Ölembargo lähmt Brüssel, Kiew dreht am Gashahn – und Warnung vor “Zensursula”
Die Watchlist EUropa vom 11. Mai 2022 –
Mit einem Ölembargo wollte die EU die “Kriegskasse” von Kremlchef Putin treffen. Doch eine Woche nach der Vorstellung der Pläne durch EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen erweist sich das Vorhaben als Flop. Die Beratungen sind festgefahren, Brüssel ist gelähmt.
Schuld daran ist nicht nur der “usual suspect” Viktor Orban, der das Embargo ablehnt und mit einem Veto droht. Selbst EU-Ratpräsident Emmanuel Macron konnte Orban nicht umstimmen.
Auf der Bremse stehen auch vier weitere EU-Staaten, die Kompensationen fordern. Wenn die EU Orban finanziell entschädigt, wie die Kommission offenbar plant, werden auch sie die Hand aufhalten.
Doch das ist noch nicht alles. Es gibt auch “technische” Probleme. So stehen zwei Maßnahmen, die den Verkauf des günstigen russischen Öls in andere Regionen der Welt verhindern sollen, auf der Kippe.
Sekundär-Sanktionen
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Gegen ein Verschiffungs-Verbot wehren sich Griechenland, Malta und Zypern, weil sie Nachteile für ihre Häfen und Tanker fürchten. Auch ein Schlag gegen die Versicherungsbranche ist umstritten.
Er soll die Rückversicherer treffen, ohne die sich internationale Öltransporte nicht absichern lassen. Doch dafür wären wohl sog. Sekundär-Sanktionen nötig – und die galten in Brüssel bisher als tabu.
Verpönt war es auch, Verträge zu brechen und Energie zur Waffe zu machen. Doch genau darauf läuft das geplante Ölembargo hinaus – kein Wunder, dass sich mehrere EU-Staaten damit schwer tun.
Ökonomen warnen
Derweil warnen Ökonomen, dass das Embargo zu kurz greife. “Too little, too late”, heißt das harte Urteil – wenn das Importverbot wie geplant erst Ende 2022 in Kraft tritt, sei es viel zu spät, um Putin zu schaden.
“For Europe, an oil embargo is not the way to go“, schreibt der Chef des Brüsseler Thinktanks Bruegel, Guntram Wolff, der die EU-Kommission berät. Besser wären Strafzölle, die man schrittweise erhöhen könnte.
Doch der ökonomische Sachverstand wird nicht gehört. Stattdessen bereitet sich Brüssel auf einen Showdown mit Orban vor. Der Streit könnte sogar den nächsten EU-Gipfel Ende Mai überschatten…
Siehe auch “Das Ölembargo ist ein strategischer Fehler”
P.S. Bei ihrem Besuch in Kiew hat Außenministerin Baerbock angekündigt, Energie aus Russland zu verbannen – nicht nur für die Kriegszeit, sondern “für immer”. Offennar ist die moralische Empörung stärker als das strategische Denken…
Watchlist
Dreht die Ukraine den Gashahn zu? Ab Mittwoch stellt Kiew den Transit von russischem Gas im Gebiet Luhansk ein. Damit fallen bis zu 32,6 Millionen Kubikmeter Gas pro Tag weg – das ist fast ein Drittel der täglich über die Ukraine nach Europa transportierbaren Höchstmenge. Aufgrund der russischen Besatzung sei es unmöglich geworden, den Punkt Sochraniwka sowie die Verdichterstation Nowopskow zu kontrollieren, hieß es. Der Betreiber berief sich auf einen Fall “höherer Gewalt”. Allerdings ist auch klar, dass Kiew schon lange ein Ende der Gaslieferungen nach EUropa fordert – als weitere Sanktion neben dem geplanten Ölembargo…
Was fehlt
Der Ärger über “Zensursula”. Anlass ist ein Vorschlag zur Überwachung des Internets auf Kindesmissbrauch, den die EU-Kommission am Mittwoch vorlegen will. Damit werde der Zensur Tür und Tor geöffnet, kritisieren Netzaktivisten. Auch der FDP-Europaabgeordnte Moritz Körner warnt: “Zensursula ist zurück. Die EU-Kommission will staatliche Schnüffelsoftware bereitstellen und Unternehmen verpflichten können, die Kommunikation ihrer User zu überwachen. Zusätzlich will sie Netzsperren verpflichtend in allen EU-Staaten einführen und mit Hilfe einer europäischen Big-Brother-Agentur die Onlinewelt überwachen.“
european
12. Mai 2022 @ 15:44
Eine absolut treffende Analyse der Lage von Sergio Cesaretto auf braveneweurope. Jedes Wort lesenswert und punktgenau.
https://braveneweurope.com/sergio-cesaratto-the-economic-and-social-consequences-of-the-war-on-europe-and-italy
Jemand muss die EUCO Spitze absägen und vernünftige Leute einsetzen. Das endet sonst in einer Katastrophe.
Josef Berchtold
11. Mai 2022 @ 09:08
Es zeigt sich überdeutlich, Politik kann nicht Wirtschaft. Das ist immer wieder eine bittere Erkenntnis. Es müssen mehr Wirtschaftler in die Politik, dafür muss aber mehr bezahlt werden. Parlament um 50% der Köpfe reduzieren und besser bezahlen. Für eine Übergangszeit von weiteren 4 Jahren, würde man nicht mehr gewählt werden, die Abgewählten bezahlen, so dass ein Wiedereintritt in ein Erwerbsleben gewährleistet ist. Andere Einkünfte in der Übergangszeit anrechnen, so dass es nicht zu überschießenden Bezahlungen kommt. Politik muss endlich wieder Wirtschaft können.
Holly01
11. Mai 2022 @ 10:45
” Es müssen mehr Wirtschaftler in die Politik, ”
Leider leider leider ist die Wirtschaftslehre eine Ansammlung von Mietmäulern.
Da können wir auch gleich die Wirtschaftsprüfer als qualifiziert betrachten und wählbar machen.
Bisher ist Alles nur genutzt worden, um noch fürchterliche Idioten in die politische Verantwortung zu bekommen.
Während dessen schaue ich mir das an und stelle fest, das ich immer größere Teile der Gesetzgebung, der Legislative und inzwischen sogar der Rechtsprechung der obersten deutschen Gerichte fundamental ablehne.
Wenn ich behaupte das ich nicht der Einzige bin, was bedeutet das für dieses Land, wenn eine wachsende Anzahl von Menschen sich durch die verschiedenen Ausformungen der Eliten- und Parteiendiktatur fundamental nicht vertreten fühlt?
Was bedeutet es, wenn die Elite darauf mit Gesinnungsgesetzgebung und Gesinnungsjournalismus reagiert und die Spaltung aktiv betreibt?
Die Notenbanken als Waffe, sind eine Elitenwaffe und nicht (für Gesellschaften) weniger zerstörerisch als Atombomben.
Verzeihen Sie, wenn ich kein Vertrauen in den Austausch von einer Elitevertretung durch eine andere keinerlei Vertrauen habe.
Nach dem was ich bei den Coronamaßnahmen als Völkermord betrachte, ist meine rote Linie massiv überschritten.
Wenn wir Lobbyismus und Bestechung richtig bestrafen (Strafen ab 1 Million aufwärts plus mindestens 5 Jahre Gefängnis auch für die Auftraggeber, plus Enteignung der Auftraggeber) darüber könnten wir reden.
Aber wir schaffen ja nicht einmal eine Besteuerung der Elite, von Gerechtigkeit ganz und gar geschwiegen.
Also nein, keine Reform im Bundestag außer vielleicht das nur Mandate besetzt werden, die auch Stimmen erhalten haben.
50% Wahlbeteiligung also auch nur 50% der Mandate besetzt, da bin ich dabei.
Holly01
11. Mai 2022 @ 08:24
Der Neoliberalismus ist in einer Existenzkrise. Existenzkrise ist in diesem Fall keine der heute üblichen Übersteigerungen zur Betonung.
Die “Betreiber” sind bereit jeden Schaden in Kauf zu nehmen und jede Maßnahme ohne Rücksicht auf den Sinn oder tatsächliche Auswirkungen zu prüfen.
Kleopatra hat inhaltlich gemeint, das die Notenbanken im DoppelWK tabu waren, aber das wäre besser als eine Atombombe.
Nun.
Es sterben pro Tag 50.000 Menschen durch Hunger.
Der Ukrainekrieg wird diese Zahl stark erhöhen.
Die EU wird wirtschaftlich abstürzen und auch Hunger ist in die EU zurückgekehrt, ja auch nach Deutschland und Deutschland ist das drittreichste Land der Welt.
Das Geld ist nur nicht da wo es gebraucht wird.
Neoliberalismus zerstört Gesellschaften, tötet Menschen, bedroht die Welt durch Umweltzerstörung und schürt Kriege.
Notenbanken finanzieren gesellschaftliche Transformation.
Dafür sind die da.
Wer Notenbanken in Kriege zieht, zerstört die gesellschaftliche Transformation.
Zinspolitik der Notenbanken ist auch Krieg.