Mit Populismus in die Kriegswirtschaft
Der Wirtschaftskrieg gegen Russland kennt kein Halten mehr. Getrieben von den USA und der Ukraine, wird nun auch in Deutschland die Forderung nach einem Energie-Embargo laut. Was soll man davon halten?
“Mit dem Kauf von Gas und Öl füllen wir Putins Kriegskasse”: So lautet das ebenso emotionale wie populistische Narrativ, das derzeit durch die Medien schwappt und in der Forderung nach Boykott, Embargo oder gar Importverbot mündet.
Doch es ist falsch – auf mehreren Ebenen. Mit russischem Gas und Öl heizen wir unsere Wohnungen und versorgen wir die Industrie. Ohne die – immer noch zuverlässigen – Lieferungen bekommen wir ein Problem, nicht Putin.
Die Einnahmen gehen nicht in seine (auch so gut gefüllte) “Kriegskasse”, sondern in die russische Wirtschaft. Das ist nicht verwerflich, denn der Wirtschaftskrieg führt jetzt schon zu großen Schäden – zulasten der Menschen in Russland.
Eine direkte Wirkung auf den Krieg in der Ukraine ist dagegen nicht zu erkennen. Sanktionen – und seien sie noch so hart – haben Putin nicht gestoppt, und sie werden ihn auch künftig nicht stoppen. Da sind sich eigentlich alle Experten einig.
Doch das ficht die Aktivisten nicht an. Im Gegenteil: Gerade weil die Sanktionen nicht die gewünschte Wirkung zeigen, fordern sie mehr davon. Gerade weil es beim Gas eine wechselseitige Abhängigkeit gibt, wollen sie den Hahn zudrehen.
Man fordert “Unabhängigkeit” von Russland – und treibt uns in eine neue Abhängigkeit von autokratischen Staaten wie Algerien, Aserbaidschan, Katar oder Saudi-Arabien. Sogar Iran könnte künftig wieder liefern, die USA haben auch Venezuela wiederentdeckt.
Dummerweise reicht all das nicht, um die Lücken zu schließen. Sogar der grüne Wirtschaftsminister Habeck warnt vor dramatischen ökonomischen Verwerfungen, wenn die Lieferungen aus Russland gekappt werden sollten.
Die Versorgung würde nicht nur knapp, was ganze Branchen lahm legen dürfte. Sie wird auch extrem teuer. Denn wer nicht in Russland bestellt, muß auf dem Markt kaufen – und der ist jetzt schon außer Rand und Band.
Die Folge wären nicht nur “zweistellige Inflationsraten”, sondern der Absturz in eine tiefe Rezession. Der Wirtschaftskrieg gegen Russland würde in eine Mangel-, wenn nicht Kriegswirtschaft führen – in Deutschland.
Lange durchhalten würden wir das nicht, oder?
Siehe auch “Wirtschaftskrieg ist beängstigend und dumm” und “Die Sanktionen wirken – aber was bewirken sie?” sowie die einschlägige Literatur, z.B. A. Tooze: Chartbook #97: Is boycotting Russian energy a realistic strategy? The German case oder S. Dullien und T. Krebs: Wer ein Energieembargo fordert, muss die Gefahren kennen
P.S. Die EU werde bei einem Embargo dreimal so viel für Energie zahlen müssen wie bisher, heißt es in Moskau. Russland sei ein zuverlässiger Energielieferant, aber bereit für eine harte Konfrontation in dem Sektor, sollte dies erforderlich sein, zitiert die Nachrichtenagentur Interfax den russischen Außenministeriumsvertreter Nikolai Kobrinets. Die Lage an den Energiemärkten werde dazu führen, dass die EU mindestens drei Mal mehr für Öl, Gas und Elektrizität zahlen müsse. “Ich glaube nicht, dass die Europäische Union davon profitieren würde.”
european
13. März 2022 @ 11:42
Die EU, allen voran die EUCO Präsidentin, tut alles, um sich von russischer Abhängigkeit in amerikanische Abhängigkeit zu begeben. Von den neuen Schlächtern wie Ägypten und Co. Mal völlig abgesehen. Wo sind denn da die Werte?
Und in 2 Jahren wählen die USA den alten oder einen neuen Trump. Biden’s Sieg war ja kein Erdrutschsieg.
Holly01
11. März 2022 @ 23:39
Um das auf den Punkt zu bringen:
Eine Kriegswirtschaft ist ruinös. Das liegt daran das man für die Kriegsfähigkeit Dinge veranlasst die wirtschaftlich unsinnig sind.
Eine Kriegswirtschaft verbrennt das Vermögen der Gesellschaft, weil Kaufkraft umgeleitet wird und Militärgüter produziert werden, die man nur benutzen oder abschreiben kann.
Das kann man auch nicht mehr so einfach stoppen. Denn der Prozess des willkürlichen Handeln verdrängt natürlich wirtschaftliche Produktion und bindet mit verhältnismäßig hohen Löhnen Arbeitskraft, die man aus der restlichen Wirtschaft absaugt.
Das ist kein Taxi, da steigt man nicht einfach wieder aus.
Dazu kommt, das das zeitlich immer ein begrenzter Zeitraum ist. Man startet das, lebt weit über seine monetären Möglichkeiten und kann das nicht kompensieren.
Kreditausfälle und Misswirtschaft kann man über die Notenbank regeln, wenn der Umfang nicht unvernünftig wird.
Aber Kriegswirtschaft ist per se unvernünftig und nicht handhabbar.
Es gibt nur eine Ausnahme, das ist der Hegemon der die Weltwährung inne hat.
Aber selbst der unterliegt dem monetären Zyklus und muss damit leben, das jede Währung sich quasi selbst zerstört und der Hegemon kann das Tempo dieser Selbstzerstörung nur begrenzt regeln, steht also irgendwann zwangsläufig vor dem Ruin (so wie die USA jetzt).
Aber Kriegswirtschaft zerstört nicht nur die Währung sondern zehrt das Volksvermögen auf.
Darum führt das auch fast immer zu einem Krieg, weil niemand sich hinstellt und sagt:
” Wir haben da tolle Waffen, brauchen die aber nicht und rüsten jetzt ab. Ach übrigens das Geld für das Zeug ist weg und die Abrüstung kostet auch noch was. ”
Wenn Deutschland also Krieg mit einer Kriegswirtschaft vorbereitet bedeutet das: Wir werden Krieg führen. Kein ob, nur wann.
Ute Plass
12. März 2022 @ 10:31
“Es gibt nur eine Ausnahme, das ist der Hegemon der die Weltwährung inne hat.”
Dazu:
https://www.jungewelt.de/artikel/422371.wirtschaftskrieg-imperium-vor-dem-abstieg.html