Dauer der Vollmachten ist erstmal nicht begrenzt. Sie bemisst sich lediglich daran, wie lange die Regierung den Notstand als gegeben ansieht. Orban hat sich sein Ermächtigungsgesetz auf den Leib geschneidert, so schnell kriegt man das nicht wieder weg.
Dass es so weit kommen würde, war seit Tagen absehbar. Immer wieder wurde die EU–Kommission nach Orban und seinen Plänen gefragt. Doch die Leyen-Truppe wollte keine Antwort geben. Sie verwies auf einen “Aktionsplan” zu Demokratie und Menschenrechten.
Doch dieser Plan scheint mehr für Uganda gedacht zu sein als für Ungarn. Die zuständigen Kommissare ducken sich ebenso weg wie Kommissionschefin von der Leyen, die Orban ihr Amt verdankt. Man werde die Vollmachten “evaluieren”, heißt es in Brüssel.
🇪🇺 @EU_Commission evaluates the emergency measures taken by Member States with regard to fundamental rights. This is particularly the case for the law passed today in #Hungary concerning the state of emergency and new criminal penalties for the dissemination of false information.
— didier reynders (@dreynders) March 30, 2020
Versagt hat auch die Europäische Volkspartei, der von der Leyen ebenso angehört wie M. Weber oder D. Tusk. Die EVP hat sich vor der Entscheidung gedrückt, Orbans Fidesz-Partei herauszuwerfen, wie Tusk forderte – CDU und CSU haben es verhindert.
Bleibt zu hoffen, dass die EU nun endlich die Lehren aus diesem politischen “Super-GAU” zieht – und künftig früher und energischer einschreitet, wenn ein “Diktator” (so Ex-Kommissionschef Juncker scherzhaft zu Orban) nach der Macht greift.
Vielleicht kommt man in Brüssel ja auch auf den Gedanken, dass die Notstandgesetze und Ausnahmeregeln, die wg. Corona erlassen werden, dringend überprüft und begrenzt werden müssen. Sonst könnte Orban schon bald Nachfolger finden…
Siehe auch “Wo bleibt die demokratische Kontrolle?”
P.S. Nun hat die EU-Kommission doch noch ein Statement herausgegeben. Allerdings wird darin weder von Orban noch von Ungarn gesprochen. Wer es gerne etwas konkreter hätte, könnte diese Petition unterschreiben – ich hab’s auch gemacht!
Freiberufler
31. März 2020 @ 11:20
Seit dem 15. März interessiert die Meinung der EU sowieso niemanden mehr.
Holly01
31. März 2020 @ 09:28
Die Seiten, die sich mit dem “Recht” wie Gesetz beschäftigen laufen seit Tagen (eigentlich Wochen) heiss, weil die vor der Entwicklung in Deutschland warnen.
Die Entwicklungen in allen Ländern der “Wertegemeinschaft” läuft im Gleichschritt in eine extrem schwierige Richtung.
Das ist auch nachvollziehbar.
Wenn man bedenkt, das man seit Mitte Januar absehen konnte das mit Corona etwas kommt, kann man davon ausgehen, das seit dem Planungen laufen bzw. vorgefertigte Abläufe gestartet wurden.
Das was da auf uns zurollt, wird uns nicht gefallen.
Ich interpretiere die Reaktionen der Politik als nackte Angst.
Da war ein Artikel bei der Zeit. Die wundern sich über einen FDP Mann, der von Revolution schwadroniert, wenn der Mittelstand weiter Vorteile einbüßt.
Im Moment ist man bei den Deutschen Politikern wohl sehr froh Mutti Merkel, in ihrer Abenddämmerung zu haben. Da kann man viel “Verantwortung” zusammen mit der Amtsinhaberin entsorgen.
Aber, es läuft in allen Ländern.
Also kommt es über den Hegemon.
Die USA ordnen neu. Oder wie man so schön schreibt, “Ende mit schnickschnack … ”
vlg
Claus Hiller
31. März 2020 @ 08:48
ZDF schreibt am 17.03.2020:
„Falschnachrichten zu Coronavirus – Strafen für “Fake News” gefordert. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) fordert ein härteres Vorgehen gegen Falschnachrichten und Halbwahrheiten. “Fake News zur Versorgungslage in Zeiten der Corona-Krise sind brandgefährlich”, sagte er dem “Spiegel”. Sie könnten Panik, Hamsterkäufe und Konflikte auslösen. Er verlangte Bußgelder oder gar Strafandrohungen.“
Hat sich Herr Orban (Fidesz) erst von Herrn Pistorius (SPD) inspirieren lassen und fand die Idee mit den “Fake News” gut? Wer weiß das schon.
ebo
31. März 2020 @ 09:18
Herr Spahn hat ja auch schon mal vor Fake News gewarnt. Drei Tage später hat er dann genau das gemacht, was vorher angeblich Fake war 🙂